Ein Elektro-Lkw am Nordkap

Bis zum Nordkap und zurück: Dieses Jahr nimmt an der sogenannten eNordkapp Challenge auch ein E-Lkw teil. Die Schweizer Thomann Nutzfahrzeuge AG hat den Renault D Wide E-Tech an den nördlichsten Punkt Europas geschickt. Die Gesamtroute umfasst 7.200 Kilometer. Aktuell ist das Team auf dem Rückweg.

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Beim D Wide E-Tech handelt es sich um einen von Renault Trucks‘ Lkw für den Verteilerverkehr. Er kommt auf bis zu 26 Tonnen. Die Thomann Nutzfahrzeuge AG stellt für das Winter-Abenteuer das Fahrzeug und zwei Fahrer aus der Belegschaft. Außerdem auch einen elektrischen Renault-Transporter des Typs Master E-Tech samt Fahrer-Duo. Die Hinfahrt zum Nordkap in Norwegen, ein ins Polarmeer hineinragendes Kap an der Nordseite der Insel Magerøya, erfolgte vom 27. Dezember bis 9. Januar von Flensburg aus – also binnen 14 Tagen. Die Rückfahrt über eine andere Route läuft aktuell. Die gut ein Dutzend Teilnehmer-Teams der Challenge – allesamt mit E-Fahrzeugen unterwegs – werden in drei Tagen, am 15. Januar, in Hamburg erwartet.

Thomann Nutzfahrzeuge ist ein Händler mit Sitz im schweizerischen Schmerikon. Allein, um zum Ausgangs- und Zielort der winterlichen Rundtour im Norden Deutschlands zu kommen, haben die Thomann-Teams schon eine stattliche Anreise zu leisten. Die Vorbereitungen auf die Nordkap-Reise begannen bei der Firma vor einem knappen Jahr. Das Ziel ist, jeden Tag der Challenge eine Etappe auf eigene Faust zu einem fest stehenden Zielort zu absolvieren. Auf der Webseite von Thomann führen die ausgesendeten Mitarbeiter ein Tagebuch, das davon zeugt, dass E-Lkw im eisigen Norden ein außergewöhnlicher Anblick und nicht eben einfach mit passenden Stromspendern zu unterhalten sind. E-Lkw ist eben nicht gleich E-Pkw – das merkt die Crew relativ schnell.

Ein paar Adrenalin-haltige Passagen haben wir Ihnen herausgesucht: Gleich am ersten Abend verpassen die Thomänner ihre Fähre mit seit Monaten fest gebuchten Plätzen und schaffen es nur im letzten Moment, eine Nacht-Fähre vom dänischen Frederikshavn nach Göteborg zu ergattern. Der Grund: „Der Transporter stellte sich als durstiger und träger beim Laden heraus als kalkuliert. Warteschlangen vor den Ladesäulen waren auch nicht geplant….“. Ohne Hotelübernachtung geht es nach einem Ladestopp in Göteborg am kommenden Tag weiter nach Oslo.

Ab diesem Zeitpunkt bricht der Winter und die Dunkelheit des Nordens über die Teams herein. „Durch die Kälte reichen die geplanten Ladepunkte unseres Organisators nicht aus. Weit ab von der Zivilisation müssen wir feststellen, dass kleine Ladesäulen zwar unseren Renault Trucks Master E-Tech laden können, aber nicht den Lkw D26 E-Tech mit 600V-Traktionsbatterien“, teilen die Abenteurer mit – und sprechen von Glück, dass der E-Lkw auch AC-Laden mit Typ2-Stecker unterstützt. Aber: Das Laden dauert, das Lkw-Team schrubbt Nachtschichten.

Nach Trondheim hört die Autobahn auf, regelmäßig kreuzen große Schneepflüge. Die Verfügbarkeit Lkw-tauglicher Schnelllader versiegt. „Der Master ist nun nicht mehr der langsamste beim Energie tanken“, schreibt das Vierer-Team, das im hohen Norden Norwegens nicht nur den Master aus dem Schnee freischippen muss und auch mal mit „einer Steckdose neben dem Stubentisch“ impovisiert, sondern sich angesichts der stundenlangen AC-Ladevorgänge des Lkw notgedrungen trennt. Erst kurz vor dem Kap schießt das Truck-Duo bei zweistelligen Minusgraden wieder zum Master-Team auf. An Tag elf erreichen die Thomänner das Nordkap.

Der Heimweg erfolgt über eine andere Route. Die Teams sind überzeugt, dort eine sichere Ladeinfrastruktur für Lkw und Master vorzufinden. Das ist aber alsbald nicht das größte Problem der Besatzung, sondern das Wetter: Sturm kommt auf, der für die Tagesetappe maßgebliche Straßenpass wird gesperrt. „Es soll eine Konvoifahrt hinter dem Schneepflug geben. Zuerst angekündigt auf 13:30 Uhr. Später Verschiebung auf 16:00 Uhr, dann auf nächsten Morgen 04:00 Uhr. Ein Taxifahrer rät uns einen Umweg um den Pass zu fahren, bevor die Straße in diese Richtung auch noch gesperrt wird. Ergibt +250km. Wir packen es an und eine Stunde später stecken wir im Sturm“, schildert die Crew.

Die Pkw bleiben in den Pulverschneemassen stecken und blockieren den Weg für Schneepflüge, die räumen wollen. „Als wir aussteigen, um einem Pannenfahrzeug zu helfen, bleibt einem vom Sturm fast der Atem weg. Sowas hat noch niemand von uns erlebt!“, heißt es im Tagebuch weiter. Mit der nötigen Ruhe habe sich die Situation aber meistern lassen. „Der Lkw ist schneller beim Laden und fährt voraus, um die Route für den Master zu checken. Aus dem Fahrzeug buchen wir eine alternative Unterkunft, denn die geplanten Hytter in Alta werden wir heute nicht mehr erreichen. Die Schneemassen auf der Straße treiben den Verbrauch der Fahrzeuge nach oben. (…)“

Der Master erreicht das kurzfristig gebuchte Hotel mit 9% Restladung um 4 Uhr nachts. „Die Einsparung der Heizung zugunsten der Reichweite ließ eine dicke Eisschicht auf der Innenseite der Seitenscheiben bilden. Eine Notladung auf der zuletzt gefahrenen Strecke an einer Haushaltssteckdose wäre unmöglich gewesen, da die Route durch unbewohntes Gebiet mit Sträuchern und viel Schnee geführt hat. Der feine Pulverschnee-Staub dringt durch jede Ritze am Aufbau und legt in beiden Fahrzeugen eine Pulverschicht über die ganze Ladung“, beschreiben die Thomänner den bis dato schwierigste Etappe der Challenge.

Anfang dieser Woche heißt das Zwischenziel Pello in Finnland. Wie es den Teams in der Folge ergeht, können Sie hier nachlesen. Die GPS-Daten der Thomann-Crew lassen sich ebenfalls verfolgen. Neben den beiden Renault-Nutzfahrzeugen sind bei der eNordkapp Challenge mehrere Tesla-Fahrzeuge, ein Opel eCamper Zafira-e Life, ein Kia EV6, ein Fiat 500 La Prima, ein Hyundai Ioniq 5, ein Peugeot e208, ein Peugeot e2008, ein Jaguar iPace400 und ein Mercedes-Benz EQC400 unterwegs.

Und warum man das alles macht? „Mit unserer Teilnahme an dieser Challenge wollen wir die Kundenwelt für E-Mobilität begeistern und zudem buchstäblich selber er-fahren, was mit rein elektrischen Nutzfahrzeugen heute schon alles möglich ist“, sagt Thomann-CEO Luzi Thomann. Und: Nachdem die Challenge mit der Ankunft in Hamburg geschafft sein wird, werden dort sechs Kaufverträge für E-Lkw unter Beisein von Kunden unterschrieben − „ein hoch erfreulicher Projektabschluss“, so Luzi Thomann.
enordkapp-challenge.org

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