Österreich: BWB warnt vor zu konzentriertem LIS-Markt
Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat die Ergebnisse ihrer Untersuchung zur öffentlichen Ladeinfrastruktur im Land vorgelegt und gibt zehn Empfehlungen für einen fairen Wettbewerb. Denn im Markt seien Wettbewerbsverzerrungen nicht auszuschließen.
Die Branchenuntersuchung startete die BWB im November 2021 und stützte sich dabei auf Befragungen von Marktteilnehmern, wissenschaftliche Literatur, einschlägige Publikationen sowie auf Gespräche mit Unternehmen, Interessenvertretungen, Institutionen und Behörden. Bei der Marktbefragung erreichte die Rücklaufquote 68 Prozent, meldet die Behörde. Und: Zum Zeitpunkt der Aussendung der Marktbefragung im Mai 2022 existierten in Österreich laut dem Ladestellenregister 13.441 öffentlich zugängliche Ladepunkte.
Zu den erwartbaren Erkenntnissen gehört, dass die überwiegende Mehrheit der E-Autofahrer privat zugängliche Ladestationen nutzt. Aber: Etwa ein Drittel der Nutzer von Elektroautos in der Stadt sind von öffentlichen zugänglichen Ladepunkten abhängig. „Durch den Anstieg von E-Fahrzeugen ist davon auszugehen, dass sich diese Abhängigkeit weiter erhöhen wird“, folgert die BWB. Grundsätzlich müssten 2030 etwa 30.000 Stationen mit Ladepunkten errichtet werden, um den Ladebedarf in Österreich zu decken, heißt es.
Interessant ist auch der Status Quo mit Blick auf die Wettbewerbsbedingungen auf dem Ladeinfrastruktur-Markt: „Die Dominanz der Energieunternehmen bei öffentlich zugänglichen Ladepunkten, die den liberalisierten Vertrieb von Haushaltsstrom und die Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Ladepunkten in einem Unternehmen bündeln, könnte für ein wettbewerbsverzerrendes Verhalten Anreize setzen“, analysiert die BWB. Man wolle in diesem Zusammenhang „den Markt genau beobachten und begründeten Verdachtsmomenten auf Kartellrechtsverstöße nachgehen“, teilt die Behörde mit.
Ebenfalls problematisch: öffentliche, im Ladeinfrastruktur-Geschäft tätige Energieunternehmen, die Gemeinden gehören, welche wiederum auch Flächen zum Aufstellen von Ladepunkten vergeben. „Zur Sicherung eines langfristigen Wettbewerbs wird darauf zu achten sein, dass es auf lokaler Ebene zu einer Durchmischung unterschiedlicher Anbieter kommt“, betont die BWB deshalb.
Aus der Auswertung der Marktbefragung ergibt sich drittens auch, dass es weitgehend an Transparenz bei den Ladetarifen mangelt. Dadurch wird dem Ergebnisbericht zufolge die Übersicht und Vergleichbarkeit erschwert.
Die Ergebnisse nimmt die BWB wiederum zur Grundlage, um zehn Empfehlungen zu formulieren. Darunter der Ruf nach Transparenz bei Preisen, bezogener Energie und Ladedauer, nach der Förderung von kleinen und Kleinstladepunktbetreibern als lokale Wettbewerber, um Konzentrationstendenzen in der Branche entgegenzuwirken oder nach einem speziellen Tarif- und Preismonitoring. Die vollständige Liste gibt es in der verlinkten Pressemitteilung am Ende des Textes.
Sollten die wettbewerbsfördernden Maßnahmen nicht greifen und sich ein zu konzentrierter Markt verfestigen, könnte der BWB zufolge vergleichbar zum Vorschlag der deutschen Monopolkommission als ultima ratio in Erwägung gezogen werden, die Ladeinfrastruktur für die Durchleitung von Strom für verschiedene Stromanbieter zu öffnen. „Das Marktdesign wäre damit vergleichbar jenem von Haushaltsstrom und es wäre zu erwarten, dass ein Durchleitungswettbewerb eine ähnliche individuelle Wechselmöglichkeit wie bei Haushaltsstrom etabliert“, teilt die BWB mit.
In den Augen von Natalie Harsdorf-Borsch, Interims-Generaldirektorin der BWB, erhöht ein fairer und vielfältiger Wettbewerb die Attraktivität der E-Mobilität für Konsumenten. „Dies erfolgt vor allem durch Transparenz, niederschwelligen und raschen Zugang, Wahlmöglichkeiten sowie angemessene Preise.“
bwb.gv.at
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