Schaeffler liefert erste Radnabenantriebe für leichte Nutzfahrzeuge aus

Der Automobilzulieferer Schaeffler beliefert erste Kunden mit seinem vollelektrischen Radnabenantrieb. Bei drei Kunden aus dem Segment kompakter Kommunalfahrzeuge wird Schaeffler in den kommenden Monaten seine Radnabenantriebe in Serie bringen.

Bei dem Antrieb werden alle erforderlichen Komponenten direkt in der Felge verbaut. Das spart Platz und macht die Fahrzeuge im Stadtverkehr laut Schaeffler wendiger und besser manövrierbar. Und: Da der Antrieb nicht mehr mittig im Fahrzeug platziert ist, wird dieser Bauraum frei – und kann für zusätzliche Batterien oder weiteren Stauraum genutzt werden.

Die Antriebseinheit bestehend aus Elektromotor (Stator und Rotor), Getriebe und mechanischer Reibungsbremse kann in einer 14-Zoll-Felge (oder größer) integriert werden. Im Fahrzeug selbst muss noch der Inverter platziert werden, das muss aber nicht zwingend in der Antriebsachse sein – er kann flexibel positioniert werden. Ein Inverter kann dabei bis zu zwei Radnabenmotoren steuern, die Motoren leisten je nach Anwendung zwischen sieben und 26 kW nominal und bis zu 60 kW in der Spitze. Schaeffler entwickelt die Antriebe derzeit für 48 bis 400 Volt, perspektivisch seien auch höhere Spannungen möglich, so der Zulieferer.

Für Hersteller entsteht zudem mehr Gestaltungsspielraum für die Entwicklung vielfältiger Mobilitätskonzepte bis hin zu Rolling-Chassis-Lösungen. „Mit hochintegrierten elektrischen Radnabenantrieben verbessern wir die Manövrierbarkeit der Fahrzeuge – eine wichtige Voraussetzung, um sie künftig automatisiert fahren zu lassen“, sagt Jochen Schröder, Leiter des Unternehmensbereichs E-Mobilität bei Schaeffler.

Eines dieser Fahrzeuge, ein Multifunktionsfahrzeug mit Radnabenantrieb, wird von Jungo stammen. Im Zuge der Kooperation haben Jungo und Schaeffler den Antrieb „an die besonderen Alltagsanforderungen im kommerziellen Einsatz“ angepasst. „Durch die elektrische Einzelradansteuerung gewinnen unsere Maschinen deutlich an Leistung“, sagt Nicolas Jungo, Firmengründer und Geschäftsführer von Jungo. „Das beinhaltet einen höheren Wirkungsgrad, weniger Gewicht, mehr Sicherheit, bessere Fahreigenschaften, kein Ölwechsel und eine sichere elektrische Bremse.“

Schaeffler fokussiert sich bei den Radnabenantrieben derzeit auf mobile Arbeitsmaschinen, die vorrangig in Innenstädten unterwegs sind. Bei solchen Fahrzeugen kommt auch ein konzeptbedingter Nachteil von Radnabenmotoren nur wenig zum Tragen: Da die ungefederten Massen mit den E-Antrieben in der Felge steigen, kann das Fahrverhalten bei höheren Geschwindigkeiten und/oder dynamischer Fahrweise schlechter ausfallen. Müllfahrzeuge, Schneepflüge oder leichte Transporter sind in der Stadt aber eher mit niedrigeren Geschwindigkeiten unterwegs.

Mit der neuen Antriebstechnologie erschließt sich das Unternehmen nach eigenen Angaben einen neuen und stetig wachsenden Markt und will künftig immer mehr Arbeitsfahrzeuge für Städte und Kommunen, auf Werks- und Logistikhöfen, an Häfen, auf großen Parkplätzen und Flughäfen mit dem Radnabenantrieb ausstatten. Da die Fahrzeuge hier eine feste Tourenplanung haben, seien sie für E-Antriebe mit festen Reichweiten und planbaren Ladezeiten besonders geeignet. Die Betreiber der Fahrzeuge sollen zudem davon profitieren, dass „Radlager und Getriebe der Antriebseinheit auf eine besonders lange Lebensdauer ausgelegt“ sind. Sprich: Weniger Wartungsaufwand und geringere Betriebskosten.
schaeffler.com

6 Kommentare

zu „Schaeffler liefert erste Radnabenantriebe für leichte Nutzfahrzeuge aus“
Broesel
24.03.2023 um 18:18
"Radlager und Getriebe der Antriebseinheit [sind] auf eine besonders lange Lebensdauer ausgelegt“. ... Von was für einen Getriebe in den Radnabenmotoren soll denn da die Rede sein?
Enrico Adami
25.03.2023 um 14:59
Ein einstufiges Untersetzungsgetriebe ist damit gemeint, sowas hat auch ein E- Bike z.B. Es ist nicht die Rede vom Schaltgetriebe. Auch eine Flex hat ein Getriebe, ein einstufiges Untersetzungswinkelgetriebe.
Jörg
25.03.2023 um 13:42
Das Planetengetriebe zwischen Motor und Felge. Ist in der Explosionszeichnung auf der verlinkten Schaefler Seite gut zu erkennen.
Hans Günter Urmersbach
25.03.2023 um 16:34
Mit Sicherheit ein Planetengetriebe
Broesel
27.03.2023 um 18:25
Danke für die Kommentare ... hätte ich *so* als Planetengetriebe nicht erkannt :)
Philipp
03.04.2023 um 07:41
Das wäre auch ein Ansatz zur Nachrüstung von Benzinern zu Plug-In-Hybriden oder sogar als Umbau zum E-Auto. Z.B. könnte man bei einem Golf die Hinterräder mit Bremse gegen diese Radnabenmotoren tauschen, Akku und Inverter in die Reserveradmulde und doppelten Ladeboden und schon könnte man 50 km elektrische Reichweite erreichen. Klar braucht man noch ein paar weitere Anpassungen - abgreifen des Gaspedal-Sensors, Umschalten auf Benzinbetrieb und elektrischen Bremskraftverstärker.

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