eMobility-Impulse: Von teilautonomen E-Shuttles bis Mieterstrom
Drei kürzlich abgeschlossene Projekte aus dem Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität“ haben das Potenzial, Impulse für die Weiterentwicklung der Elektromobilität in Deutschland zu setzen. Wir fassen die Ergebnisse der Projekte ABSOLUT, ERIKA und WINNER Reloaded im Folgenden zusammen.
Das in Leipzig realisierte und im November 2022 finalisierte Projekt ABSOLUT setzt im Bereich des hochautomatisierten Personenverkehrs an. Für eine verbesserte ÖPNV-Anbindung installierten und testeten die Beteiligten einen bedarfsgerechten Shuttleverkehr mit hochautomatisiert fahrenden Elektrobussen. „Nach knapp hundert Testfahrten auf der Teststrecke S-Bahnhof Messe bis BMW Group Werk Leipzig konnte der Gesamtprozess – von der Kundenbuchung anhand von Fahrzeugverfügbarkeit über die Einsatzplanung und Übermittlung des Fahrauftrags an den Bus bis hin zu der Fahrgastbeförderung – als ganzheitliche On-Demand-Verkehrslösung dargelegt werden“, heißt es in einer begleitenden Mitteilung.
Ein Alleinstellungsmerkmal des Projekts war die von den Behörden erteilte Erprobungsgenehmigung im öffentlichen Straßenraum für hochautomatisiertes Fahren (Level 3) bei ortsüblichen Fahrgeschwindigkeiten (50 – 70 km/h). Eine solche Genehmigung im öffentlichen Straßenverkehr sei bislang in Deutschland lediglich für das Fahren auf Autobahnen bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h für wenige Fahrzeug-Typen erteilt worden, so die Initiatoren. Fahrzeuge mit dem Autonomielevel 3 können bestimmte Fahraufgaben selbstständig und ohne menschlichen Eingriff bewältigen, allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum und unter geeigneten, vom Hersteller vorgegebenen Bedingungen.
„Mit dem Projekt ABSOLUT wurde ein wichtiger Beitrag zum zukunftsweisenden automatisierten On-Demand- ÖPNV und damit zur Stärkung der nachhaltigen Mobilität in Leipzig geleistet. Gleichzeitig konnten im Verkehrsmanagement der Stadt praxiserprobte Erkenntnisse gewonnen sowie technische Grundlagen für den Betrieb der Verkehrstechnik für das automatisierte Fahren geschaffen werden. Damit ist Leipzig für zukünftige Entwicklungen in der Digitalisierung der Mobilität gut aufgestellt“, äußert Thomas Dienberg, Bürgermeister und Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau der Stadt Leipzig. Die im Projekt entstandene innovative Verkehrsdienstleistung soll perspektivisch in das Angebot der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) integriert werden.
Das Projekt ERIKA – abgeschlossen im Mai 2022 – bringt unterdessen den Einsatz intelligenter
Kommunikationstechnologien in automatisierten Fahrzeugen voran. Denn: Sollen in Zukunft komplett autonome elektrische Fahrzeuge zum Einsatz kommen, braucht es dafür eine sichere und stabile Echtzeitkommunikation der Fahrzeug-Steuergeräte. Die Datenkommunikationssysteme müssen dabei in der Lage sein, große Datenmengen im Fahrzeug empfangen, verarbeiten und senden zu können. Hier setzt das Forschungsprojekt ERIKA an: Inhalt und Ziel des Projekts war die Untersuchung eines redundanten Kommunikationssystems, das die Übertragung der Daten für die automatisierte Fahrzeugführung zuverlässiger und sicherer macht.
Als Kerntechnologie fungiert dabei das Orthogonal Frequency Division Multiplexing – ein System, das verschiedenartige Kommunikationswege mit einer robusteren und flexibleren Datenübertragung ermöglicht – und gleichzeitig die Ausfallsicherheit im Fahrzeug erhöht, Fehler schneller erkennt oder gar vermeidet. Zudem sei die OFDM-Technologie stetig optimierbar und erweiterungsfähig, so die Projektinitiatoren.
„Mit der OFDM-Technologie machen wir die Fahrzeugarchitektur fit für die Zukunft. Statt jede Evolutionsstufe neu zu entwickeln, ist OFDM beliebig skalierbar und ermöglicht vereinfachte Bordnetzstrukturen. Gleichzeitig ist es vielseitig einsetzbar und stellt damit eine wichtige Grundlage für zukünftige E/E-Architekturen dar“, unterstreicht Christoph Arndt, ERIKA-Konsortialleiter, der das Ziel – nämlich die Einsatztauglichkeit der OFDM-Technologie als potenzielles zukünftiges In-Vehicle-Kommunikationssystem auszuloten – als erreicht betrachtet.
„Die Technologie funktioniert nicht nur theoretisch, sondern auch unter praktischen Einsatzbedingungen im Fahrzeug. Für die Forschung konnte das Projekt demonstrieren, dass speziell mit dem Fortschreiten der Leistungsfähigkeit moderner Signalverarbeitungslösungen immer leistungsfähigere Systeme in die Realität umgesetzt werden können“, so Arndt. Im nächsten Schritt komme es nun auf weitere Akteure in der Branche an, um die Standardisierung und Industrialisierung der Technologie sowie die Forschung und Erweiterung der Leistung und Fähigkeiten voranzutreiben.
Ein ganz anderes Feld beackerte das im Dezember 2022 abgeschlossene Projekt WINNER Reloaded. Das Vorhaben widmete sich der Umsetzung von Mieterstrom-Modellen und dem Ladeinfrastruktur-Aufbau für Mieter und die Öffentlichkeit an insgesamt drei Standorten. An einem der Standorte – „der tanzenden Siedlung“, einem neu errichteten Wohnpark der Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft eG (CSg) – realisierte das Konsortium beispielsweise ein Mieterstrommodell. Seitdem wird die gesamte Mieteinheit mit vor Ort erzeugtem Strom aus der Photovoltaikanlage sowie zusätzlich mit Ökostrom aus dem öffentlichen Netz versorgt. Die Stellplätze der Mieterinnen und Mieter sind mit Wallboxen ausgestattet. Zudem sind am Wohnpark fünf öffentlich zugängliche Ladepunkte entstanden und ein Projektpartner hat vor Ort eine E-Carsharing-Station aufgebaut. „Die Wohnanlage funktioniert als sogenanntes Micro Smart Grid, dessen Steuerung über ein Energie- und Lastmanagement erfolgt“, fassen die Projektteilnehmer zusammen.
In WINNER Reloaded habe eine Wohnungsgenossenschaft alle notwendigen Schritte zum Aufbau und Betrieb einer Mieterstromanlage sowie der Ladeinfrastruktur erproben können, heißt es. Und: „Die Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass Vereinfachungen und Harmonisierungen der Rahmenbedingungen – wie u.a. Energierecht
oder Genossenschaft – zwingend notwendig sind, um einen flächendeckenden Durchbruch für Mieterstromprojekte in der Wohnungswirtschaft zu erreichen.“ An allen Projektstandorten wird die errichtete Infrastruktur über das Projektende hinaus weiter genutzt und entwickelt. Die Einbindung bidirektionaler Speicher- und Lademöglichkeiten in Mieterstromprojekte soll nun den nächsten Schritt darstellen.
Alle drei Projekte sind wie eingangs erwähnt Teil des Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität“. Im Rahmen der aktuellen Förderrunde setzt das Programm den Fokus auf intelligente Anwendungen im Bereich der gewerblichen Elektromobilität, Logistik und Energie. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bezuschusst über das Technologieprogramm bereits seit 2009 Vorhaben, die mittels Informations- und Kommunikationstechnologien intelligente Anwendungen für Mobilität, Logistik und Energie entwickeln. Zurzeit werden 19 Pilotprojekte gefördert.
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