Ladepunkte-Rollout: Regierung soll intern von 1-Million-Ziel abgerückt sein

Bild: Ford

Die deutsche Bundesregierung verfolgt ihr bisheriges Ziel von einer Million öffentlich zugänglichen Ladepunkten bis 2030 offenbar nicht weiter. Hintergrund ist einem Agenturbericht zufolge der Umfang des heimischen Ladens: Auf jeden öffentlichen Ladepunkt in Deutschland sollen inzwischen etwa zehn private Anschlüsse kommen.

Diese Entwicklung habe die Bundesregierung nicht in diesem Umfang erwartet, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg und zitiert unter anderem einen Sprecher des FDP-Verkehrsministeriums mit den Worten, dass das Ziel von einer Million öffentlich zugänglichen Ladepunkten bis 2030 offiziell noch immer bestehe, doch dass es laut in die Pläne eingeweihter Personen intern nicht weiterverfolgt werde.

Das 1-Millionen-Ziel wurde bekanntlich 2021 von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag festgelegt, spiegelt aber laut Bloomberg „nicht den technologischen Fortschritt und sich ändernde Präferenzen wider und birgt das Risiko, dass öffentliche Ladestation gebaut werden, die kaum genutzt werden“. Anfang 2023 waren in der Bundesrepublik etwa 85.000 öffentlich zugängliche Ladestationen am Netz, darunter zu fast einem Fünftel Schnellladestationen.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) argumentiert schon länger, dass das Ziel von einer Million öffentlichen Ladepunkten veraltet sei. „Eine realistische Bedarfseinschätzung berücksichtigt die Technologieentwicklung, das Nutzungsverhalten und den Hochlauf der E-Fahrzeuge. Insbesondere das Schnellladen ist ein Gamechanger. Wenn die Bundesregierung den Ausbau unterstützen möchte, sollte sie dafür vor allem zeitnah staatliche Flächen mobilisieren und die Genehmigungen vereinfachen. Die detaillierte Planung des Ladesäulenausbaus ist keine staatliche Aufgabe“, heißt es in einer BDEW-Stellungnahme von Januar 2023.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, wurde jüngst noch deutlicher: „Das Ladeangebot wird häufig zu Unrecht kritisiert, da sich viele an den im Koalitionsvertrag vermerkten eine Million Ladepunkten bis 2030 orientieren. Um es klar zu sagen: Dieses Ziel ist technisch überholt, da es die Ladeleistung nicht berücksichtigt.“ Da die Ladeleistung und Reichweite der verfügbaren Elektroautos stetig steigen, müsse diese Entwicklungen auch bei den Ausbauzielen berücksichtigt werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich übrigens auf Anfrage von Bloomberg nicht zum 1-Million-Ziel und verwies die Nachrichtenagentur stattdessen auf das Verkehrsministerium, das offiziell die Rückmeldung gab, dass „die Bundesregierung an dem Ziel aus dem Koalitionsvertrag festhält“.
bloomberg.com

4 Kommentare

zu „Ladepunkte-Rollout: Regierung soll intern von 1-Million-Ziel abgerückt sein“
Matthias
08.06.2023 um 11:40
Zu Hause Laden ist das bequemste und billigste (von Gratisladern mal abgesehen). Klar wird jeder, der das kann, auch machen. Das ist ja gerade einer der Vorteile eines E-Autos. Und das sind auch die ersten, die umsteigen. Die öffentlich geladenenen Energiemengen werden erst steigen wenn auch nicht-Heimlader umsteigen. Das kommt aber erst langsam.
Frank W.
08.06.2023 um 12:09
Schaut man sich Zahlen zur Ladeinfrastruktur in Europa an, fällt auf, dass wir in Deutschland mit inzwischen 10,2% HPC Ladestationen den höchsten Anteil von HPC Infrastruktur gemessen am öffentlicher Ladeinfrastruktur haben. Die Niederlade oder Belgien haben über 95% AC-Lader im öffentlichen Raum. Dass dies sehr wahrscheinlich auch nicht der Weg für Autofahrer sein wird, die im Mietshaus keinen Zugang zur eigenen Ladestation haben, scheint immer wahrscheinlicher. Supermarktketten wie LIDL, Aldi, REWE usw. setzen inzwischen auch vermehrt auf 50kW+ bis hin zu 350kW Infrastruktur. So kann inzwischen selbst der durchschnittliche Arbeitspendler bei ein oder zwei EInkäufen in der Woche seinen Akku laden.https://www.chargeupeurope.eu/2023-state-of-the-industry
JK
09.06.2023 um 18:54
Autos stehen bis zu 99% rum, meistens auf öffentlichen Plätzen. Warum sollte man da keine AC Ladepunkte bauen um in der Zeit zu laden. Warum in den 15 Minuten wo man am Tag damit einkaufen ist? Sicher ist das auch ein Anwendungsfall, aber dieses pushen von HPC versteh eich nicht. HPC is soooo teuer Verhältnismäßig.
Andreas V.
10.06.2023 um 01:05
Wer rückt hier vom Millionen-Ziel ab? Ist doch bestimmt unser nutzloser Verkehrsminister, der die Energiewende-(Miß-)Erfolge seines Sektors ja eh schon nicht mehr ausweisen muß. Und jetzt redet man sich gerade schön, daß doch gar nicht soviel Ladeinfrastruktur gebraucht wird, weil die Autos ja alle ausreichend große Batterien haben.Sollte es nicht mal das Ziel sein mit möglichst flächendeckender Ladeinfrastruktur die Voraussetzung zu schaffen, damit die Autos mit nicht ganz so großen Batterien trotzdem überall hin kommt?Hat da wieder jemand was nicht verstanden, und macht sich die die Welt wie sie ihm gefällt?? "Oh, mir ist gerade eingefallen, daß ich schon wieder nichts tun muß für mein Geld (außer neue Narrative zu erfinden)."

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