Renault startet finale Erprobungsphase des Renault 5
Im Rahmen eines umfangreichen Entwicklungsprogramms absolvieren neun Prototypen des elektrischen Renault 5 derzeit noch letzte Härtetests. Plattform, Antriebsstrang und Batterie der Versuchsträger entsprechen dabei bereits dem Serienstandard. Nun haben die Franzosen auch erste Hintergrund-Informationen zu der neuen Plattform CMF-BEV veröffentlicht.
Optisch haben die Prototypen, die derzeit auf Eis und Schnee in Arvidsjaur (Schwedisch Lappland) und in den Renault-Technikzentren Lardy bei Paris und Aubevoye in der Normandie getestet werden, noch wenig mit dem bisher nur als Studie gezeigten Renault 5 gemeinsam. Tatsächlich handelt es sich um Karosserien des Renault Clio – also eines Verbrenner-Kleinwagens auf Basis der Plattform CMF-B.
Dass das ohne größere Probleme möglich ist, liegt auch an der Verwandtschaft der beiden Plattformen: Zwar wird die CMF-BEV von Renault als eigene Plattform für elektrische Kleinwagen im B-Segment bezeichnet, dennoch basiert sie auf der Verbrenner-Plattform der „Common Module Family“ (CMF) für das B-Segment – der CMF-B eben. Konkret sollen 70 Prozent der Komponenten identisch sein, zum Beispiel beim Fahrwerk oder den Assistenzsystemen und dem Infotainment. Das soll vor allem die Kosten senken.
Denn genau das war eines der Hauptziele bei der Entwicklung: Die Produktion des Renault 5 soll 30 Prozent günstiger werden als die eines Zoe. Aufgrund der engen Verwandtschaft beider Plattformen ist auch die Fertigung auf einer gemeinsamen Linie möglich, der Renault 5 kann also zusammen mit dem Clio und Captur vom Band laufen. Auch das senkt die Kosten.
Alle Vorteile einer E-Plattform trotz Verbrenner-Verwandschaft?
Dennoch soll die CMF-BEV „alle Vorteile einer E-Plattform“ bieten, wie Gilles Godinot, Chief Enigneer die neue CMF-BEV erklärt. Soll heißen: Ein langer Radstand und kurze Überhänge vergrößern nicht nur den Bauraum für die Batterie, sondern bieten den Insassen auch mehr Platz im Innenraum. Und ganz nebenbei entspricht das auch den Proportionen des klassischen Renault 5. Da die Plattform verschiedene Radstände und Spurbreiten ermöglicht, können relativ flexibel weitere Modelle mit abweichenden Maßen auf Basis der CMF-BEV entwickelt werden. „Die Plattform ermöglicht uns eine gute Batterie-Integration“, so Godinot. „Wenn wir das Batteriegehäuse mit dem Rahmen verbinden, verbessert das die Struktur und das NVH-Verhalten, reduziert also die Geräsuchentwicklung und Vibrationen. Gleichzeitig schützt die umgebende Karosserie die Batterie.“
Da es sich dennoch nicht nur um die CMF-B mit einer Batterie im Unterboden anstelle der Abgasanlage handelt, konnte das Team um Godinot eine weitere, wichtige Entscheidung treffen, um die Kosten zu senken: Anstatt mit einem verwinkelten Batteriegehäuse jeden Kubikzentimeter des verfügbaren Bauraums auszunutzen, konnte ein sehr simples, weil schlicht quaderförmiges Batteriegehäuse entwickelt werden. „Mit diesem Formfaktor reduzieren wir komplexe Formen beim Batteriepack, was die Produktion einfacher macht und Kosten senkt“, erklärt Eric Blanchard, Direktor für Zero Emission Projects bei Renault. „Zugleich haben wir die Anzahl an Komponenten reduziert.“ Alleine das soll 15 Kilogramm im Vergleich zu einer Zoe-Batterie einsparen.
Zwar setzt Renault nicht auf eine Cell-to-Pack-Technologie, um die Energiedichte in der Kleinwagen-Batterie zu erhöhen, im Renault 5 werden in dem Gehäuse aber nur noch vier große Module verbaut sein. Auch das senkt wieder die Anzahl an Bauteilen und zahlt auf eine einfachere Produktion ein. Genaue Angaben zu den Modulen und den Zellen, die darin verbaut sind, machen die Franzosen zum aktuellen Zeitpunkt aber noch nicht. Somit bleibt offen, wie groß die Batterie wird und welche Reichweiten damit möglich sein könnten – Renaults Entwicklungschef Gilles de Borgne hatte 2021 aber schon 40 kWh in Aussicht gestellt. Selbst die Frage, ob es den Renault 5 mit einer oder mehreren Batterie-Optionen geben wird, wollte das Entwickler-Team noch nicht beantworten. Klar ist aber: Die Zellen werden von Envision AESC stammen, das in Renaults eMobility-Cluster ElectriCity in Douai eine eigene Zellfabrik baut.
Delphine De Andria, Leiterin der Produktentwicklung im B-EV-Segment, gab jedoch eine Zielmarke vor, die auch Auswirkungen auf die angebotene Batterie haben dürfte. „Um finale Preise zu nennen, ist es noch viel zu früh. Aber es ist unser Ziel, dass der Preis unter allen Haupt-Wettbewerbern liegen wird, auf jeden Fall unter dem des Zoe“, so die Managerin. Auf welche Haupt-Wettbewerber sie sich dabei bezieht, ließ sie offen.
Renault 5 wird wohl keine LFP-Batterie bekommen
Ein heißer Kandidat dürfte der ID.2 sein, den Volkswagen vor einigen Wochen als seriennahe Studie präsentiert hatte. Als Einstiegspreis haben die Wolfsburger „unter 25.000 Euro genannt“, zu detaillierteren Nachfragen rund um dieses Basismodell aber eisern geschwiegen. Die ebenfalls angegebenen 450 Kilometer Reichweite beziehen sich beim ID.2 aber auf eine vermutlich 60 kWh große NMC-Batterie, das Basismodell dürfte mit einer günstigeren Batterie von rund 40 kWh auskommen – vermutlich mit einer LFP-Zellchemie.
Eine LFP-Batterie für den Renault 5 hatten die Franzosen aber bereits 2021 öffentlich ausgeschlossen. Wie genau die NMC-Batterie aussehen wird, bleibt abzuwarten. Das gilt auch für die Ladeleistung, die die Entwickler für den Renault 5 anpeilen. Auf die Frage von electrive.net, welchen Stellenwert das Schnellladen angesichts der VW-Ankündigung von 20 Minuten Ladedauer von zehn auf 80 Prozent habe, antwortete Blanchard: „Das Schnellladen ist sehr wichtig für Kunden im B-Segment, daher ist es auch ein Fokus-Thema für uns.“ Allerdings schränkte Jean-Sébastien Blazy, Vice President Vehicle Performance, umgehend ein: „Wir haben viele Zoe auf der Straße, daher kennen wir die Bedarfe der Kunden in dem Segment. Natürlich kann man sagen, dass schneller besser ist. Wenn man es aber nicht regelmäßig nutzt, muss man sich fragen, ob man für diese Funktionalität zahlen muss.“ Sprich: An die (rechnerisch nötigen) 120 kW Ladeleistung des ID.2 wird der Renault 5 womöglich nicht ganz herankommen, zumindest nicht in dem kostenoptimierten Basismodell – mehr als die 37 kW Spitzenleistung des Renault Zoe werden es aber wohl sein.
Auch zum Antrieb des Renault 5 ging Renault in der Medienrunde nicht ins Detail, die genauen Zahlen wird es erst zur Präsentation der Serienversion geben. Laut Blanchard soll der E-Motor „rightsized“ werden. Die Leistung soll wohl grob auf dem Niveau des Mégane E-Tech Electric liegen, die Kosten werden für den B-Segment-Antrieb aber gesenkt. Ob es wie im Mégane bis zu 160 kW Spitzenleistung werden, wird aber im Renault 5 natürlich auch von der Batterie abhängen. Klar ist aber: Auf Dauermagnete und somit auf seltene Erden wird Renault bei dem fremderregten Synchronmotor verzichten.
Über dem an der Vorderachse verbauten Motor wird übrigens ein weiteres Bauteil platziert, das weiter zur Platz- und Kostenersparnis beitragen soll: In einem Gehäuse werden die Leistungselektronik, das Batteriemanagement, der Onboard-Charger und der DC/DC-Wandler für das 12-Volt-System integriert.
Dafür lassen die Franzosen trotz aller Kostenoptimierungen ein Einsparpotenzial aus: das Fahrwerk. Da auch der Fahrspaß ein wichtiger Punkt im Lastenheft der Entwickler war, wird der Renault 5 als eines der ersten Modelle in diesem Segment eine aufwändige Mehrlenker-Hinterachse erhalten. In Kombination mit dem niedrigen Schwerpunkt dank der Batterie soll der Renault 5 „in seinem Segment Maßstäbe für Dynamik und Fahrspaß setzen“.
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