ADAC erweitert eMobility-Geschäft um PV-Anlagen
Die ADAC SE, der kommerzielle Ableger des Autoklubs, hat eine Kooperation mit dem Solar-Unternehmen Zolar geschlossen. ADAC-Mitglieder – vor allem jene mit E-Auto und Eigenheim – sollen so einen einfacheren Weg zur eigenen Photovoltaik-Anlage erhalten, um den Betrieb des Elektroautos günstiger und sauberer zu machen.
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Der ADAC fungiert dabei vor allem als Informationsquelle für Interessenten (egal ob ADAC-Mitglied oder nicht) und als Vermittler. Die eigentliche Beratung, Konfiguration, Installation und Inbetriebnahme wird über den Partner Zolar abgewickelt. Für ADAC-Mitglieder gibt es jedoch einen kleinen Zuschuss: In diesem Fall gibt es ein PV-Modul mit einem Verkaufspreis von 300 bis 350 Euro gratis.
Kernstück des Angebots auf ADAC-Seite ist neben diversen Artikeln zur Information über E-Mobilität und Ladestrom ein gemeinsam mit Zolar entwickelter „Solar-Rechner“. Dieser soll mit wenigen Angaben der Kunden und hinterlegten Daten beispielhaft angeben, wie viele Kilometer ein E-Auto durch die eigene Solaranlage zurücklegen kann. So soll veranschaulicht werden, welche Vorteile die Kombination aus Elektromobilität und Photovoltaik biete, so der ADAC. Übrigens: Der Anteil am Gesamtkreditvolumen, das die ADAC Finanzdienste im Rahmen ihres Autokredits für E-Autos und PHEVs im Jahr 2022 vergeben haben, lag bei knapp über 25 Prozent.
Bei tiefergehendem Interesse wird der Kunde dann als Teil der Kooperation zu Zolar weitergeleitet. Dort können sich Interessierte mit einigen Angaben zur eigenen Immobilie und Fotos die Leistungsfähigkeit und Kosten einer Solaranlage für ihr Haus berechnen – auf Wunsch mit Wallbox und/oder Heimspeicher. Auf dieser Basis erarbeitet Zolar eine individuelle Planung samt Angebot zum Festpreis.
Im Interview mit electrive.net erklären Sascha Coccorullo, ADAC Director Strategy, New Business Development & Research sowie Zolar CEO Alex Melzer die Hintergründe der Kooperation, erläutern Details zu dem Angebot und wie sich die Mehrkosten für eine Photovoltaik-Anlage für E-Auto-Besitzer rechnen.
Herr Coccorullo, das E-Auto-Leasing des ADAC ist bekannt, auch die Autokredite. Aber warum kümmert sich ein Autoklub jetzt um Solaranlagen?
Coccorullo: Das ist eine zweigeteilte Antwort. Erstens haben wir sehr früh erkannt, dass wir unsere Mitglieder, die auf E-Antriebe wechseln wollen, auf dieser Reise vollumfänglich begleiten wollen. Deshalb haben wir 2017/2018 erste Kooperationen gestartet, vorrangig gemeinsam mit Autobauern rund um das Leasing. Denn wir haben gesehen, dass bei E-Autos auch unter Privatkunden der Leasinganteil deutlich höher ist. Später haben wir das Angebot um Wallboxen ergänzt. Wenn man das konsequent zu Ende denkt, kommen wir zu Teil zwei der Antwort: Ein E-Auto ist eben nicht nur ein neues Auto, sondern man muss sich in das Thema Laden ganz neu eindenken, neu erlernen. Es ist kein Hexenwerk, aber man muss es einmal verstehen. Und dann stellt sich sehr schnell die Frage, wo der Ladestrom herkommt. Eine Antwort, auf die man immer wieder kommt, ist eben Photovoltaik.
Wenn Sie eine Ergänzung erlauben: Wir haben vor etwa einem Dreiviertel Jahr in einer Studie abgefragt, wie viele der Leute, die bereits auf ein Elektroauto gewechselt sind und zu Hause laden können, bereits heute eine PV-Anlage haben. Das sind 47 Prozent. Die Verbindung zwischen Elektroauto und der eigenen Stromerzeugung ist extrem hoch. Deshalb müssen wir hier unseren Mitgliedern ein passendes Angebot machen!
Wie wird das für einen Interessenten ablaufen?
Coccorullo: Die Journey fängt bei uns an, wenn sich unsere Mitglieder auf der ADAC-Seite informieren. Das Angebot besteht zum einen aus Information und Rat, aber auch aus einem Rechner, der modellhaft ermöglicht, das Potenzial einer PV-Anlage zu erfassen. Dabei geht es um übliche Faktoren wie Autarkiegrad, Netzunabhängigkeit oder die Energiemenge, die man auf dem eigenen Dach erzeugen kann. Im ADAC-Fall ergänzt um sogenannte „Sonnen-Kilometer“: Wir rechnen anhand von Beispielen vor, wie viele Kilometer man mit der eigenen PV-Anlage in verschiedenen E-Autos günstig und sauber fahren kann. Wenn dann das Interesse hoch ist, leiten wir zu unserem Partner Zolar weiter.
Melzer: Wir sind die PV-, Speicher- und Wallbox-Profis, wir geben den Kunden ein komplett schlüsselfertiges Angebot zum Festpreis. Der Kunde kauft bei uns, wir kümmern uns komplett um die Umsetzung vor Ort. Wir sind der feste Ansprechpartner für den Kunden, wir geben den Lead nicht weiter.
Wie sieht das konkret aus?
Melzer: Unsere Prozesse sind komplett digital. In unserem Online-Konfigurator wird dann ein spezifisches Angebot für das Haus ermittelt. Anhand der Fotos, die uns der Kunde zur Verfügung stellt, bauen wir ein 3D-Modell seines Hauses auf. Damit können wir in unserem Konfigurator die einzelnen Komponenten auswählen und im 3D-Modell betrachten – also zum Beispiel die Anzahl der Module auf dem Dach, aber auch die Art, Herkunft und Farbe der Module. Auch der Heimspeicher und die Wallbox können in diesem Prozess ergänzt werden. Dabei sieht man immer direkt, wie sich mit jeder ausgewählten Option der angezeigte Festpreis ändert. Und bei diesem Preis bleibt es auch! Die Beratung ist dabei kostenlos.
Das klingt nach Gebrauchtwagen-Portalen, bei denen das mit wenigen Daten online ermittelte Angebot attraktiv ist, nach der Begutachtung in der Werkstatt liegt das Kaufangebot aber nur noch bei der Hälfte. Wie zuverlässig können Sie anhand solcher Daten ein Angebot zum Festpreis machen?
Melzer: Auf der ADAC-Seite geben wir dem Kunden noch keinen Preis an, das wäre nicht seriös. Wenn der Kunde unseren Prozess durchläuft, wir mit seinen Angaben das Modell des Hauses erstellt haben und kontrollieren können, ob das auch alles passt, bekommt er in unserem Online-Konfigurator einen Festpreis für seine Konfiguration. Mit den Daten und Fotos die wir abfragen, können wir das so genau abschätzen, was es kosten wird – also etwa Standort und Ausrichtung des Daches, Baujahr des Hauses, Renovierung des Daches und so weiter. Das ist alles Teil des Beratungsprozesses.
Wie sieht es aus, wenn der Kunde digital nicht so fit ist, um den Konfigurations- und Kaufprozess online abzuwickeln oder eine solche Investition nicht online vergeben will?
Melzer: Unser Kundenstamm reicht von 25-jährigen Digital Natives bis hin zu 80-Jährigen. Der Prozess ist so einfach, dass es jeder hinbekommt. Vor allem wird der Kunde in dem Prozess nicht alleine gelassen: In der Regel rufen wir den Kunden innerhalb von zehn Minuten nach der Anmeldung an, verifizieren die Daten und weisen ihm einen persönlichen Fachberater zu, der für die gesamte Dauer der direkte Ansprechpartner bleibt. Wir sind aber davon überzeugt, dass der Fachberater nicht mehr zum Gespräch am Küchentisch des Kunden sitzen muss. Wir bekommen auch so alle Informationen, die wir benötigen.
Wenn der ganze Kaufprozess bei Zolar stattfindet, was hat dann der ADAC von der Vermittlung?
Coccorullo: Wir vermitteln an dieser Stelle nur, das ist richtig. Wir vermitteln aber hochqualifizierte Leads, weil wir unsere Mitglieder zu der gesamten eMobility- und PV-Thematik bereits beraten haben und die Aufklärungsarbeit bereits geleistet haben – diese Arbeit hat Zolar nicht mehr. Wie auch bei den anderen Angeboten gibt es einen Mitgliedervorteil. In diesem konkreten Fall bekommen ADAC-Mitglieder ein Solar-Modul gratis. Wir wollen unsere Mitglieder begleiten und unterstützen. Wer diesen Wechsel vollziehen will, dem wollen wir es so einfach und bequem wie möglich machen.
Welche Rolle spielt – gerade im Zusammenhang mit dem Elektroauto – ein Heimspeicher? Je nach Größe kann eine Batterie im Keller oder der Garage den Autarkiegrad erhöhen, kostet allerdings auch einige tausend Euro mehr.
Coccorullo: Ein Speicher ist sehr hilfreich, wenn nicht sogar notwendig. Man muss aber – wie Sie andeuten – die richtige Größe wählen. Ein Punkt, den man immer wieder hört und liest, ist aus unserer Sicht aber irreführend: Dass man tagsüber bei Sonnenschein den Heimspeicher mit der PV-Anlage füllt und abends, wenn man wieder von der Arbeit zu Hause ist, mit diesem Strom das E-Auto lädt. Das ist zum einen nicht sehr effizient, weil ich bei der Umwandlung des Gleichstroms aus dem Heimspeicher in Wechselstrom für die normale Wallbox und dann wieder zurück in Gleichstrom für die Fahrzeugbatterie enorme Verluste habe. Zum anderen fasst ein üblicher Heimspeicher meistens zwischen zehn und 20 Kilowattstunden. Da E-Autos meist 50 kWh oder noch mehr haben, kommt man da nicht weit. Diesen Use Case finde ich etwas schwierig. Sinnvoller ist es, den Heimspeicher so auszulegen, damit man den Energiebedarf des Haushalts decken kann.
Ein wichtiger Punkt, den wir auch in unserem Solar-Rechner abfragen: Wann und wie oft bin ich zu Hause und kann tagsüber laden? Nur zwei Tage am Wochenende? Oder habe ich auch ein bis zwei Home-Office-Tage und kann so das E-Auto viel häufiger direkt mit dem Strom aus der PV-Anlage laden? Darauf kann und sollte man die Größe der PV-Anlage und des Speichers ermitteln.
Wie schnell amortisiert sich eine solche Investition?
Coccorullo: Das sind Faktoren wie die Eigennutzung, Fahrprofil, aber auch Strompreis. Aktuell rechnet sich eine PV-Anlage – leider – aufgrund der hohen Strompreise schneller.
Melzer: Der Solarstrom kostet mich ungefähr acht Cent je Kilowattstunde. Wenn ich einen Heimspeicher hinzufüge, liege ich meist bei 17-18 Cent/kWh. Da kann man sich mit dem aktuellen Strompreis leicht ausrechnen, wie schnell die Investition reingeholt wurde. In dem Moment, in dem ich ein E-Auto habe, kann ich den Großteil des Stroms, den ich sonst ins Netz einspeisen würde, in mein Auto laden – und kann teilweise für drei Euro pro 100 Kilometer fahren. Ich senke dann nicht nur meine Mobilitätskosten, sondern die Amortisation der PV-Anlage steigt enorm.
Nicht jeder E-Auto-Fahrer oder jedes ADAC-Mitglied kann frei über die Dachfläche seines Wohnhauses entscheiden, weil er zur Miete wohnt. Gibt es dort auch Angebote?
Melzer: Bei Mehrfamilienhäusern ist die Regulierung derzeit noch so komplex, dass in diesem Bereich praktisch keine PV-Anlagen gebaut werden. Der Bundeswirtschaftsminister hat zwar bereits angekündigt, die Regulierung dort massiv zu vereinfachen, damit wir als Gesellschaft in der Lage sind, auch auf Mehrfamilienhäusern PV-Anlagen zu installieren.
Coccorullo: Da wir nicht nur Eigenheim-Besitzer unter unseren Mitgliedern haben, arbeiten wir parallel an einem weiteren Produkt, damit wird auch jenen ADAC-Mitgliedern ein Angebot machen können, die einen Ladepunkt, aber kein eigenes Dach haben. Im ersten Schritt wenden wir uns an Eigenheimbesitzer, die wir bundesweit gemeinsam mit Zolar ansprechen wollen.
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