Wo Solaris herkommt und wo der Hersteller hinstrebt
Seit Jahresbeginn leitet Javier Iriarte die polnische Marke Solaris Bus & Coach unter dem Dach der spanischen Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles-Gruppe. Wie sich der Busbauer unter dem neuen spanischen Topmanager positioniert und welches Fazit Iriarte zu 2022 zieht, lesen Sie im folgenden Überblick.
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Über den Wechsel an der Solaris-Spitze hatten wir Anfang des Jahres berichtet. Javier Iriarte hat nun im Zuge seines offiziellen Rückblicks auf das Geschäftsjahr 2022 erstmals publik gemacht, welche Ziele und Projekte Solaris unter ihm anstrebt. Der Spanier kennt das polnische Unternehmen bereits gut: Seit 2018 war er stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates von Solaris und dieser Funktion für die strategische Entwicklung und Transformation des Busherstellers verantwortlich.
Zu 2022 nimmt Iriarte wie folgt Stellung: „Zum ersten Mal in unserer Geschichte haben Omnibusse mit emissionsfreiem oder emissionsarmem Antrieb mehr als die Hälfte des Anteils am Absatzmix ausgemacht, in Summe waren es genau 55 %.“ Konkret wurden vergangenes Jahr 1.492 Omnibusse ausgeliefert, 823 davon emissionsfrei oder emissionsarm. “Der Wandel der Antriebe in Europa finde jetzt und hier statt“, betont der neue Mann an der Spitze.
Europaweit hat Solaris gemäß einer Statistik von Chatrou CME Solution in 2022 im Segment der BEV- und FCEV-Busse einen Marktanteil von 11,2 % und damit den zweiten Platz inne. Blicke man auf die Entwicklung des Marktes und die letzten zehn Jahre der neu zugelassenen Elektrobusse, dann sei es der erste Platz, betont Iriarte. Zu den größten Kunden zählten im vergangenen Jahr Unibuss AS (Norwegen, 183 E-Busse), ATM Mailand (Italien, 140 E-Busse), Rīgas Satiksme (Lettland, 35 E-Busse), Posen (Polen, 25 Wasserstoffbusse), Hermes (Niederlande, 10 O-Busse), Palma de Mallorca (Spanien, fünf Wasserstoffbusse) und Venedig (Italien, vier Wasserstoffbusse).
Großteil der Aufträge sind Busse mit alternativen Antrieben
Laut Javier Iriarte verzeichnete der polnische Busbauer 2022 „solide Verkaufsergebnisse“, insbesondere angesichts des schwierigen Marktumfelds und der hohen Inflation, die in Polen 2022 ein durchschnittliches Niveau von 14 Prozent erreichte. Konkret erwirtschaftete Solaris mit den 1.492 verkauften Fahrzeugen einen Umsatz von 696 Millionen Euro – etwa weniger als 2020 und 2021 (725 und 721 Millionen Euro). Der neue CEO geht davon aus, dass Linienbusse mit Batterie-, Hybrid- und Wasserstoffantrieb sowie Oberleitungsbusse künftig immer mehr zulegen. Ende 2022 hatte Solaris 1.369 Fahrzeuge im Auftragsbestand und 1.648 Einheiten im Auftragseingang. Rund 86 Prozent mit alternativen Antrieben, 61 Prozent davon BEV-Busse.
Solaris‘ Marktanteil in Deutschland stieg 2022 mit der Lieferung von 140 Bussen um 1,5 Prozentpunkte auf 5,3 Prozent. Im Polen hingegen sank er um 24 Prozent auf jetzt noch 247 Busse und damit einen Marktanteil von 43,1 Prozent. Erfolgreich war Solaris auf dem CAF-Heimatmarkt in Spanien: Mit 247 Bussen (+ 9 Prozent) erreichte der Hersteller einen Marktanteil von 25,4 Prozent.
Um seine weiteren eMobility-Ambitionen zu untermauern, hat das Unternehmen auf sein Werksgelände in Bolechowo 2022 einen eigenen Bus-Ladepark und eine 10.000 Quadratmeter große Lagerhalle eingeweiht. Der Ladepark ist mit Systemen drei verschiedener Hersteller bestückt und unterstützt bidirektionales Laden – ein Novum in Polen. Ausführlich berichtet hatten wir über diese Neuinstallationen in einem früheren Bericht.
Iriarte zufolge sind in den Auftragsbüchern gegenwärtig 20 verschiedene Baumuster vertreten – nämlich Fahrzeugen mit neun bis 24 Metern Länge und dazu verschiedenen Antrieben (BEV, FCEV, Trolley und Hybrid). Künftig wird dort auch ein neuer Urbino 18 electric Einzug halten. Dessen Premiere kündigt der neue Chef für diesen Herbst auf der Busworld in Brüssel an. Einige Details liefert er schon vorab: So werden die Batteriemodule künftig auf dem Dach platziert, der Motorturm verschwindet im Gegenzug. Und die Batteriekapazität will Solaris erhöhen, außerdem soll der Gelenkbus der nächsten Generation mit einer modularen Driveline vorfahren.
Für die Fachmesse ElekBu auf der VDV-Elektrobuskonferenz kündigt Iriarte einen Urbino 18 electric an, der mit zwei Antriebsachsen und den sogenannten Solaris High Energy-Batterien mit einer Kapazität von über 550 kWh ausgestattet sein wird. Die Batterien können dann entweder per Steckdose oder über einen Stromabnehmer aufgeladen werden und übertragen die Energie auf vier 125 kW starke Motoren, die in beiden Antriebsachsen eingebaut sind.
Ein Ausrufezeichen setzt der neue Mann an der Spitze schließlich mit der Ankündigung, auch im Überlandsegment angreifen zu wollen. Dort könne Solaris das Wissen aus dem Stadtbusbereich übertragen und weitere neue elektrisch angetriebene Fahrzeuge launchen, die ihre Premieren in den nächsten Jahren feiern werden. Die polnische Busmarke soll zudem über hauseigene Kontakte Synergien mit dem Eisenbahngeschäft der CAF-Gruppe heben. Iriarte schwebt konkret vor, dass Solaris die bereits vorhandene Vertriebs- und Produktionsstruktur in den USA nutzt, um in das nordamerikanische Geschäft mit Elektrobussen einzusteigen. Die Premiere hier: Ab 2026 könnten erste Urbino electric auf nordamerikanischen Straßen fahren.
Autor: Rüdiger Schreiber
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