Hamburg: VHH ordern bis zu 350 E-Busse bei MAN und Daimler Buses

Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) bestellen für ihren knapp 700 Fahrzeuge umfassenden ÖPNV-Fuhrpark auf einen Schlag bis zu 350 neue Elektrobusse. Aus der größten E-Bus-Ausschreibung der Unternehmensgeschichte gehen MAN Truck & Bus und Daimler Buses als Gewinner hervor.

Den Großauftrag machen die VHH drei Monate nach der Nachricht publik, dass die Umstellung der Hamburger Busflotten auf E-Fahrzeuge langsamer voran kommt als geplant. Laut der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage hatten die Hochbahn und die VHH zusammen zum Jahreswechsel rund 58 Fahrzeuge bzw. 20 Prozent weniger E-Busse eingeflottet als geplant.

Am Willen liegt es nicht. Das untermauern die VHH nun mit frisch unterzeichneten Rahmenverträgen über 350 E-Busse. Bei MAN wird das Unternehmen bis zu 100 Lion’s City 12 E ordern. Bei Daimler Buses besteht eine Option auf insgesamt 250 Fahrzeuge des Typs Mercedes-Benz eCitaro. Rufen die Hamburger die kompletten 350 Elektrobusse ab, wird sich der elektrisch angetriebene Teil ihrer Flotte mehr als vervierfachen. Zurzeit betreiben die VHH 86 E-Busse, die überwiegend vom Betriebshof Bergedorf im Osten sowie vom Betriebshof Schenefeld im Westen im Linienbetrieb eingesetzt werden. 17 weitere E-Busse sowie elf E-Sprinter gehen nach Angaben des ÖPNV-Unternehmens innerhalb der nächsten Wochen in den Einsatz, so dass die E-Bus-Flotte zum zweiten Quartal 2023 auf insgesamt 114 Fahrzeuge anwachsen wird.

Der erste Nachschub aus den nun mit MAN und Daimler Buses abgeschlossenen Rahmenverträgen wird in der ersten Jahreshälfte 2024 in Hamburg erwartet. Fix geordert sind bereits 48 Solobusse von MAN sowie 47 Solo- und 48 Gelenkbusse von Daimler Buses. Die VHH haben ergo 143 der 350 E-Busse sofort abgerufen. Die Rahmenverträge laufen bis zum Jahr 2028 – bis dahin garantieren die Hersteller also die Auslieferung der weiteren Exemplare.

„Die VHH ist in der Metropolregion Hamburg eine zentrale Treiberin der Verkehrswende. Wir haben eine klare Vision vor Augen: In den 2030er Jahren wollen wir lokal emissionsfrei unterwegs sein“, äußert VHH-Geschäftsführer Dr. Lorenz Kasch. „Um dieses Ziel zu erreichen, stocken wir unsere E-Bus-Flotte jetzt in großen Schritten auf. Die Großaufträge an MAN Truck & Bus sowie Daimler Buses stellen einen echten Meilenstein auf dem Weg zum e-mobilen Unternehmen dar.“

Beide Hersteller liefern in ihrerseits herausgebrachten Mitteilung einige Details zu den georderten Modellen. So verfügen die eCitaros als Solobusse über drei und als Gelenkbus über vier Türen. Laut Daimler Buses handelt es sich um Exemplare mit der 2022 vorgestellten, verbesserten Batterietechnologie mit sogenannten NMC3-Akkus an Bord. „Eine Energiekapazität von 490 kWh beim Solobus und sogar 588 kWh beim Gelenkbus sichern eine praxisgerechte Reichweite ohne Zwischenladung“, betont der Hersteller. Präziser wird Daimler Buses bei der Reichweite nicht. Die VHH geben jedoch an, dass die Reichweite aller bestellten Modelle (MAN und Daimler Buses) bei 200 bis 300 Kilometern liege.

Ladesteckdosen finden sich bei den eCitaros sowohl links als auch rechts in Höhe der vorderen Radläufe. Die Busse werden bei den VHH rein im Depot geladen. Zur Sicherheitsausstattung der Mercedes-Fahrzeuge gehören unter anderem ein Brems- und ein Abbiegeassistent sowie ein akustischer Umfeldschutz. Im Innenraum warten die Fahrzeuge mit einem Fußboden in Holzoptik, USB-Doppelladesteckdosen, Fahrgastzählanlagen und Sondernutzungsflächen für Rollstühle und/oder Kinderwagen auf.

„Hamburg ist eine der europäischen Hauptstädte unseres eCitaro“, betont Mirko Sgodda, Leiter Vertrieb, Marketing und Customer Services Daimler Buses. „Wir danken der VHH für das Vertrauen in unser Produkt und den großen Folgeauftrag.“ Im Fuhrpark der Hamburger finden sich bereits 37 eCitaro und eCitaro G. Darunter einige, die im Jahr 2020 – kurz nach dem Serienanlauf des Modells – in Betrieb genommen wurden. Zusammen mit den nun georderten Bussen steigt die Zahl an eCitaros auf 132 Exemplare.

Auch für MAN ist es nicht der erste Elektrobus-Auftrag aus der Hamburger VHH-Zentrale. Es handele sich bereits um den vierten Zuschlag, teilt der Münchner Hersteller mit. Ende 2019 hatten die VHH die ersten 17 MAN Lion’s City 12 E geordert. Der nächste Auftrag erstreckte sich über weitere 20 Elektrobusse. 2022 entschieden sich die VHH zum dritten Mal für E-Busse von MAN: Die seinerzeitige Bestellung umfasste 30 Solobusse und sechs Gelenkbusse.

Im jetzigen Rahmenvertrag geht es ausschließlich um elektrisch betriebene Solobusse, die ebenfalls mit drei Türen aufwarten. Als Energiegehalt der sechs Batteriepacks gibt MAN insgesamt 480 kWh an, also zehn Kilowattstunden weniger als der eCitaro-Solobus. Als Merkmal der Busse hebt der Hersteller unter anderem eine CO2-Klimaanlage hervor, die mit klimaneutralem Kohlenstoffdioxid (R744) statt dem konventionellen Kältemittel R134a arbeitet. Außerdem rollen auch die Exemplare des Lion’s City 12 E unter anderem mit umfangreicher Sicherheitsausstattung inklusive Brems- und Abbiegeassistenten, USB-Ladebuchsen vor.

„Wir freuen uns sehr, dass die VHH sich erneut für Busse von MAN entschieden hat. Zeigt es doch, wie zufrieden das Unternehmen mit unseren innovativen und zuverlässigen Elektro-Fahrzeugen ist“, äußert Friedrich Baumann, Vorstand für Sales und Customer Solutions bei MAN Truck & Bus.

Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein bestellen bereits seit 2020 für das Hamburger Bediengebiet nur noch Busse mit emissionsfreien Antrieben. Das Unternehmen ist auf 170 Linien in der Metropolregion Hamburg unterwegs. Mit mehr als 2.300 Mitarbeitenden und rund 670 Omnibussen an 17 Standorten bezeichnen sich die VHH als „zweitgrößtes Nahverkehrsunternehmen Norddeutschlands“. Die Fahrzeuge legen nach Unternehmensangaben jedes Jahr rund 34 Millionen Kilometer in Hamburg und Schleswig-Holstein zurück und befördern dabei etwa 62 Millionen Fahrgäste.

Das von dem Verkehrsbetrieb herausgegebene Ziel ist es, die Fahrzeugflotte bis in die 2030er Jahre weitestgehend auf emissionsfreie Antriebe umzustellen. „Eines unserer wichtigsten Zukunftsthemen ist die Elektromobilität. Seit 2020 beschafft die VHH für Hamburg ausschließlich Elektrobusse. Wir haben hier absolutes Neuland betreten und sind froh, dass wir inzwischen auf Fahrzeuge zurückgreifen können, die Serienreife erlangt haben. Besonders im Hinblick auf Reichweite und Verfügbarkeit sind große Fortschritte zu verzeichnen“, betont VHH-Geschäftsführer Kasch.

Übrigens beschafft auch die Hochbahn seit 2020 keine neuen Dieselbusse mehr. Insofern gehen beide Hamburger Verkehrsbetriebe diesen Weg gemeinsam. Der Fuhrpark der Hochbahn umfasst rund 1.100 Busse und fällt damit nochmals größer als als die VHH-Flotte. Bei der Umstellung auf E-Antriebe erhalten beide staatliche Unterstützung. Im April 2022 erhielten Hochbahn und VHH beispielsweise knapp 160 Millionen Euro für die Beschaffung von 472 weiteren Elektrobussen samt Ladeinfrastruktur vom Bundesverkehrsministerium.
vhhbus.demedia.daimlertruck.compress.mantruckandbus.com

2 Kommentare

zu „Hamburg: VHH ordern bis zu 350 E-Busse bei MAN und Daimler Buses“
Ronk
25.10.2023 um 13:29
Sehr gut, dass es nin mit der E-Mobilität langsam vorangeht. Aber warum werden nicht die am schlimmsten emissionsbelasteten Strassen in Hamburg prioritär auf E-Busse umgestellt? Z.B. auf der nachweislich stark belasteten Max-Brauer-Allee (siehe Diesel-Fahrverbote) fahren nach wie vor fast ausschließlich stinkende und lärmende Diesel-Busse bis auf wenige positive Ausnahmen (z.B. einige Linie 20 Busse). Ist es unter Aspekten des Gesundheitsschutzes und der Luftqualität wirklich wichtig zuerst E-Busse in Blankenese einzusetzen oder wird hier nach Klientelpolitik priorisiert?
Stefan
25.10.2023 um 18:58
Die Umstellung erfolgt aus organisatorischen Gründen in fast allen Städten Deutschlands linienweise. Wenn genug Fahrzeuge der passenden Länge für die Linie geliefert sind und (falls benötigt) Ladestationen an den Endstellen vorhanden sind. Für die Max-Brauer-Allee müssten also auch die Linien 15 und 25 umgestellt werden. Die Schadstoffbelastung kommt bei weitem nicht nur von den Bussen. Und kann auch nach der Umstellung der Busse noch hoch sein.

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