Porsche Engineering: Neue Testverfahren für E-Antriebe

Porsche Engineering unterstützt den Launch neuer E-Modelle mit neu eingeführten Testverfahren, die speziell an die Anforderungen der Hochvolttechnik angepasst sind. Durch ihren Einsatz soll zudem die Entwicklungszeit erheblich verkürzt und der Bedarf an Testfahrzeugen reduziert werden können.

Porsche Engineering ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Porsche AG mit Hauptsitz in Weissach und bietet analog zu Porsche Consulting Dienstleistungen für Dritte an. Über Letzere haben wir erst kürzlich im Zuge eines Consulting-Auftrags des kalifornischen Feststoff-Entwicklers Sakuu geschrieben. Porsche Engineering hat wie die Consulting-Schwester seine Wurzeln innerbetrieblich, hat sich aber seit Jahren auf technische Entwicklungsdienstleistungen spezialisiert.

So viel zur Vorrede. Auf die immer häufiger gefragte Entwicklung von E-Antrieben reagiert die Porsche-Tochter mit angepassten Testmethoden, zu denen sowohl Realtests auf klassischen Prüfständen als auch Untersuchungen in einer virtuellen Umgebung gehören. In Zukunft soll zudem die Nutzung von Künstlicher Intelligenz dazu beitragen, noch mehr Entwicklungszeit und -kosten einzusparen.

An den Standorten Bietigheim-­Bissingen und Nardò testen die Entwickler Hochvoltbatterien inzwischen auf Fahrzeug- und Komponentenprüfständen, während für die Prüfung der Software von Pulswechselrichtern (PWR) sogenannte „Hardware-­in-the-Loop“(HiL)-Simulationsumgebungen bereitstehen. Dabei wird die reale Hardware in einem virtuellen Fahrzeugsystem getestet.

Der PWR spielt in Elektrofahrzeugen eine zentrale Rolle: Er wandelt die Gleichspannung aus der Batterie in die mehrphasige Wechselspannung und das damit verbundenen Drehfeld für den elektrischen Antriebsmotor um. Bei der Energierückspeisung im Schubbetrieb arbeitet der PWR gegenläufig und wandelt die Wechselspannung des Motors in eine Gleichspannung, mit der die Batterie geladen wird. Wie relevant diese Komponente ist, zeigt unter anderem ein aktueller VW-Rückruf in den USA, von dem rund 20.000 Exemplare des ID.4 betroffen sind.

„Zur exakten PWR-Regelung für die verschiedenen Leistungs- und Komfortanforderungen in unterschiedlichen Fahrsituationen sind komplexe Regelalgorithmen sowie Sicherheitsfunktionen notwendig, die vor Inbetriebnahme des Antriebs getestet werden müssen“, erklärt Rafael Banzhaf, Technischer Projektleiter bei Porsche Engineering. „Dabei geht es beispielsweise darum, das Antriebssystem in Ausnahmesituationen wie beispielsweise bei einem Crash mit Airbag-Auslösung in einen sicheren Zustand zu überführen.“

Wie der Engineering-Dienstleister ausführt, mussten vor Entwicklung des PWR-HiL-Systems die Tests im Fahrzeug oder an einem realen Prüfstand durchgeführt werden, wobei immer die Gefahr bestand, dass bei Software-Fehlern im Steuergerät etwas beschädigt wird.

Porsche Engineering hat für Tests der PWR-Software darum nach eigenen Angaben ein Prüfstandkonzept entwickelt, bei dem das reale PWR-Steuergerät als Hardware-in-the-Loop eingebunden ist. Zu den möglichen Versuchsumfängen auf dem HiL-Prüfstand gehören dem Unternehmen zufolge vor allem funktionale Tests nach Lastenheftanforderungen, aber auch Flashtests neuer Software, Absicherungstests als Sicherheitsstufe vor weiterführenden Untersuchungen im Fahrzeug, Tests der Schnittstellen, der Diagnosefunktionen, der Ausführungszeiten sowie der Cybersecurity und virtuelle Dauerlaufuntersuchungen.

„Tests an realen Prüfständen oder im Fahrzeug können wir mit dem PWR-HiL zwar nicht vollständig ersetzen, allerdings können wir deren Umfang erheblich reduzieren, wodurch wir die realen Prüfstände entlasten, Kosten erheblich reduzieren und die Sicherheit erhöhen“, so Banzhaf. Die Entwicklung des PWR-HiL-Prüfstands ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit verschiedener Porsche-Engineering-Standorte. Derzeit seien sechs PWR-HiL-Systeme im Einsatz, ein weiterer Ausbau der Kapazitäten ist schon in Planung, heißt es.

Als großen Vorteil des PWR-HiL bezeichnet Porsche Engineering den hohen Automatisierungsgrad, denn „die von den Kunden gelieferten Anforderungsdokumente für die PWR-Regelung werden automatisiert eingelesen“. Aus den Vorgaben werde dann ebenfalls automatisiert die Testspezifikation abgeleitet, die zur Generierung unterschiedlicher Testfälle und ausführbarer Versuche dient. „Die geschlossene Automatisierungskette steigert die Effizienz im gesamten Testprozess. Statt mehrerer Wochen, die das manuelle Erstellen der mehr als 1.000 Testfälle für eine PWR-Testreihe dauert, benötigen wir nur wenige Stunden“, so Banzhaf.

In Zukunft ist geplant, auch Methoden der Künstlichen Intelligenz einzusetzen: Per Natural Language Processing (NLP) soll die KI Lastenhefte, die als einfaches Textdokument geliefert werden, richtig interpretieren und in maschinenlesbaren Code umwandeln. „Unser Ansatz (…) trägt dazu bei, Entwicklungszeit und -kosten einzusparen. Erste Validierungen sind sehr erfolgreich. Daher bin ich davon überzeugt, dass wir KI mittelfristig auch im regulären Testprozess einsetzen“, resümiert Banzhaf.
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