„Neuartige Batteriekonzepte und Entwicklungstrends“ – Ferdinand Ferstl von P3 Automotive
Bei der 27. Ausgabe unserer Online-Konferenz „electrive.net LIVE“ blickte Ferdinand Ferstl, Team Lead E-Mobility Industrialization bei P3 Automotive, auf die aktuellen Trends in der Batterie-Entwicklung.
„Die vier Trends Gewicht/Energiedichte, Kosten, Sicherheit und Nachhaltigkeit sind die Treiber der Batterie-Entwicklung“, berichtete der Batterie-Experte der Unternehmensberatung. „Da sie je nach Markt und Kunde unterschiedlich stark gewichtet werden, ergeben sich so unterschiedliche Lösungen.“
Als Beispiel führte Ferstl die Batteriepacks aus dem BMW i4, Tesla Model 3 Long Range und Hyundai Ioniq 5 an – alle kommen auf einen vergleichbaren Energiegehalt, mal mit Vorteilen bei der gravimetrischen Energiedichte, mal bei der volumetrischen. Aber: Da es sich im prismatische Zellen (BMW), Rundzellen im Tesla und Pouch-Zellen im Hyundai handelt, gibt es auch Unterschiede beim Aufwand, der für die Sicherheit der Batterie notwendig ist, aber auch bei der Elektronik-Architektur rund um die Batterie und dem Kühlsystem. Und es handelt sich bei allen drei Batterien um den klassischen Aufbau mit Modulen als Zwischenschritt.
Der dabei wichtige Punkt: Einige der Maßnahmen, mit denen die vier Trends in den neuen Batterien umgesetzt werden können, sind nicht kompatibel und arbeiten gegeneinander. Um etwa das Gewicht zu senken, können die Unternehmen auf Leichtbaumaterialien setzen, unterschiedliche Funktionen in einem Bauteil zusammenfassen oder etwa auf Cell-to-Pack- oder Cell-to-Chassis-Konzepte setzen. Möchte man hingegen die Sicherheit verbessern, werden zum Beispiel ein aufwändigeres brandsicheres Gehäuse oder Systeme zum Vermeiden thermaler Propagation (dass eine beschädigte und überhitzte Zelle benachbarte Zellen über den kritischen Punkt hinaus erhitzt) nötig. Das erhöht aber das Gewicht. Ähnliches gilt, wenn man die Nachhaltigkeit und Recyclingfähigkeit einer Batterie verbessern will: Wenn eine Batterie so ausgelegt wird, dass sie einfach zu reparieren und für das Recycling schnell zu demontieren ist, läuft das in der Regel den derzeit verbreiteteren Trends zu Cell-to-Pack-Systemen und der weiteren Integration entgegen.
Um das zu untermauern, verwies Ferstl auf zwei Fahrzeuge von BYD, denn beim Han EV und Seal kommen zwei unterschiedliche Varianten der hauseigenen Blade-Batterie zum Einsatz. Im Han werden 92 große Batteriezellen in ein relativ leichtes Batteriegehäuse gesetzt und sind darin wie Streben strukturell belastet – ein Cell-to-Pack-Konzept. Im BYD Seal werden die prismatischen Zellen mit dem Gehäuse und Gehäusedeckel verklebt, der Deckel des Batteriegehäuses dient dann als Fahrzeugboden. Dieses Cell-to-Chassis-Konzept verringert zwar weiter das Gewicht und ermöglicht potenziell höhere Reichweiten. Einfach zu reparieren und zu recyceln ist eine solche verklebte Batterie aber nicht.
„Europäische Autobauer haben noch keine Cell-to-Pack- oder Cell-to-Chassis-Modelle auf dem Markt, die werden bis zur Mitte des Jahrzehnts kommen“, so Ferstl. „Damit liegen sie etwa drei bis vier Jahre hinter den chinesischen Wettbewerbern.“ Eine weitere Entwicklung aus Asien: Dort sind auch bereits Cell-to-Pack-Batterien angekündigt, die auf nicht-prismatischen Zellen basieren sollen, etwa von LGES und Farasis mit Pouchzellen – bisher nutzen Cell-to-Pack-Systeme entweder Rundzellen oder wie bei BYD prismatische LFP-Zellen.
Ferstls Eindruck: „Die europäischen OEM sind an genau diesen Themen dran, es dauert jetzt aber eben noch diese drei bis vier Jahre, bis dieses Systeme dann auf den Markt kommen. Die Industrie ist auf dem richtigen Weg, muss aber in diese Richtung weiter denken!“
0 Kommentare