BDEW fordert einfachere Förderprogramme für Ladesäulen-Ausbau

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat im neuen „BDEW-Elektromobilitätsmonitor“ aktuelle Kennzahlen zum Hochlauf der Elektromobilität zusammengetragen. Aus diesem Datensatz, der regelmäßig neu herausgegeben werden soll, will der Verband technologische Trends ableiten – und aufzeigen, was man (für die Politik) aus den bisherigen Marktentwicklungen lernen könne.

Die übergeordneten Erkenntnisse überraschen angesichts der bereits bekannten Daten des KBA zu den Neuzulassungen und der Bundesnetzagentur zu den öffentlichen Ladepunkten kaum: 2022 war für die Elektromobilität ein Rekordjahr. Die Zahl der E-Auto-Neuzulassungen war nicht nur mit dem Monats-Rekord im Dezember so hoch wie noch nie, auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur geht voran – vor allem bei den HPC-Ladern mit 150 kW und mehr hat sich die Zahl von 3.851 auf 7.037 um mehr als 80 Prozent gesteigert.

Auf die Daten des KBA und der BNetzA beruft sich übrigens auch der BDEW-Elektromobilitätsmonitor, in der Präsentation verwendet der BDEW auch Grafiken aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die aber zum Teil wieder auf KBA-Daten basieren. „Wir glauben an den Erfolg der Elektromobilität. Wir wissen, dass immer wieder einige Mythen und Sorgen diskutiert werden“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Mit dem BDEW-Elektromobilitätsmonitor wollen wir dazu beitragen, die Diskussion zu versachlichen.“

Im ersten Teil des Elektromobilitätsmonitors, dem Fahrzeughochlauf, werden nicht nur die Gesamtzahlen betrachtet, sondern auch die regionale Verteilung der Elektroautos in Deutschland. In absoluten Zahlen liegt Berlin mit 11.454 privaten Elektro-Pkw vorne – kommerzielle Fahrzeuge wie elektrische Carsharing-Autos wurden hier herausgerechnet. Mit einem E-Anteil von 1,1 Prozent unter allen Privatwagen kommen die BEV in der Hauptstadt aber noch unter den Bundesschnitt von 1,3 Prozent. In relativen Anteilen liegt übrigens Wolfsburg mit 3,0 Prozent privater E-Autos vorne.

Kürzung des Umweltbonus war „sicher nicht hilfreich“

Klar ist aber: Egal ob mit 1,1 oder 3,0 Prozent ist der Anteil von Elektroautos im Bestand noch überschaubar. Er wächst zwar, aber nicht schnell genug. Erst recht nicht schnell genug, um das politische Ziel von 15 Millionen E-Autos im Jahr 2030 zu erreichen. In dem vom BMWK selbst veröffentlichten „Business as usual“-Szenario dürften es in dem Zieljahr nur acht Millionen BEV sein. Es müssen also zusätzliche Maßnahmen her.

„Das Zurückfahren des Umweltbonus war ein Hebel, der sicher nicht hilfreich war“, sagt Andreae bei der Online-Vorstellung des BDEW-Berichts. „Denn der Preis ist für die Menschen ein wichtiges Thema, der Umweltbonus hat hier eine gewisse Abhilfe geschafft.“

Da Andreae dem Verband der Energie-Unternehmen vorsteht, will sie bei möglichen Maßnahmen weniger über strengere Grenzwerte oder Bonus-Malus-Systeme für Fahrzeuge sprechen, sondern über das Ladeangebot, um die E-Autos attraktiver zu machen. Der einfachere Zugang zu Flächen und „noch nicht ausreichend gehobenes Potenzial des Ladens beim Arbeitgeber“ seien stattdessen wichtige Punkte.

Die Daten-Grundlage hierfür bildet der zweite Teil des Elektromobilitätsmonitors zum Hochlauf bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Insgesamt 80.541 öffentliche Ladepunkte waren der Bundesnetzagentur am 1. Januar 2023 gemeldet, ein Zuwachs von 35 Prozent innerhalb eines Jahres. Insbesondere ist die installierte Ladeleistung gegenüber 2021 massiv angestiegen. Das Ladeangebot hat sich also deutlich verbessert – als Ladeangebot versteht der BDEW die Kombination aus der reinen Anzahl der Ladepunkte und deren Ladeleistung. „Wenn ich einkaufen gehe, zähle ich nicht die Anzahl der Münzen in meinem Portemonnaie, sondern deren Wert“, erklärt Andreae anschaulich.

„Was zu Beginn richtig war – das Zählen der Anzahl der Ladepunkte – ist heute technisch überholt“, wiederholt die BDEW-Vorsitzende die bekannte Schlussfolgerung des Verbands. „Es gab enorme technische Entwicklungen auf der Fahrzeug- und Infrastrukturseite. Deshalb halten wir das Ziel von einer Million Ladepunkte bis 2030 für überholt – stattdessen ist die installierte Ladeleistung relevant.“

Das ist auch – zumindest auf europäischer Ebene – inzwischen in der Politik angekommen. In dem (laut dem BDEW Trilog-geeigneten) Entwurf für die AFIR, also die Richtlinie für alternative Kraftstoffe, sind keine absoluten, sondern leistungsbasierte Zielweite vorgesehen. Je Elektro-Pkw sollen 1,3 kW installiert sein, hinzu kommen 0,8 kW pro Plug-in-Hybrid im Bestand. Hochgerechnet auf Deutschland ergibt sich so ein Zielwert von 2,02 GW installierter Ladeleistung. Da zum Stichtag 1. Januar 2023 aber bereits 2,47 GW installiert waren, würde Deutschland diese Vorgabe bereits um rund 20 Prozent übertreffen.

Der BDEW wiederholt in diesem Zuge auch die Aussage, die zum Beispiel der für Elektromobilität zuständige Abteilungsleiter Jan Strobel im Januar bei unserer Online-Konferenz „electrive.net LIVE“ getätigt hatte: Der Hochlauf des Ladeangebots sei derzeit vor allem marktgetrieben, der Anteil der vom BMDV geförderten Ladepunkte sei von 31 Prozent im Jahr 2019 bereits auf 25 Prozent in 2021 gesunken.

„Die Bundes-Förderung ist kein primärer Treiber des Ladesäulenausbaus“, sagt Andreae. „Unternehmen verzichten sogar auf Förderung, da sie mit viel Bürokratie verbunden ist. Der Ausbau läuft dennoch, eben vor allem wettbewerbsgetrieben, weil die Unternehmen an den Erfolg der E-Mobilität glauben. Dies sorgt für Innovation, Tempo und Flächendeckung.“

Einfachere Förderprogramme mit weniger Bürokratie gefordert

Die BDEW-Vorsitzende verweist dabei auch auf die „Wallbox-Förderung“ für private Ladepunkte – bei dem extrem einfachen Antragsverfahren für Privatleute sei das Interesse enorm gewesen. Klar ist aber auch: Davon haben vor allem Eigenheim-Besitzer profitiert, die ihr persönliches Lade-Problem mit einer Wallbox in der eigenen Garage lösen können.

„Alle anderen Szenerien, also Mieter sowohl im Mehrfamilienhaus in der Großstadt oder auch von Wohnungen und Häusern auf dem Land, bewegen sich im öffentlichen und halböffentlichen Bereich. Es gibt Flächen in den Kommunen, etwa im Einzelhandel, aber auch beim Arbeitgeber“, so Andreae. „Wir brauchen hier Zugang und einfache und unbürokratische Förderprogramme, um hier schnell und umfangreich Ladeinfrastruktur aufzubauen. Die Unternehmen wollen Ladepunkte bauen, noch stehen aber Hürden im Weg.“

Im dritten Teil des Elektromobilitätsmonitors betrachtet der BDEW die Nutzerperspektive – und beruft sich dabei auf eine eigene Nutzerumfrage, die im vergangenen Herbst gemeinsam mit Uscale durchgeführt wurde. Demnach würden sich 99 Prozent aller E-Autofahrerinnen und E-Autofahrer wieder ein E-Auto kaufen. Sorgen zur Reichweite und zum Laden, die sie vor dem Autokauf hatten, haben sich aufgelöst. Stattdessen sehen sie deutliche Probleme bei der Lieferzeit und den Anschaffungskosten von E-Pkw.

Bei diesem Punkt geht auch Andreae mit ihren Forderungen über die Ladeinfrastruktur hinaus: Der Bund müsse eine „15 Millionen E-Auto Strategie“ auflegen – zur Verbesserung der Fahrzeugverfügbarkeit und der Anschaffungskosten.
Quelle: Webcast, bdew.com (Mitteilung), bdew.com (Präsentation als PDF)

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