Jake Dennis ist Formel-E-Weltmeister
Der neue Formel-E-Weltmeister heißt Jake Dennis. Der Brite aus dem Porsche-Kundenteam Avalanche Andretti fuhr bei beiden Rennen des Saisonfinales der elektrischen Rennserie in London aufs Podium und holte sich mit 229 Punkten den Fahrertitel.
Nach dem vorletzten Saison-Event in Rom war Dennis bereits als Favorit in die beiden Final-Rennen in London gestartet. Im Samstagsrennen in London reichte dem Briten ein zweiter Platz hinter Rennsieger Mitch Evans im Werks-Jaguar, um sich den ersten Fahrertitel in der Gen3-Ära der Formel E zu sichern.
Ein pikantes Detail: Sein erster Verfolger in der Fahrerwertung, der Neuseeländer Nick Cassidy im Jaguar-Kundenteam Envision Racing, schied ausgerechnet nach einer Kollision mit seinem Teamkollegen Sebastien Buemi aus – nachdem er in Rom nach einer Kollision mit seinem Jaguar-Kollegen Evans ebenfalls ohne Punkte geblieben war. Während Dennis das Sonntag-Rennen in Rom gewann und am Samstag in London wieder auf dem Podium stand, ging Cassidy in zwei der letzten drei Rennen leer aus.
Mit Evans im Werks-Jaguar vor Dennis im Kunden-Porsche, Buemi im Kunden Jaguar und dem Briten Sam Bird im zweiten Werks-Jaguar gingen im Samstagsrennen drei der ersten vier Plätze an Rennwagen mit Jaguar-Antrieb, nur der Andretti-Porsche von Dennis konnte die Dominanz des Jaguar-Antriebs brechen. Am Samstag konnte sich aus dem zu Saisonbeginn dominanten Porsche-Werksteam nur Pascal Wehrlein als Neunter zwei Punkte sichern.
Doch dieses Ergebnis spiegelt nicht den Rennverlauf wider uns steht nach einem Protest von Porsche auch noch unter Vorbehalt: Denn eigentlich hatte Felix Antonio da Costa im Werks-Porsche die Ziellinie als Zweiter überquert, wurde aber mit einer dreiminütigen Zeitstrafe belegt. Hintergrund ist, dass der Reifenlieferant Hankook einen Mindestdruck von 1,2 bar vorgibt, der nicht unterschritten werden darf. Bei da Costa war das aber ab Rennrunde 33 bis zum Ende der Fall. In jeder Runde wurde das Rennen nach einem Unfall von Sacha Fenestraz im Nissan unterbrochen, um die Barrieren zu reparieren. Da Costas Porsche hatte nach einem kleinen Schnitt im Reifen (vermutlich, weil er über ein scharfes Carbon-Trümmerteil gefahren war) etwas Luft verloren. Laut da Costa wurde während der Rennunterbrechnung noch von einem Offiziellen bestätigt, dass er ohne Reifenwechsel weiterfahren dürfte. Noch während die letzten vier Rennrunden liefen, wurde aber die Zeitstrafe ausgesprochen. Zudem musste in der Rennunterbrechung an Wehrleins Porsche auf Anweisung der Offiziellen der Frontflügel getauscht werden, da dieser beschädigt war. Wird in einer Unterbrechung am Auto gearbeitet, muss der Fahrer das Rennen vom letzten Platz wieder aufnehmen. Beide Vorfälle haben Porsche also viele Punkte gekostet, in der Team-Wertung zogen nach dem Samstagsrennen Jaguar und Envision Racing davon.
Im Sonntagsrennen konnten die prägenden Fahrer und Teams der zweiten Saisonhälfte nochmals unter Beweis stellen, dass ihre Platzierung in der Meisterschaft nicht zufällig war. In einem von starken Regenfällen unterbrochenen Rennen siegte Cassidy im Envision-Jaguar vor Evans im Werks-Jaguar und dem frisch gekrönten Weltmeister Dennis im Andretti-Porsche. An der Spitze des Feldes verlief das Sonntagsrennen für Formel-E-Verhältnisse erstaunlich unspektakulär. Der Regen (in London war nur ein Teil der Strecke betroffen, da der Kurs durch und um eine Messehalle führt) sorgten die Sichtverhältnisse dafür, dass Cassidy an der Spitze ohne das aufgewirbelte Wasser einen Vorteil hatte. Da dem Neuseeländer auch kein Fahrfehler auf der rutschigen Strecke unterlief, gewann er das Rennen souverän.
Für das Porsche-Werksteam konnte Wehrlein im letzten Saisonrennen als Zehnter noch einen Punkt holen. René Rast im McLaren-Nissan wurde Zwölfter und blieb somit genauso punktelos wie Maximilian Günther im Maserati als 14. und André Lotterer im zweiten Andretti-Porsche als 21.
In der Fahrerwertung kommt Dennis dank seiner 34 Punkte aus London auf insgesamt 229 Zähler. Um Platz 2 wurde es nochmals knapp: Am Ende wurde Cassidy mit 199 Punkten Zweiter, Mitch Evans kam mit insgesamt 46 Punkten in London noch auf 197 Zähler in der Endabrechnung. Da Pascal Wehrlein, der lange Zeit die Meisterschaft angeführt hatte, zum Ende der Saison nur noch wenige Punkte sammeln konnte, wurde er mit 149 Zählern Vierter. Zum Vergleich: Für die Plätze neun und sieben in Rom sowie neun und zehn in London gab es in den letzten vier Rennen für den Porsche-Fahrer nur elf Punkte. Weltmeister Dennis sammelte im selben Zeitraum 75 Punkte, Evans (trotz eines Ausfalls in Rom) 69 Punkte.
Aufgrund der Porsche-Schwäche zum Saisonende hatten die Zuffenhausener auch nichts mehr mit der Entscheidung in der Teamwertung zu tun. Hier triumphierte am Ende mit Envision Racing das Jaguar-Kundenteam (304 Punkte) vor dem Jaguar-Werksteam (292 Punkte) und Andretti-Porsche mit 252 Punkten (davon 229 von Dennis und nur 23 von André Lotterer). Mit 242 Punkten fiel das Porsche-Werksteam sogar noch auf Rang vier zurück – sollte der Protest von Porsche zu der Zeitstrafe für da Costa aus dem Samstagsrennen aber Erfolg haben, könnte es hier noch eine Änderung geben.
Aber egal, ob das TAG Heuer Porsche Formula E Team (so der offizielle Name) am Ende Dritter oder Vierter wird: Nach dem erfolgreichen Saisonbeginn mit Rennsiegen für beide Fahrer hatte sich Porsche sicher mehr ausgerechnet und muss mit dem weiteren Saisonverlauf enttäuscht sein. Dass das Auto mit dem Porsche-Antrieb auch auf den Strecken schnell war, auf denen das Werksteam nur wenige Punkte geholt hat, zeigen die Ergebnisse von Jake Dennis im Kundenteam. Am Fahrzeug kann es also nicht gelegen haben, was in den kommenden Wochen und Monaten sicher zu intensiven Analysen im Porsche-Werksteam führen wird.
Zu den heimlichen Siegern dieser Saison gehören die Jaguar-Ingenieure, die den Gen3-Antrieb für die Briten entwickelt haben – die ersten beiden Plätze in der Teamwertung sprechen für sich. Der Jaguar-Rennwagen war nicht nur die ganze Saison konstant eines der schnellsten Autos im Feld, sondern dabei auch im Energiemanagement sehr effizient. In der ersten Saisonhälfte haben aber teilweise eigene Fehler und mangelndes Rennglück bessere Platzierungen verhindert, weshalb der konkurrierende Porsche wohl etwas stärker aussah, als er tatsächlich war. Dass am Ende das Kundentram Envision vor dem Werksteam liegt, ist wohl auch mit den Fahrern zu begründen: Mit Cassidy und Buemi (Plätze 2 und 6 in der Fahrer-Wertung) hatte Envision das ausgeglichenere Duo. Bei Jaguar fiel Sam Bird als Achter in der Fahrerwertung deutlich ab und verursachte auch einige Unfälle – und kollidierte dabei sogar mit seinem Teamkollegen Evans.
Zu den weiteren deutschen Fahrern: Maserati-Fahrer Maximilian Günther konnte nicht nur den ersten Sieg eines Maserati-Einsitzers seit Juan Manuel Fangio holen, sondern auch weitere Podestplatzierungen. Da es aber auch immer wieder schwächere Rennen gab (in London punktelos) kam er mit 101 Punkten auf einen ordentlichen siebten Gesamtrang – und deutlich vor Vorjahres-Weltmeister Stoffel Vandoorne, der im DS-Penske den gleichen Antrieb nutzt. René Rast konnte für einige Highlights sorgen, fuhr aber auch zu viele Nuller ein – mit 40 Punkten Platz 13 direkt hinter seinem jungen McLaren-Teamkollegen Jake Hughes. André Lotterer konnte im Andretti-Porsche nur 23 Punkte sammeln, was Platz 18 bedeutet.
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