Fraunhofer-Zukunftsstudie: H2 im Straßenverkehr umwirtschaftlich
Das Fraunhofer-Institut ISI ist der Frage nachgegangen, wie sich Nachfrage und Preis für Wasserstoff bis 2045 entwickelt. Ein Kernergebnis: Die Fraunhofer-Studie rechnet mit Preisen, die den H2-Einsatz sowohl im Straßen- als auch im Schienenverkehr unwirtschaftlich machen. Nicht aber in der Luft-und Schifffahrt.
In einer Mitteilung zur Vorstellung der Studie namens „Preiselastische Wasserstoffnachfrage in Deutschland“ betont das Forscherteam, dass Wasserstoff und Wasserstoffderivate eine wichtige Rolle dabei spielen, die Klimaziele zu erreichen – aber nicht in jedem Sektor. Ein zentrales Kriterium, ob H2 zum Zug kommen wird oder nicht, sind nach Ansicht des Fraunhofer-Instituts der Wasserstoffpreis und die Konkurrenzfähigkeit von Wasserstoff im Vergleich zu anderen Optionen wie beispielsweise der direkten Elektrifizierung. Auf Basis von Simulationsmodellen skizzieren die Studienmacher für die Sektoren Industrie, Verkehr und Energieumwandlung die Preiselastizitäten der Wasserstoffnachfrage.
Zum Verkehrsbereich fassen die Forscher zusammen, dass Wasserstoff bei Pkw, Lkw, Bussen oder Schienenfahrzeugen „wahrscheinlich eher nicht eingesetzt wird, weil es hier mit der direkten Elektrifizierung eine Alternative gibt“. Im internationalen Flug- und Schiffsverkehr dürfte es dagegen zu einer hohen, preisunelastischen Nachfrage kommen. Für den gesamten Verkehrsbereich – aber eben vor allem in der Schiff- und Luftfahrt – schätzt die Studie mit einem Bedarf von 209 TWh Wasserstoff in 2045.
Zu der negativen Prognose für Straßen- und Schienenfahrzeuge führen die Studienmacher Folgendes aus: „Ein günstiger Wasserstoffeinsatz ist erst bei Großhandelspreisen von unter 90 €/MWh in 2045 möglich, je nach Anwendung sogar deutlich weniger. Bei Preisen von 50 €/MWh ergeben die Analysen eine Gesamtwasserstoffnachfrage von 476 TWh in 2045. Dies ist aufgrund einer Vielzahl von Kosten für Herstellung, Transport oder Vertrieb jedoch eher unwahrscheinlich, Marktpreise von deutlich über 90 €/MWh in 2045 erschienen deutlich realistischer. Eine groß angelegte Förderung des Wasserstoffeinsatzes in Bereichen wie der Gebäudewärme, des landgebundenen Verkehrs oder der energetischen Nutzung in der Industrie erscheint aus diesem Grund wenig sinnvoll.“
Eines der Kernergebnisse der Studie ist für Professor Martin Wietschel, der das Projekt am Fraunhofer ISI geleitet hat, dass sogenannte „No-Regret-Anwendungen“ ein sehr wichtiger Treiber für die Wasserstoffnachfrage sind – Anwendungen also, bei denen kaum ökonomisch attraktive alternative Technologieoptionen zur Erreichung der ambitionierten deutschen Treibhausgasminderungsziele zur Verfügung stehen. „Dies gilt insbesondere für die stoffliche und energetische Nutzung in bestimmten Industrieanwendungen wie dem Stahl- oder dem Grundstoffchemiesektor.“ Im Bereich der Energieumwandlung stünde die Nutzung von Wasserstoffspeichern mit Rückverstromung wiederum in Konkurrenz mit Anwendungen zur Flexibilitätserhöhungen der Nachfrage wie zum Beispiel Wärmpumpen, Wärmenetze oder Elektrofahrzeuge. „Die Preise entscheiden hier mit, in welchem Umfang Wasserstoff künftig eingesetzt wird“, so Wietschel.
Die Zwischenergebnisse für das Jahr 2030 zeigen übrigens, dass die Wasserstoffnachfrage mit etwas mehr als 40 TWh zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehr hoch sein dürfte. „Bestimmte Industrieanwendungen könnten dabei die Wasserstoffnachfrage dominieren. Auf diese sollte sich auch die Förderung in den nächsten Jahren konzentrieren. Niedrige Großhandelspreise sind jedenfalls eher nicht zu erwarten und dürften damit auch nicht zur Steigerung der Wasserstoffnachfrage beitragen“, resümieren die Studienmacher.
Die Analyse hat das Fraunhofer ISI im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts „HyPat – Globaler H2-Potenzialatlas“ realisiert. Ebenfalls an der Studie beteiligt war die Energy Systems Analysis Associates GmbH.
isi.fraunhofer.de
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