Ford plant eigene E-Auto-Plattform für Europa
Ford will ab Mitte dieses Jahrzehnts in Europa Elektroautos auf Basis einer eigenen Plattform auf den Markt bringen. Das sagte Martin Sander, E-Auto-Entwicklungsleiter von Ford in Europa, der „Financial Times“. Aber: Der Großteil der Entwicklungsarbeit wird außerhalb Europas stattfinden.
Ford wird im Rahmen der 2020 geschlossenen Vereinbarung mit Volkswagen in Europa zunächst den MEB nutzen. Geplant sind wie berichtet für 2023 und 2024 zwei Ford-Modelle auf MEB-Basis mit einem Volumen von jeweils 600.000 Einheiten. Auch wenn noch keine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Zusammenarbeit mit VW bei Elektroautos getroffen worden sei, bereitet sich Ford laut Sander darauf vor, bei künftigen Stromern in Europa auf eine eigene Plattform umzusteigen. Ford sei „offen“, zukünftige Fahrzeuge auf anderen Systemen zu bauen, sei es von VW oder „einem anderen Unternehmen“.
Diese wird aber nicht komplett in Sanders Europa-Team, sondern laut dem Manager in den USA entwickelt. Wie der Ex-Audi-Manager gegenüber der „FT“ angibt, soll die neue Plattform „sehr vielseitig, sehr leistungsfähig“ sein. Noch befindet sich das Projekt aber wohl in einer frühen Phase: „Wir erkunden alle möglichen Möglichkeiten, wie weit können wir gehen, welche Segmente können wir damit abdecken“, wird Sander zitiert.
Dabei dürfte es aber eher um größere Fahrzeugsegmente gehen, nicht um Kleinwagen – die Produktion des Fiesta in Köln läuft bekanntlich zugunsten der MEB-Produktion ersatzlos aus. Pläne, einen Batterie-elektrischen Fiesta zu bringen, gibt es derzeit nicht. „Einstiegsfahrzeuge haben wir derzeit nicht im Blick“, sagt Sander. Das Unternehmen sei in Zukunft jedoch offen dafür, sofern die Batteriekosten „ausreichend sinken“.
Apropos Batteriepreise: Steigende Kosten werde Ford hier auch künftig an seine Kunden weitergeben, so der deutsche Manager. Preissteigerungen über Nacht, wie etwa im September beim Mustang Mach-E, dürfte es also weiter geben.
Statt sich mit Volkswagen, den Stellantis-Marken oder asiatischen Herstellern mit Fahrzeugen wie dem Fiesta oder Focus im Wettbewerb um Volumen auf Preis-Aktionen zulasten der Marge einzulassen, will sich Ford in Europa künftig auf eine andere Strategie fokussieren: Man will lieber weniger Fahrzeuge verkaufen, diese aber zu einem besseren Preis. Dafür müssen die Modelle jedoch unverwechselbar werden, „wenn der Markt mit zunehmend ununterscheidbaren Elektrofahrzeugen gesättigt wird“, wie es die „FT“ ausdrückt. Wenn man dabei auf die ohnehin weit verbreitete Technik aus dem VW-Konzern setzt, hilft das sicher nicht, wenn man sich in diesem Feld kaum unterscheiden kann.
Ford rechne damit, mit seiner E-Auto-Sparte in Europa ab 2025 Gewinne zu erzielen. Sollte sich die Nachfrage schneller als erwartet auf Elektroautos verlagern, könnte Ford Benzin- und Hybridmodelle auch vor 2030 vom Markt nehmen. „Wir lassen sie laufen, solange unsere Kunden sie wollen“, sagte er. „Wenn wir im Jahr 2028 sehen, dass es keine Nachfrage nach Produkten für [Verbrennungsmotoren] gibt, dann ziehen wir vielleicht einen Schlussstrich. Dass die von der EU geplante Regelung für 2035 einen Effekt hat, glaubt Sander aber nicht: Das sei ein „sehr theoretisches Gespräch, weil ich nicht glauben kann, dass es eine große Anzahl von Verbrauchern geben wird, die im Jahr 2035 nach Produkten für [Verbrennungsmotoren] fragen werden“.
Ford und Volkswagen haben vor allem in Europa ihr Geschäft in einigen Segmenten mittels Kooperationen miteinander verknüpft. Während der US-Konzern für seine ersten Europa-Elektroautos die MEB-Plattform nutzt, baut Ford für VW etwa die neue Generation des Pickups Amarok (auf Basis des Ford Ranger, inklusive E-Version) oder auch einen Elektro-Lieferwagen als VW-Ableger des Ford E-Transit Custom. Die globale Kooperation beim autonomen Fahren in Form des gemeinsam übernommenen Startups ArgoAI ist allerdings gescheitert.
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