Überarbeiteter VW ID.3: Höhere Qualität zu höheren Preisen
Volkswagen hat den überarbeiteten ID.3 nun offiziell vorgestellt, bei dem vor allem die Qualität im Innenraum deutlich erhöht werden soll. Bei den Antrieben ändert sich (noch) nichts. Wir konnten in dem Facelift-Modell bereits Platz nehmen.
Der Premiere des überarbeiteten ID.3 war ein bisher ungewöhnliches Vorgehen vorausgegangen: Anfang Dezember hatte VW den Konfigurator seines Kompakt-Stromers umgestellt und mit dem Hinweis versehen, dass die Lieferfrist schon bis ins vierte Quartal 2023 reiche. „Gemäß unserer aktuellen Planungen werden wir zu diesem Zeitpunkt bereits den ID.3 in seiner weiterentwickelten Version produzieren. Daraus folgt, dass wir zum Zeitpunkt Ihrer Auslieferung nicht mehr das am Tag Ihrer Bestellung im Konfigurator bzw. Vertrag abgebildete Fahrzeug sondern das bereits weiterentwickelte Modell des ID.3 liefern können“, hieß es damals.
Sprich: Der ID.3 in seiner bisher bekannten Form war bis zum geplanten Produktionsende bereits ausverkauft. Da VW nicht wollte, dass der Kunde etwas bestellt, was er dann in dieser Form gar nicht geliefert bekommt, hätte man entweder einen Bestellstopp verhängen und den Konfigurator offline nehmen müssen. Oder man weist den Kunden darauf hin, dass sich etwas ändern wird – auch wenn man noch nicht genau mitteilen kann, wie diese Änderungen aussehen werden. In Wolfsburg hat man sich offenkundig für die zweite Variante entschieden.
Bei einem Vorab-Termin konnte sich electrive.net bereits einen Eindruck vom Ergebnis dieser Modellpflege-Maßnahmen verschaffen. Auch wenn die Änderungen an der Karosserie – wie anhand der veröffentlichten Skizzen vermutet – minimal sind, fällt das neue Design auf. Oder zumindest, dass etwas anders ist. Denn zum Beispiel die Scheinwerfer und weite Teile des Blechkleids sind nach wie vor gleich. Der frischere Eindruck kommt nur dank einiger Details zu Stande.
So wurde etwa die Stoßstange vorne neu gestaltet. Das „freundliche“ Gesicht mit dem „Lächeln“ des schmalen Lufteinlasses wurde neu interpretiert und an den Seiten der Stoßstange durch vertikale Lufteinlässe für einen „Air Curtain“ ergänzt, der den Luftfluss rund um die Vorderräder verbessern soll – und zugleich etwas sportlicher aussieht. Die bisher dort positionierten Rauten sind komplett verschwunden, auch auf der C-Säule ist die Rauten-Folierung nicht mehr erhältlich. Zudem ist die Fronthaube nun komplett in Wagenfarbe, das schwarze Element am Übergang zur Windschutzscheibe ist verschwunden. Da auch die bisher vorhandene schwarze Leiste über dem Kennzeichenhalter verschwindet, erhöhen sich die Anteile lackierter Elemente an der Front deutlich.
Am Heck fallen die Änderungen weniger umfangreich aus, machen dafür den Charakter der Modellpflege deutlich: Bisher haben an den Rückleuchten nur die äußeren Elemente geleuchtet, die in die Karosserie integriert sind. Obwohl sich die Rückleuchten bis in den Kofferraum-Deckel hineinziehen, blieb es dort bisher dunkel: VW hatte auf die zusätzliche Verkabelung verzichtet, dort waren nur Reflektoren verbaut. Da sich VW aufgrund der Rohstoffpreise und Halbleiter-Krise vom 30.000-Euro-ID.3 verabschiedet hat, ist das Budget nicht mehr ganz so knapp. Und jetzt leuchten beim ID.3 auch im Kofferraum-Deckel rote LEDs.
VW gibt 30.000-Euro-Ziel auf – zum Glück
Den Strategiewechsel beim Spardiktat spürt man aber vor allem im Innenraum. Hier war die Kritik an den großflächigen Hartplastik-Verkleidungen besonders laut – auch zu recht, wie VW inzwischen selbst einräumt und bereits Abhilfe angekündigt hat. Das Feedback der Kunden war deutlich. Um den Basispreis von 30.000 Euro zu erreichen, musste eben an vielen Stellen gespart werden.
Und es hat sich wirklich spürbar etwas getan, denn selbst in den einfacheren Ausstattungen wurde deutlich aufgewertet: Der relativ konturlose Basis-Sitz wird nicht mehr angeboten, die einfachste Version der Mittelkonsole entfällt und weite Teile der Hartplastik-Verkleidungen auch – im unteren Bereich ist unter anderem wegen der Robustheit immer noch ein härterer Kunststoff verbaut. Die sichtbaren Elemente an den Türen und im Armaturenbrett bestehen nun aber aus einem aufgeschäumten Material. Das sieht nicht nur hochwertiger und endlich der Preisklasse angemessen aus, sondern fühlt sich auch so an. Zumindest vorne, denn in den hinteren Türen sind weiterhin die harten Kunststoffe verbaut.
Neben der Aufwertung des Innenraums soll auch die Nachhaltigkeit erhöht werden: Der ID.3 ist jetzt komplett tierfrei, selbst der Bezug des Lenkrads ist nicht mehr aus Leder, sondern einer Nachbildung. Gleichzeitig wurden auch die Anteile von Recycling-Materialien erhöht, etwa bei den Sitzbezügen, Teppichen oder im Dachhimmel. Für die Türverkleidungen und Sitzbezüge wird das Microfasermaterial „Artvelours Eco“ verwendet, das zu 71 Prozent aus Rezyklat besteht. Auch die anderen ID.-Modelle sollen ab 2023 mehr Recycling-Materialien nutzen – im ID. Buzz hatte VW einige Recycling-Materialien eingeführt, was künftig auch im ID.4, ID.5 und im kommenden ID.7 genutzt werden soll.
Der Lenkradbezug im ID.3 ist zwar neu, das Lenkrad selbst aber nicht. Sprich: Es bleibt nach wie vor bei den Touch-Bedienfeldern, die von VW-Markenchef Thomas Schäfer angekündigte Rückkehr der Bedientasten an den Lenkrädern wurde beim ID.3-Update noch nicht vollzogen. Wie am Rande der Vorab-Veranstaltung zu hören war, liegt das nicht an bestehenden Lieferverträgen oder fehlenden Teilen. In der Entwicklung des ganzen MEB war es schlichtweg nicht vorgesehen, Lenkräder mit Tasten zu verbauen – entsprechend ist die Elektronik-Architektur gar nicht darauf ausgelegt. Es sind also tiefere Eingriffe nötig, als nur im Werk ein anderes Lenkrad zu montieren. Es kommt, aber später.
Dafür wurde das aus dem ID.4 bekannte Zwölf-Zoll-Display auch im ID.3 zum Serien-Standard erhoben. Das bis dato verbaute Zehn-Zoll-Display wirkt im direkten Vergleich klein und veraltet. Die grundsätzliche Bedien-Logik bleibt erhalten, bei der Menüstruktur wurden jedoch diverse Kundenwünsche umgesetzt, wie es von VW heißt. Unter anderem befindet sich das Lademenü nun auf der ersten Ebene des großen Touchdisplays und ist informativer und aufgeräumter strukturiert.
Mit der aktuellen 3.0-Software verfügt der ID.3 zum Beispiel über den verbesserten e-Routenplaner. Bei dem Vorab-Termin in Hannover standen etwa ein ID.3 Pro und ein ID.3 Pro S mit der größeren Batterie bereit. Für eine Test-Route nach München kalkulierten beide Fahrzeuge innerhalb weniger Sekunden eine passende Route samt (auf den ersten Blick vernünftiger) Ladestopps – mit genauen Zeiten und Ladeständen bei Ankunft und Abfahrt. Auch der Travel Assist mit Schwarmdaten ist mit der 3.0-Software im ID.3 verfügbar. Dieses Assistenzsystem benötigt zum Beispiel auf Landstraßen lediglich eine erkannte Fahrbahnbegrenzung, um die Spur zu halten – er kommt also ohne Mittel-Markierung aus. Zudem sind auf der Autobahn automatische Spurwechsel in einem alltagstauglichen Tempo möglich.
Erst der ID.3 GTX bringt eine Änderung am Antrieb
Da wir gerade die Batterieversionen Pro und Pro S angesprochen haben: Hier gibt es zum aktuellen Modell keine Änderung. Es bleibt also bei den Batteriegrößen von 58 und 77 kWh Netto-Energiegehalt. Der ID.3 Pro mit 58 kWh kommt im WLTP-Zyklus bis zu 426 Kilometer weit, der ID.3 Pro S mit 77 kWh wird mit bis zu 546 Kilometern angegeben. Auch bei der Antriebseinheit gibt es (noch) keine Änderung, es handelt sich um die bekannte permanenterregte Synchronmaschine (PSM) an der Hinterachse mit 150 kW Leistung. Erst mit dem ID.3 GTX wird es eine Neuerung bei den Antrieben geben.
Übrigens: In der Mitteilung heißt es, dass eine „kleinere Batterie“ folgen soll. Details hierzu gibt es nicht. Es ist also unklar, ob es sich um ein Comeback der kurzzeitig angebotenen 45-kWh-Batterie handeln wird (was sehr wahrscheinlich ist) oder um eine neue Batterie-Option. Der entscheidende Faktor hier dürften aber weniger die Batteriezellen, sondern eher die Halbleiter sein. Solange diese knapp sind und die Nachfrage hoch ist, werden die verfügbaren Halbleiter eher in den teureren Modellen eingebaut.
Dazu kommt, dass VW sich dazu entschieden hat, im ID.3 künftig einige „Functions on Demand“ einzuführen. Sprich: Die nötige Hardware ist ab Werk verbaut, aber nicht aktiviert. Das kann entweder beim Kauf passieren oder eben im Nachhinein dazugebucht werden – und das entweder im Abo oder dauerhaft gegen eine Einmalzahlung. Daher ist zum Beispiel beim überarbeiteten ID.3 immer eine Kamera in der neu gestalteten Stoßstange vorne verbaut, auch wenn keine Assistenzsysteme gebucht werden, die die Kamera nutzen würden.
Noch keine genauen Preise für „Functions on Demand“
Zu den Funktionen, die im Nachhinein gebucht werden können, zählt zum Beispiel die Zwei-Zonen-Klimaautomatik oder das Navigationssystem. Damit will VW natürlich Geld verdienen, aber auch für den Kunden die Flexibilität erhöhen. Wird das Auto etwa vor allem als Pendelfahrzeug von einer Person genutzt, sind weder die Zwei-Zonen-Klimaanlage noch das Navi wirklich nötig – alternativ ist die Navigation über Smartphone-Apps dank „App Connect“ möglich. Sollte man für die Urlaubsfahrt diese Extras wünschen, kann man sie zum Beispiel für einen Monat buchen. Oder wird das Auto verkauft und künftig statt als Pendler-Fahrzeug als Familienauto genutzt, kann der Käufer die Extras noch buchen.
Die genauen Preise für die „Functions on Demand“ stehen derzeit allerdings noch nicht fest. Sie werden sicher einen starken Einfluss darauf haben, ob das Angebot tatsächlich genutzt wird.
Dafür ist schon klar, was das ganze Auto künftig kosten wird – denn mit der Konfigurator-Umstellung im Dezember sind die Preise bekannt. Der ID.3 Pro Life mit der 58-kWh-Batterie startet bei 43.995 Euro, das Vor-Facelift-Modell war mit dieser Batterie ab 38.000 Euro erhältlich. Selbst wenn das Basismodell mit 45 kWh zurückkommt, wird es nicht mehr für 30.000 Euro erhältlich sein.
20 Kommentare