K+S schickt Elektro-Pickups unter Tage

Der Düngemittel- und Salzproduzent K+S testet Elektro-Pickups in seinen deutschen Bergwerken. Neben der Alltagstauglichkeit und der Reichweite der Fahrzeuge werden derzeit in einer Grube des Verbundwerks Werra auch die Eignung der Ladeinfrastruktur und die Sicherheit unter Tage geprüft.

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Wenn wir über den Bergbau berichten, dann häufig in Zusammenhang mit großen Baumaschinen. Doch im Kosmos unter Tage sind auch kleinere Fahrzeuge unabdingbar, in denen beispielsweise Mitarbeiter der Revieraufsicht oder Handwerker schnell in jeden Grubenwinkel kommen. Und genau diese im Bergbau-Fachjargon „Befahrungsfahrzeuge“ genannten Autos hat K+S bei einem aktuellen Projekt zur E-Mobilität in der Grube Hattorf-Wintershall im Auge. Die Grube gehört zum Verbundwerk Werra und führt die bisherigen vereinzelten Tests von Elektrofahrzeugen in den deutschen K+S-Bergwerken zusammen.

„Ein elektrischer Fahrzeugbetrieb in einem Bergwerk hat besondere Herausforderungen“, äußert Lars Rickfelder, Leiter Technik unter Tage im Zentralbereich Bergbau von K+S. Wegen der allgemeinen Bedingungen wie hohen Umgebungstemperaturen bis 50 Grad Celsius, unebenen Fahrwegen und großen Steigungen müssen alle Fahrzeuge eine gute Geländegängigkeit haben, was sich auch auf den Stromverbrauch niederschlägt. Dabei sind viele der Geländewagen und Pickups ganztägig im Mehrschichtbetrieb unterwegs und legen währenddessen bis zu 100 Kilometer pro Schicht zurück. Geladen werden können sie immer nur kurzzeitig zwischendurch, wobei nicht überall in den Bergwerken Lademöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden können.

„Das ist vergleichbar mit einem Taxi, das rund um die Uhr unterwegs ist“, sagt Rickfelder. „Sicherzustellen, dass die Fahrzeuge jederzeit einsatzbereit sind, ist keine triviale Aufgabe, schon gar nicht in einem Bergwerk.“ Dennoch: Langfristig will der in Kassel beheimatete Düngemittel- und Salzproduzent in all seinen Bergwerken von Diesel- auf Elektrofahrzeuge umsatteln. Dabei geht es um eine Flotte von gut 300 Fahrzeugen. Gut zu erkennen sind diese an ihren „Wetterlammellenabweisern“, eine Vorrichtung, die an Überrollbügel erinnert, und Pflicht für Unter-Tage-Fahrzeuge ist.

Sechs E-Pickups und ein Elektro-Van im Test-Einsatz

Als Vorhut agiert aktuell ein Elektro-Septett, das inzwischen in der Grube Hattorf-Wintershall zum Dienst angetreten ist: Zur elektrischen Kleinflotte für Handwerker und Revieraufsichten gehören sechs Pickups auf der Basis des Toyota Land Cruiser und ein Personentransporter des Typs Mercedes eVito. Wie aus einem LinkedIn-Post ersichtlich wird, hat Zulieferer Huber Automotive die Toyota-Pickups im Auftrag von K+S auf Elektroantrieb umgerüstet. Laut dem Grubenbesitzer leisten die umgerüsteten Geländewagen bis zu 120 PS (rund 88 kW) bei einer Reichweite von etwa 110 Kilometern.

K+S hat sich für den Umrüstansatz entschieden, da es „für die Diesel-getriebenen Geländewagen und Pickups, die bislang in den Bergwerken als Befahrungsfahrzeuge dienen, derzeit noch keinen serienmäßigen elektrischen Ersatz gibt“, wie es aus der Unternehmenszentrale heißt. In den vergangenen Jahren wurden Modelle mit emissionsarmen Dieselmotoren angeschafft, um den Schadstoffausstoß zu reduzieren. Inzwischen hätten aber die ersten Hersteller angekündigt, ihre Geländewagen ab 2023 nicht mehr mit Dieselmotor zu vertreiben. „Aufgrund des von der EU beschlossenen Verbots von Verbrennungsmotoren werden langfristig ohnehin keine Fahrzeuge mit Dieselmotor mehr verfügbar sein – der Umstieg auf Elektrofahrzeuge muss auch in den Gruben kommen, und das müssen wir gut vorbereiten“, vergegenwärtigt Rickfelder. Wichtige Aspekte seien dabei neben der Alltagstauglichkeit und der Reichweite der Fahrzeuge auch eine geeignete Ladeinfrastruktur und die Sicherheit in der Grube.

Neue Herausforderung für den Brandschutz

„Der Betrieb von Elektrofahrzeugen stellt auch die Grubenwehren vor neue Herausforderungen“, greift Patrick Kniest, Leiter Grubenwehrrettungswesen und Brandschutz der Grube Hattorf-Wintershall, das Thema auf. Das Risiko eines Brandes bei Elektrofahrzeugen sei zwar grundsätzlich niedriger als bei Autos mit Verbrennungsmotor, aber das Brandverhalten unterscheide sich. Das angepasste Brandschutzkonzept von K+S sieht deshalb vor, dass sich die Grubenwehr durch Übungen und mit spezieller Ausrüstung auf einen möglichen Einsatz mit brennenden Elektrofahrzeugen vorbereitet. „Wir haben alles im Detail analysiert und sind auf einen möglichen Einsatz gut vorbereitet“, fasst Kniest zusammen.

„Ein weiterer Fokus des Probebetriebs liegt auf der Ladeinfrastruktur“, übernimmt Sebastian Hühne, Leiter technischer Stab der Grube Hattorf-Wintershall, der das Projekt begleitet. Um die Akkus zügig laden zu können, wurde eigens ein separates 400-Volt-Ladestromnetz eingerichtet. Da die Befahrungsfahrzeuge während der Schicht in der Grube unterwegs sind, bleibt nur die Zeit über den Schichtwechsel, um die Akkus zu laden. Das ist machbar, wie die bisherigen Erfahrungen zeigen, wobei die Herausforderung bei langfristig mehr als 300 Stromern in der Grube steigen wird: „Dann müssen wir die zur Verfügung stehende Energie möglichst effektiv nutzen und verteilen“, sagt Hühne. Bereits jetzt lassen sich durch die eingesetzte intelligente Ladetechnologie die Ladevorgänge an den derzeit zwölf Ladeboxen überwachen, steuern und statistisch analysieren.

Die zwölf bis dato unter Tage installierten Ladegeräte sind übrigens handelsübliche Wallboxen. Auf den von K+S bereitgestellten Pressefotos ist zu sehen, dass es sich um eine reine AC-Ladeinfrastruktur handelt und die Hardware von den Walther-Werken stammt.

Ein weiterer Aspekt der Einführung der E-Mobilität in der Grube ist die Schulung der Mitarbeiter. Derzeit übernimmt noch der Fahrzeughersteller alle notwendigen Arbeiten. „Langfristig sollen die E-Fahrzeuge natürlich durch unsere eigenen Mitarbeiter gewartet und repariert werden. Dafür müssen die Kollegen entsprechend weitergebildet werden“, kündigt Hühne an.

K+S verfügt nach eigenen Angaben über rund 11.000 Mitarbeiter, Produktionsstätten auf zwei Kontinenten und ein weltweites Vertriebsnetz. Das Verbundwerk Werra mit seinen Standorten Hattorf und Wintershall in Hessen und Unterbreizbach und Merkers in Thüringen ist der größte Standort der K+S Minerals and Agriculture GmbH. Im Kaliwerk Werra werden neben Düngemitteln auch Vorprodukte für technische und industrielle Anwendungen sowie für die Pharma-, Lebensmittel- und Futtermittelindustrie hergestellt. Das Verbundwerk beschäftigt fast 4.400 Menschen, darunter 300 Auszubildende. Damit sei man ein wichtiger Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb im Städtedreieck zwischen Bad Hersfeld, Bad Salzungen und Eisenach, so das Unternehmen.
kpluss.com

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