Schwedische Behörde verhängt Verkaufsverbot für Easee-Wallboxen

Bild: Easee

Elsälerhetverket, die schwedische Behörde für elektrische Sicherheit, hat nach den festgestellten Sicherheitsmängeln nun ein Verkaufsverbot für die Wallbox-Modelle „Home“ und „Charge“ des norwegischen Herstellers Easee verhängt. Easee wiederum will Berufung gegen die Entscheidung einlegen.

Kurzer Rückblick: Die Elsälerhetverket, eine schwedische Behörde für elektrische Sicherheit, hatte im Februar sechs unterschiedliche Wallboxen getestet – und dabei bei der Easee Home einige Mängel entdeckt. Da auch das Produkt „Charge“  die gleiche Technik nutzt, ist auch diese Wallbox betroffen. Es gibt mehrere Vorwürfe, die sich auf die Sicherheit des Produkts auswirken. Dabei ging es unter anderem um einen angeblich fehlenden FI-Schutzschalter und einen nicht bestandenen Überspannungstest.

In seiner Stellungnahme hatte Easee wenige Tage später seine Begründungen und Unterlagen an die Behörde übermittelt. In Kurzform: Den Überspannungstest am CP-Pin hält Easee aufgrund der Bauform und des Normtests für nicht anwendbar. Und es sei sehr wohl ein FI-Schutzschalter verbaut, nur eben nicht in Form eines herkömmlichen, auf einer DIN-Schiene montierten Geräts – der FI-Schutzschalter sei „in die Gesamtkonstruktion des Ladegeräts integriert“.

Wie die Behörde nun am Mittwoch auf ihrer Website mitteilt, ist man der Easee-Interpretation nicht gefolgt und hat für Schweden ein Verkaufsverbot für die Easee Home und die ähnliche Easee Charge verhängt. Es gebe „keine Lösung mit Fehlerstromschutzschalter und Gleichstromschutz, die die Anforderungen der Normen erfüllt, für die das Gerät deklariert ist“, so die Elsälerhetverket.

„Es besteht die Gefahr, dass der Erdschluss-Schutzschalter nicht immer dann auslöst, wenn und wie er sollte“

„Der Hersteller hat anstelle einer elektromechanischen Lösung eine elektronische Fehlerstromschutzschalterlösung verwendet. Es besteht die Gefahr, dass der Erdschluss-Schutzschalter nicht immer dann auslöst, wenn und wie er sollte“, sagt Joel Lee Antman, Inspektor bei der schwedischen Behörde für elektrische Sicherheit. Eine Ladestation muss auch über einen DC-Schutz verfügen, der sicherstellt, dass der Fehlerstromschutzschalter ordnungsgemäß funktioniert. Das ist nach Sicht der Behörde nicht gegeben.

In Schweden wurden etwa 100.000 Exemplare dieser Modelle installiert. Der Hersteller muss diese Wallbox-Modelle nun von seinen Händlern zurücknehmen und wird verpflichtet, Mängel an bereits installierten Geräten zu beheben. Aber: Vorerst gilt die Entscheidung nur für Schweden. Da die betreffenden Normen nicht national sind, sondern weltweit gelten und Easee keine speziellen Wallboxen für Schweden baut, dürfte die Problematik auch in anderen Ländern aufkommen.

Easee legt Berufung ein

Easee hält an seiner Interpretation der Normen und somit der Legalität des Produktes fest – und hat sowohl gegen das verhängte Verkaufsverbot als auch gegen dessen sofortige Wirkung Berufung eingelegt. Man sei „der festen Überzeugung, dass es keine technische oder rechtliche Grundlage für ein solches Verbot gibt“. Das Unternehmen verweist dabei auch auf den Bericht der Behörde, in dem es heißt, dass die Behörde für elektrische Sicherheit nicht davon ausgeht, dass ein Risiko für Personen- oder Sachschäden besteht.

Zunächst strebt Easee eine einstweilige Verfügung gegen das sofortige Inkrafttreten des Verkaufsverbots an. Danach soll es ein reguläres Berufungsverfahren geben, „in dem wir erneut beweisen werden, warum unsere Ladegeräte die sichersten auf dem Markt sind“, so das Unternehmen. Ein solches Verfahren kann aber mehrere Monate dauern, weshalb zunächst per einstweiliger Verfügung das Verkaufsverbot ausgesetzt werden soll.

„Wir sind mit der Entscheidung nicht einverstanden und werden alles in unserer Macht Stehende tun, um unsere Kunden, Partner und Mitarbeiter zu schützen. Unser Hauptaugenmerk lag schon immer auf den Menschen und der Sicherheit“, sagt Gründer und CEO Jonas Helmikstøl. „Unsere Kunden können wie gewohnt sicher laden und müssen keine Maßnahmen ergreifen. Wir werden weiterhin gegen diese Entscheidung kämpfen und mit innovativen Produkten auf eine grünere Zukunft hinarbeiten.“

Übrigens: Den vollständigen Test aller sechs Ladegeräte hat die Behörde noch nicht veröffentlicht. Das Projekt solle innerhalb weniger Wochen abgeschlossen sein und dann veröffentlicht werden.
elsakerhetsverket.se, Info per E-Mail (Easee-Reaktion)

19 Kommentare

zu „Schwedische Behörde verhängt Verkaufsverbot für Easee-Wallboxen“
Kurt
15.03.2023 um 14:32
Ein Hoch auf die Paragraphenreiter.Um zusammenzufassen: Es gibt also gem. der Behörde kein Risiko für Personen- oder Sachschäden. Aber da Easee einen innovativen Ansatz wählt, der sicherer ist, aber nicht der Norm entspricht, wird das Produkt verboten.
Frank
16.03.2023 um 08:22
Bitte nur noch Produkte entwickeln, für die es bereits eine Norm gibt!Wo kommen wir denn hin, wenn Entwickler sich einfach was neues ausdenken, ohne vorher um Erlaubnis bei VDE, DIN, ISO, IEC, IEEE, UL, TÜV, DEKRA, SUVA, CSA etc.pp. zu fragen!Warnung: Teile dieses Kommentars können Ironie enthalten.
Anton
15.03.2023 um 20:36
Normen sind dazu da erfüllt zu werden. Ein Zusammenwürfeln ist nicht erwünscht. Das Hauptproblem sollte aber sein, dass der kontaktabstand in den ralais nur 2.3mm statt mind. 3 beträgt (OVC III) und es keinen AC fehlerstrom- Auslösepfad gibt (wie im fi a üblich) der auch triggert, wenn die Mikrocontroller ausfallen. Überspannung am CP kann ebenfalls über kapazitive Kopplung einkoppeln. Die Entscheidung ist richtig.
Martin Hofer
16.03.2023 um 08:57
ich hab keine Ahnung was sie da schreiben, aber es klingt als wissen sie wovon sie schreiben - Danke!
Achim
16.03.2023 um 08:14
Normen bilden den aktuellen* Stand der Technik ab und sollen bei der Entwicklung gäbgiger Produkte helfen. Normen sollen aber keinesfalls Innovationen verhindern, deshalb gibt es auch keine Pflicht zur Einhaltung selbiger."... wenn die Mikrocontroller ausfallen ..." Ja, wenn ich genügend viele Fehler annehme, komme ich irgendwann zu einer gefährlichen Situation. Das ist aber bei jedem Gerät so, auch bei einem konventionellen FI."... einen AC fehlerstrom- Auslösepfad gibt ..." Das ist schlicht nicht richtig, es werden AC und DC Fehlerströme erkannt.Wenn die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung in diesen Ladestationen die angegebene Norm nicht (oder nur teilweise) erfüllen, ist das eine formale Frage, die natürlich geklärt werden muss. Daraus abzuleiten, dass die Geräte unsicher sind, ist gewagt. Und nur letzteres würde ein sofortiges Verkaufsverbot begründen.Nach eigenen Angaben des Herstellers sind rund 1/2 Million Wallboxen in Betrieb und es kam bislang noch zu keinem einzigen Schaden durch einen Defekt des FI. Da kann man wohl kaum von "Gefahr in Verzug" reden.* aktuell zum Zeitpunkt der Erstellung/Überarbeitung der Norm
Anton
16.03.2023 um 12:49
Das ist so nicht ganz richtig. Nehmen wir z.B. die Test-Taste an jedem FI. Diese Fehlt in der Easee komplett sofern ich weiß. Eine Testung nur durch die App ist nicht ausreichend. Ich kann auch nicht sagen, meine Anlage steht abseits jeder zivilisation, deshalb ist es okay, die Störabstrahlung oder Störfestigkeit nicht nach den entsprechenden Normen auszulegen. Es läuft in der EU ebend so ab, dass im CE-Bewertungsverfahre auf einschlägige Normen geprüft wird und diese dann ganz anzuwenden sind. Sicher hat man Spielraum dabei, wenn man begründen und belegen kann.
Anton
16.03.2023 um 18:51
@Achim Der digitale FI wird sich durchsetzen, das denke ich auch. Die EMV Richtlinie wird dadurch trotzdem nicht eingehalten. So wie ich es verstanden habe, erfüllt die Wallbox diese nicht, weil sie gegen Tansiente versagt. Genauso OVC III. Luftabstände bei 4kV sind mindestens 3mm! nicht 2.3mm. Und du kannst mir ganz sicher nicht erzählen, dass das in dem Unternehmen keiner wusste oder für sich behalten hat.
Achim
16.03.2023 um 15:28
Es gibt in der EU diverse Richtlinen, diese ist zwingend einzuhalten. Normen sind aber keine Richtlinien. Daraus folgt unmittelbar, dass kein Zwang besteht, Normen einzuhalten. Es gilt aber bei Einhaltung bestimmter Normen die Annahme, dass dadurch auch die zugehörige Richtlinie eingehalten wird (bzw. Teile davon) . Daher kann ich sehr wohl meine Anlage abseits entsprechender Normen auslegen, solange ich die zutreffenden Richtlinien einhalte.Die Frage, die hier gestellt werden muss ist, ob mit der FI Lösung in der Easee Wallbox die Produktsicherheit gewährleistet wird. Wenn dies der Fall ist, ist es vollkommen egal, ob die Lösung nach irgendeiner Norm gebaut ist oder nicht.Wozu soll bei einer Wallbox denn bitteschön die Test-Taste am FI gut sein? Kein Anwender wird regelmäßig den Deckel siner Wallbox öffnen, um da drauf zu drücken. Das macht auch in der eigenen Wohnung praktisch niemand, obwohl man dafür nur mal eben den Sicherungskasten aufmachen muss. Da ist mir eine automatische Überwachung 100 mal lieber.
Devid
15.03.2023 um 22:18
@Anton wenn der Microcontroller ausfällt, wird die easee den Ladevorgang auch nicht freigeben. Soweit ich weiß wird täglich und vor jedem Ladevorgang immer ein interner AC Fehlerstrom Test durchgeführt. Im Privatbereich wird der vorgeschaltete Typ A maximal einmal bei der Inbetriebnahme geprüft. Dieser muss auch bei der easee vorgeschaltet werden in Deutschland. Die Theatralik verstehe ich deshalb an der Stelle nicht. Aus diesem Gesichtspunkt ist die easee bereits mit Abstand als sicherste Station auf dem Markt einzustufen. Die anderen beiden Punkte kann ich nicht bewerten aber warum stürzt man sich so auf diesen Typ A Schutz. Der intern bei easee verbaute doch nur eine Redundanz?!
Anton
16.03.2023 um 12:32
Das Wirkprinzip eines Fi typ a läuft physikalisch ab. Dh ein Strom erzeugt durch den fehlerstrom (Transformator) löst eine vorgespannte trenneinrichtung durch mechanische Bewegung erzeugt durch ein Magnetfeld aus. Das ist der kernunterschied zu allen eingebetteten systemen. Ein Typ b Fi hat zu diesem wirkpfad ein fluxgate welches immer eine digitale Schaltung erfordert. Sicher liegt die Zukunft im reinen digitalen, wie in Finnland? Bereits umgesetzt. Das traurige und dumme in diesem Fall ist, dass so viele unnötige Probleme vorhanden sind. Die störfestigkeitsprüfung als großes Unternehmen nicht ernst zu nehmen und selbst zu testen / bestehen rechtfertigt sofort ein Verkaufsverbot, so läuft das mit CE. Besonders die billigen Relais bieten wenig Sicherheit im abgeschalteten Zustand. Ein surge auf der AC Seite fegt als Lichtbogen ganz entspannt an den typ2 Stecker, der vielleicht Grade von einem Kleinkind gehalten wird, durch.
Devid
16.03.2023 um 21:15
Ein physikalischer FI Typ A muss doch ohnehin vorgeschaltet werden. Ist das Problem damit nicht gelöst?
Rolf S.
15.03.2023 um 18:20
Das sagt doch alles über dieses "neutrale" Fachteam:...... Christoph Erni ist nicht nur Mitglied in jenem Komitee, das die internationale Norm für konduktive Ladesysteme für E-Fahrzeuge entwickelt, sondern auch CEO des Schweizer Ladeinfrastrukturherstellers Juice Technology......Jeder Tag mit einem Verkaufsstopp der Easee erhöht die Möglichkeit, eine Saft Wallbox zu verkaufen.
Gunter Jahrke
16.03.2023 um 06:38
Ich habe eine genormte Sicherung zum Gerät vorgelagert, ist dann alles ok?
Werner
16.03.2023 um 06:55
Wir haben bislang 40 Easee Home Wallboxen installiert und keine dieser Ladestationen ist bei anschließender Prüfung durchgefallen, die verbauten Fehlerstromschutzeinrichtungen haben einwandfrei funktioniert und innerhalb der geforderten Zeit und Fehlerstromgrenzen ausgelöst. Die Isolationswiderstandsmessungen lagen auch alle im 3stelligen MOhm Bereich. Abgesehen davon ist laut DIN ja eh ein RCD Typ A 30mA für Stromkreis mit Ladestation vorgeschrieben.
Peter
16.03.2023 um 12:33
Auslösezeiten bilden nur wenige Prozent der eigentlichen Sicherheit ab.
Simon
16.03.2023 um 11:39
Eine Norm ist kein Gesetz und wenn Easee eine alternative Lösung hat ist das prinzipiell ok. Das bedeutet dann aber auch, dass sie nachweisen müssen, dass ihre Lösung bezüglich Sicherheitsanforderungen mindestens gleichwertig ist und sie können eben nicht in der CE-Erklärung auf die Norm verweisen. Dies ist aber auch nicht nötig, erfüllt werden müssen die EU-Direktiven, die vereinfacht gesagt verlangen, dass niemand zu schaden kommen kann.Es wirkt insgesamt etwas kleinlich aber knapp daneben ist halt auch vorbei.Zu den vorherigen Kommentaren, die hier mit RCD Annahmen um sich werfen. Es geht hier im eine Schutzeinrichtung die potenziel lebensbedrohliche Zustände abwenden soll. Wenn Sie keine Elektrofachkraft sind, basteln Sie bitte nicht daran rum weil Sie glauben es verstanden zu haben. Ein RCD Typ A allein ist nicht ausreichend.
Sigmund
16.03.2023 um 19:58
Easee has certainly produced an innovative product, and all the required safety functions are visibly present. However, the way the safety functions are designed is not safe, and certainly not when the Charge unit is daisy chained as instructed in their manuals. The entire safety concept relies on a set of small relays that are designed for currents up to 35A. Each phase has it's own relay, and each of them should potentially switch a short circuit current of more than 80A. Chances that at least one those is welded during an attempt to create a safe situation are too high. This issue alone is reason enough to not install this product anywhere. It's a real shame, because the Easee is a very innovative concept with a lot of very well designed features, but unfortunately, safety was not part of that.
GaRoMeSi
18.03.2023 um 07:54
In der Schweiz haben die ersten grossen Online Händler die Easee bereits aus dem Sortigment genommen (zB. digitec/galaxus). Gehen wir mal davon aus, dass der Verkaufsstopp mit einer möglichen Rückrufaktion in Europa kommt - dann wird Easee wohl konkurs gehen. Nun, ich hätte ja meine zwei Wallboxen aber dann wird wohl auch das Easee Portal sterben und die Wallboxen werden nutzlos. Das macht mir mehr Sorgen als die Sicherheit.Nun noch eine Frage: Wäre die Sicherheit tatsächlich ein grosses Problem, könnte man es nicht lösen, indem ein Fi vorgeschaltet wird. Aktuell habe ich einen Fi Typ A, der erkennt aber keine Gleichströme. Mein Elektriker meinte, ich könnte den bestehenden Fi mit dem "Doepke DFS 4 EV" ersetzen, der für Wallboxen konzipiert ist, er wüsste aber nicht, wie sich ein vorgeschalteter Fi mit dem verbauten in der Easee verhaltet. Wie sehen das die Fachleute in diesem Chat?
Fabian
30.04.2023 um 06:47
Das stimmt so leider nicht. Die Wallboxen sind bei Galaxus/Digitec und weiteren Anbietern in der Schweiz nach wie vor erhältlich.

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