Verbände fordern strengere CO2-Vorgaben für Lkw
Acht Branchenverbände haben in einem Positionspapier eine Reihe von Forderungen aufgestellt, um die Klimaschutzziele im Transportsektor zu erreichen und gleichzeitig den Unternehmen Planungssicherheit zu geben. Etwas überraschend: Auch der VDA fordert, den CO2-Ausstoß von Lkw stärker zu regulieren – als Teil eines Gesamtpakets.
Die acht Verbände sind der Meinung, dass die Nutzfahrzeuge und der Transportsektor sehr wohl zum Klimaschutz beitragen können, wenn denn die Bedingungen stimmen. Bei den Branchenverbänden, die das Positionspapier erarbeitet haben, handelt es sich quasi um alle wichtigen Vertreter der Transportbranche – von den Fahrzeugherstellern über die Logistiker bis hin zu Speditionen. Das ist bemerkenswert, denn das Papier gibt also nicht die isolierten Interessen eines Sparten-Verbands wieder, sondern eine (zumindest in diesem Kreis) konsens-fähige Meinung der ganzen Bandbreite der Branche.
Konkret haben sich der AMÖ (Bundesverband Möbelspedition und Logistik), BGL (Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung), BIEK (Bundesverband Paket und Expresslogistik), BWVL (Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik), DSLV (Bundesverband Spedition und Logistik), VDA (Verband der Automobilindustrie), VDIK (Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller) und ZVEI (Verband der Elektro- und Digitalindustrie) beteiligt.
Der Transformationsprozess werde bis 2030 nur gelingen, wenn die Rahmenbedingungen sowie Planungs- und Investitionssicherheit für Hersteller und Nutzer stimmen. Eine der wichtigsten Säulen des Branchenpapiers ist der Umstieg auf Elektroantriebe – sowohl bei den leichten E-Nutzfahrzeugen bis 3,5 Tonnen als auch den schwereren E-Lkw. Allein die ersten reichweitenstarken 100.000 schweren BEV-Lkw könnten jährlich zehn Millionen Tonnen CO2 einsparen, wie die Verbände vorrechnen – die passende Lkw-Ladeinfrastruktur vorausgesetzt.
Lade-Ausbau geht der Branche nicht schnell genug
Einige der Forderungen, die den Markthochlauf der E-Antriebe in Nutzfahrzeugen unterschiedlichster Gewichtsklassen beschleunigen sollen, klingen wenig überraschend – angemessene Förderinstrumente etwa, die „Verlässlichkeit und Planbarkeit“ garantieren sollen. Auch beim Infrastrukturaufbau wird ein verlässlicher Fahrplan angemahnt. So würden etwa laufende und zukünftige Investitionen in Logistikimmobilien derzeit durch Unsicherheiten über betriebseigene Energieverfügbarkeiten, Zugangsmöglichkeiten zu alternativen Energien und über Möglichkeiten für den technischen Aufbau einer betriebseigenen Ladeinfrastruktur erschwert.
Ebenfalls noch wenig überraschend, aber wichtig: Neben der betrieblichen Ladeinfrastruktur müsse auch eine adäquate öffentliche Ladestruktur geschaffen werden, das sei „zwingend notwendig“. Im Masterplan Ladeinfrastruktur II von Verkehrsminister Volker Wissing nehmen die Lkw-Lader zwar zunehmend Raum ein – für einen zügigen Umstieg auf E-Antriebe geht das den Verbänden aber nicht schnell genug. Denn wenn gemäß der Prognose der europäischen Nutzfahrzeug-Hersteller schon 2025/2026 10.000 schwere BEV-Lkw auf den deutschen Autobahnen unterwegs sind, müssen diese geladen werden – und das zu einem gewissen Teil auch an der Autobahn selbst. Der Zieltermin für die Konzepterstellung zur Deckung des Flächenbedarfes entlang der Autobahnen sei mit Ende 2023 „wenig ambitioniert“. Das sitzt.
„Wir, eine Verbände-Allianz aus Unternehmen der Logistik- und Technologiebranche, Herstellern von Ladeinfrastruktur sowie Fahrzeugherstellern bewerten den Beschluss zum „Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung“ im Grundsatz positiv, fordern jedoch gleichzeitig die direkte Einbindung der Industrie und der Nutzer bei der Umsetzung der Maßnahmen ein“, heißt es in dem Papier wörtlich. Und weiter: „Viele der im Masterplan adressierten Prüfaufträge und teilweise gering ambitionierte Zieltermine sollten jetzt rasch unter Einbeziehung der oben genannten relevanten Akteure in einem transparenten Prozess bearbeitet bzw. konkretisiert werden.“
Ein solches Lkw-Ladenetz müsse flächendeckend mit möglichst vielen Schnellladepunkten und dem hohen Energiebedarf entsprechend ausgebaut sein – und bedarfsgerecht zum Fahrzeughochlauf skaliert werden. Damit das klappen kann, sei auch die vorgelagerte Netzinfrastruktur ebenfalls vorauslaufend auf die zu erwartende Ladetechnik auszubauen. Und da selbst bei besseren Reichweiten und schnelleren Ladevorgängen die Einsatzfähigkeit von BEV-Nutzfahrzeugen unter geänderten Voraussetzungen erfolge, müssten gesetzlich einzuhaltende Lenkzeitunterbrechungen, Ruhezeiten und Pausen „möglichst mit den Aufladezeiten zeitlich synchronisiert werden“.
Andere Forderungen überraschen jedoch: So rufen die Verbände die Politik dazu auf, die Lkw-Maut auf die CO2-Emissionen auszurichten – und zwar ab 3,5 Tonnen. Das sei ein „wichtiger und wettbewerbsneutraler Hebel zur Erreichung eines Markthochlauf“. Sprich: Wer seine Fahrzeugflotte nicht auf saubere Antriebe umstellt, soll deutlich mehr zahlen – klingt nach einer Forderung von Umweltverbänden, kommt aber von Spediteuren und Logistikern.
Fahrzeughersteller fordern strengere CO2-Vorgaben
Aber auch die im VDA und VDIK organisierten Fahrzeughersteller lassen aufhorchen, denn sie sind in der Regel nicht dafür bekannt, sich für eine strenger Regulierung der eigenen Branche einzusetzen – wie es der VDA und auch der europäische Verband ACEA bei dem jüngsten Vorschlag der EU-Kommission zur Euro-7-Norm wieder bewiesen haben. In dem Positionspapier haben sie aber folgende Aussage abgesegnet: „Eine Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge und die Definition neuer ambitionierter CO2-Reduktionsziele erfordert ein regelmäßiges Monitoring der Aufbauziele und deren bedarfsgerechte Anpassung.“
Eine Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge. Noch bei der erwähnten Vorstellung der Euro-7-Norm (bzw. des Kommissionsvorschlags, der inzwischen auch den EU-Rat passiert hat), waren die Reaktionen unklar. Wird die Entwicklung von Euro-7-Motoren so teuer, dass Entwicklungsbudgets aus der Elektromobilität wieder in Verbrenner-Technologie umgeleitet werden müssen? Oder werden die Vorgaben so streng, dass sich Euro 7 im schweren Lkw gar nicht mehr lohnt und die Branche direkt auf die Elektromobilität geht?
Zieht man das Positionspapier der deutschen Verbände zurate, scheint die Branche auf den zweitgenannten Punkt hinzuarbeiten. Die Bundesregierung solle über die Vorgaben der AFIR hinausgehen und ein Aufbauziel von mindestens 4.000 MCS-Ladepunkten bis 2030 verfolgen, „um die EU-weite Vorreiterrolle Deutschlands für BEV-Lkw sicherzustellen“. Aber um diesen Ausbau zu beschleunigen – vor allem in der Anfangsphase mit hohen Investitionen, aber noch geringer Auslastung –, bedarf es eines leistungsfähigen, finanziellen Rahmens.
vda.de
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