VW erwägt wohl US-Batteriefabrik vor dem geplanten Osteuropa-Werk
Volkswagen hat seinen Plan für eine Batteriezellenfabrik in Osteuropa offenbar auf Eis gelegt. Laut einem Medienbericht priorisiert der Konzern ein Werk in Nordamerika, weil er mit Subventionen von umgerechnet neun bis zehn Milliarden Euro aus dem „Inflation Reduction Act“ der US-Regierung rechnet.
Das berichtet die „Financial Times“. Die Zahl von neun bis zehn Milliarden Euro US-Subventionen sollen Volkswagen-Vertreter in der vergangenen Woche gegenüber EU-Beamten erwähnt haben. Bevor es zu einer Entscheidung kommt, will Volkswagen erst auf eine Reaktion der EU warten. Erst dann erwäge man, den Plan zum Bau eines Werks in Osteuropa voranzutreiben, sagte laut der FT eine Person, „die mit der Entscheidungsfindung bei VW direkt vertraut ist“. „Die Pläne in Nordamerika sind schneller vorangeschritten als erwartet und haben die Entscheidungsfindung in Europa überholt“, so die Quelle.
Wie Volkswagen gegenüber der „FT“ erklärte, bekenne sich der Konzern zwar weiter zu seinem Plan, weitere Zellfabriken in Europa zu bauen. „Aber dafür brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen. Deshalb warten wir ab, was der sogenannte EU Green Deal bringen wird“, so das Unternehmen.
Aber: Ein erhöhtes Tempo der EU bei möglichen Gegenmaßnahmen ist wohl derzeit nicht abzusehen. Laut der FT soll ein leitender Angestellter eines anderen europäischen Batterieherstellers, der in der vergangenen Woche ebenfalls an dem Treffen mit EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager teilgenommen hat, soll sich ernüchtert gezeigt haben. „Es sieht ziemlich schlecht aus. Es gab keine konkreten Maßnahmen“, wird er zitiert.
Auch Northvolt soll dem Bericht der „FT“ zufolge die USA als Standort für seine nächste Batteriefabrik gegenüber Deutschland bevorzugen – außer die EU lenkt ein. Northvolt schätzt, umgerechnet mehr als 8 Milliarden Euro an Subventionen für eine Fabrik in den USA zu erhalten. Bereits im vergangenen Herbst hatte Northvolt gewarnt, dass die hohen Energiepreise den Bau der geplanten Batteriefabrik in Schleswig-Holstein verzögern könnten.
VW baut bisher eine Zellfabrik in Salzgitter, eine in Sagunt nahe Valencia und eine weitere Fabrik soll zusammen mit Northvolt in Schweden entstehen. Für die vierte der sechs geplanten Europa-Zellfabriken hatte sich zuletzt das Flughafengelände nahe der tschechischen Stadt Pilsen als Favorit abgezeichnet. Ob diese Fabrik nun zeitnah umgesetzt wird oder VW vorerst seine US-Pläne priorisiert, ist offen. Bereits im Dezember hatte der Konzern eine konkrete Standortentscheidung für Osteuropa vertagt, damals unter Verweis auf die hohen Energiepreise. Im gleichen Zug sucht VW nach möglichen Standorten einer Batteriefabrik in Kanada.
Thomas Schmall, Technikvorstand bei VW und Leiter der für die Batteriezell-Fertigung verantwortlichen Komponenten-Sparte, stellte nach dem Treffen in Brüssel harte Forderungen an die EU. VW mache „viel schnellere Fortschritte“ bei den Plänen für eine Batteriefabrik in Nordamerika als in Europa, schreibt Schmall auf LinkedIn. Europa laufe Gefahr, „Milliarden von Investitionen zu verlieren, über die in den kommenden Monaten und Jahren entschieden wird“, fügte er hinzu und forderte ein europäisches staatliches Beihilfeprogramm und niedrigere Preise für grüne Energie. „Wir brauchen vor allem Eile“, so Schmall weiter. „Der IRA ist in Kraft und liefert bereits Ergebnisse.“
Diese jüngsten Aussagen aus der Industrie bekräftigen eine Warnung von Transport & Environment. Die NGO hatte vorgerechnet, dass mehr als zwei Drittel der europäischen Batterieprojekte Gefahr liefen, gestrichen, verzögert oder gekürzt zu werden – weil die USA für die Unternehmen ein attraktiveres Umfeld bieten als Europa.
ft.com, linkedin.com (Schmall-Beitrag)
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