Reif für den E-Lkw? Unabhängiges Webtool berät Logistiker

Das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) hat auf my-eRoads.de eine unabhängige Online-Beratung zu den Betriebskosten sämtlicher E-Lkw-Modelle freigeschaltet. Das Tool ist das Ergebnis eines 2019 begonnenen Forschungsprojekts und richtet sich allen voran an Speditionen und Einzelhändler.

Interessierte können auf der vor einer Woche veröffentlichten Webseite checken, was ein Elektro-Lkw sie im Vergleich zum Diesel kostet. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Die Entwickler des Lkw-Beratungstools versprechen: „Ob Langstrecke oder innerstädtische Zustellung: Die wirtschaftliche Analyse basiert auf konkreten Einsatzprofilen und umfasst nahezu alle heute verfügbaren E-Lkw-Modelle.“ Kreiert wurde das Angebot in einem von Bund bezuschussten Forschungsprojekt namens My eRoads. Neben dem ifeu war an dem im Juni 2022 beendeten Projekt auch die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services beteiligt.

Großen Raum nahm vor dem jetzigen Launch des Softwaretools die sogenannte Beta-Phase ein – allein sie dauerte eineinhalb Jahre. Durch ihren erfolgreichen Abschluss sei sichergestellt, dass my-eRoads.de als eine der größten herstellerunabhängigen Datenbanken für E-Lkw im deutschen Sprachraum online gehen könne, sagt Julius Jöhrens, Leiter des oben genannten Forschungsprojekts. „my-eRoads.de ist auf Logistik-Profis zugeschnitten, die in wenigen Minuten einen vollständigen Überblick über alle Elektro-Fahrzeuge brauchen, die für ihren Bedarf am Markt zur Verfügung stehen.“

Der Launch des Vergleichsportals fällt in eine Zeit, in der mehr und mehr Unternehmen über die Anschaffung eines elektrischen Lkw nachdenken. Denn das lange Zeit äußerst spärliche Angebot an entsprechenden Modellen wächst allmählich. „Unsere Beta-Tester:innen haben klar signalisiert, dass sie jetzt für ihre Investitionsentscheidung eine schnelle, zuverlässige und herstellerunabhängige Erstberatung brauchen. Sie wollen wissen, welche Kosten ein geeigneter E-Lkw im Vergleich zum Dieselfahrzeug verursacht und wie hoch die CO2-Emissionen sind“, vergegenwärtigt Jöhrens.

Datenbanken werden quartalsweise aktualisiert

Bei my-eRoads.de sind nach Angaben des ifeu Datenbanken mit Details zu nahezu allen Fahrzeugmodellen und Ladesäulen sowie für die Förderangebote des Bundes und der 16 Bundesländer hinterlegt. Die Datenbanken werden quartalsweise aktualisiert und warten mit den aktuellen Daten von knapp 50 Batterie- und Brennstoffzellen-Lkw auf – und zwar versehen mit Zuladung, Reichweite und Bauform vom Kastenwagen bis zum Sattelschlepper – und einer transparenten Schätzung der Anschaffungspreis. „Diese können von den Nutzern angepasst werden, wenn konkrete Angebote von Herstellern vorliegen“, ergänzt das Institut.

Auf dieses Weise können sich Lkw-Betreiber ausrechnen, ob ein Fahrzeug für den vorgesehenen Einsatzzweck geeignet ist und welche Anschaffungs- und laufenden Kosten der Umstieg auf E-Lkw mit sich bringt. Tageskilometer, Standzeiten und Parameter wie Kauf oder Leasing lassen sich individuell einstellen. „Die Analyse haben wir zusammen mit unserem Praxispartner Rhenus Logistics so optimiert, dass sie den Ansprüchen der Praxis gerecht wird und dennoch einfach zu bedienen bleibt“, schildert Dominik Räder, der am ifeu die Entwicklung des Tools koordinierte.

Die Einsatztauglichkeit bestimmter Elektro-Modelle auf bestimmten Strecken ist das eine, der Vergleich zum Diesel das andere: So zeigt sich mittels des Web-Instruments beim Vergleich von E-Antrieb und Dieselmaschine, dass der Elektro-Lkw dank Förderungen bei einigen Fahrprofilen heute schon Kosteneinsparungen gegenüber der Dieselvariante ermöglicht: Etwa bei den typischen Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von zwölf bis 18 Tonnen, die auch in Städten und im Nahverkehr eingesetzt werden. Hier ist der E-Lkw laut dem Webtool in den Vollkosten günstiger, sobald er täglich mehr als 100 Kilometer zurücklegt – bei einigen Fahrzeugmodellen auch schon früher.

Auch schwere E-Lkw der Gewichtsklasse 18 bis 26 Tonnen sowie E-Sattelschlepper können im Betrieb oftmals Kosteneinsparungen gegenüber Dieselfahrzeugen erringen. Vor allem dank Fahrzeugförderungen und der Befreiung von der Lkw-Maut und Kfz-Steuer. Dadurch werde der Betrieb von E-Fahrzeugen mit vielen Betriebsstunden und Einsatztagen schon heute wirtschaftlicher als der Betrieb von Diesel-Lkw, untermauert Räder. „Das Beratungstool gibt in diesen Fällen aber auch Hinweise auf die betrieblichen Herausforderungen: beispielsweise bei der Ladeinfrastruktur.“

Apropos: Die Investitionskosten für die betriebliche Ladeinfrastruktur werden in dem Tool ebenfalls berücksichtigt (in der Kostenaufstellung in der Grafik oben als „LIS-Kosten“ in hellblau). Mögliche betriebliche H2-Tankstellen sind hingegen derzeit noch nicht integriert, wobei Wasserstoff vorerst ja vor allem öffentlich getankt werden dürfte.

Die Entwickler des Tools sind sich einig, dass die Logistikbranche und Unternehmen mit Lieferbetrieb gerade im jetzigen Markhochlauf der E-Lkw einen großen Beratungsbedarf haben: „Sowohl die Zahl der als Serienfahrzeuge verfügbaren E-Lkw als auch die Zulassungen von E-Lkw ziehen in Deutschland inzwischen massiv an. Bei den Lkw bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht lag der elektrische Anteil der Verkäufe 2021 bereits bei 8 % des Gesamtmarktes.“ Und sämtliche Hersteller hätten inzwischen Serienmodelle in den verschiedenen Segmenten angekündigt.

Als Resümee hält das ifeu fest: „Ziel von my-eRoads.de ist es, Lkw-Betreiber bei der Entscheidung zu unterstützen, ob sie bereit für den Umstieg auf E-Lkw sind.“ In Kooperation mit der NOW GmbH ist das Beratungstool auch über die Website klimafreundliche-nutzfahrzeuge.de der NOW GmbH erreichbar.
Quelle: Infos per E-Mail, my-e-roads.de

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