Toi Toi & Dixi setzt Toiletten-Transporter unter Strom
Die Toi Toi & Dixi Group hat sich eine ehrgeizige Strategie verordnet und will bis 2028 die Hälfte ihrer Neuwagen-Flotte mit alternativen Antrieben ausgerüstet haben. Ein weiterer Ansatz des in Ratingen beheimateten Unternehmens ist es, bestehende Mercedes-Transporter umrüsten zu lassen.
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Die CO2-Emissionen reduzieren – das hat die Toi Toi & Dixi Group zu einem ihrer strategischen Nachhaltigkeitsthemen mit höchster Priorität erklärt. Der Fokus des Unternehmens für mobile Sanitäreinheiten liegt dabei auf der Serviceflotte, die mit mehr als 2.700 Fahrzeugen und knapp 78 Millionen zurückgelegten Fahrkilometern im vergangenen Jahr für einen Großteil des CO2-Fußabdrucks der Gruppe verantwortlich war. Das ehrgeizige Ziel lautet: Bis 2028 sollen mindestens 50 Prozent aller neuen Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben ausgestattet sein. Hinzu kommt die Umrüstung bestehender Fahrzeuge in noch offenem Umfang.
Seit Ende 2022 ist mit dem Modell Heero des Herstellers E-Works Mobility aus Ismaning bei München der erste vollelektrisch angetriebene Umrüst-Transporter auf Basis des Mercedes Sprinter für Toi Toi & Dixi unterwegs. Bei der Vorstellung des Fahrzeugs vor einigen Monaten äußerte die Gruppe, dass es sich bei dem „partnerschaftlich gebauten Spezialfahrzeug um eine Weltneuheit im Bereich sanitärer Dienstleistungen“ handele. Das Fahrzeug erfüllt sehr spezielle Anforderungen, muss etwa auch Energie für das Pumpenaggregat vorhalten.
Aktuell absolviert das Fahrzeug etliche Einsätze, um seine Alltagstauglichkeit unter Beweis zu stellen. „Die Servicefahrer und ich sind begeistert. Wir haben tatsächlich keine technischen Probleme, obwohl es sich dabei um eine Neuentwicklung handelt“, lautet das Zwischenfazit von Holger Wirtz, Chief Technology Officer (CTO) bei Toi Toi & Dixi, nach rund sechs Monaten Praxiseinsatz.
Der Heero ist ein umgerüsteter 5,5-Tonner mit vollelektrischem Fahr- und Nebenantrieb, der über eine Leistung von 180 Kilowatt verfügt und damit als das derzeit leistungsstärkste Fahrzeug seiner Klasse gilt. Der Hersteller gibt die Reichweite mit bis zu 400 Kilometern an. Das Fahrzeug dient als Basis für den Fahrzeugaufbau von Toi Toi & Dixi, der jeweils zwei Toilettenkabinen sowie das Frisch- und Abwasser transportiert. Der Stromspeicher mit einem Energiegehalt von 110 Kilowattstunden sorgt bei diesem Spezialfahrzeug für die notwendige Autonomie und Energie.
„Wir haben bislang als Tagesbestleistung 190 Kilometer und 31 Services geschafft – damit war der Akku bei Ankunft auf dem Hof jedoch leer“, sagt Wirtz. Als Service bezeichnet das Unternehmen die Reinigung der Toilettenkabinen: Die Servicefahrer fahren die mobilen WCs an, saugen diese mit einem Vakuumschlauch aus und reinigen sie anschließend mit einem Hochdruckreiniger. Vakuum- und Hochdruckpumpe verbrauchen ebenfalls Energie der Fahrzeugantriebsbatterie, konkret „etwa acht bis neun Kilowattstunden, das ist deutlich weniger als wir dachten“, betont er. Willkommener Nebeneffekt: Auch die Lärmemissionen bei der Reinigung konnten durch die neue Technologie um sechs Dezibel reduziert werden.
Im Arbeitsalltag legt der Heero im Schnitt knapp 100 Kilometer zurück, und der Fahrer kann etwa 30 Services erledigen. „Diese Zahlen sind insofern für uns wichtig, als dass wir das Fahrzeug nicht nur im Innenstadtbereich, sondern auch mal für Überlandfahrten nutzen wollen“, erläutert der CTO. Derzeit sei der E-Transporter vor allem innerstädtisch oder im Vorstadtbereich unterwegs. Er kam aber auch schon in Thüringen, im Süden von München und in der Region Karlsruhe zum Einsatz. „Wir haben also topografisch durchaus anspruchsvollere Gebiete abgefahren.“
Der erste Meilenstein in Richtung E-Mobilität ist geschafft. Der Plan lautet nun, sukzessive einen Teil der bestehenden Flotte umrüsten zu lassen. Das sei insofern spannend, als dass den Sprintern nach vier oder fünf Jahren Laufzeit ein zweites Leben eingehaucht werden kann. Das senkt Wirtz zufolge nicht nur die Investitionskosten für den Fuhrpark, sondern zahle ebenso auf die Nachhaltigkeitsbestrebungen des Unternehmens ein. Da die Toi Toi & Dixi-Flotte pro Jahr um rund 160 Fahrzeuge wächst, sollen auch die Neuanschaffungen künftig alternative Antriebe haben.
Für den Heero als Pilotfahrzeug hat das Unternehmen rund 150.000 Euro in die Hand genommen. Wirtz rechnet aber damit, dass bei höheren Stückzahlen die Umrüstung vermutlich nur noch mit rund der Hälfte zu Buche schlagen wird. Man müsse die Entwicklung abwarten, der Markt sei extrem dynamisch. Die Nachfrage werde sicherlich weiter steigen und möglicherweise auch die Preise. Überzeugt ist der Technikchef aber davon, dass das Umrüsten eines älteren Fahrzeugs immer günstiger sein wird, als ein neues zu kaufen. „Wir wollen das auf jeden Fall weiter vorantreiben, damit wir schneller CO2-neutral werden können.“
E-Works Mobility hat sich dem Fachmann zufolge als technologisch weit fortgeschrittener Partner erwiesen, vor allem in Sachen Batteriekapazität und Gewicht. „Für das Umrüsten ist das Unternehmen daher im Augenblick sicherlich unser Favorit“, sagt Wirtz. Toi Toi & Dixi werde aber noch in diesem Jahr Elektroversionen von den traditionellen Automobilherstellern bekommen, um sie zu testen und herauszufinden, welche Lösung langfristig – auch bei Wartung und Reparatur – die beste ist.
Die Ladeinfrastruktur betreffend steht das Unternehmen noch am Anfang. Derzeit prüft es, welche Anbieter welche Dienstleistungen im Portfolio haben und wie sich das Angebot entwickelt. „Wir erarbeiten gerade Strategien und überlegen, mit welchen Herstellern wir zusammengehen könnten“, erläutert der Technikchef. Es sei aber noch zu früh, konkrete Aussagen zu treffen. Tatsache ist laut Wirtz aber, dass Toi Toi & Dixi an einigen seiner 113 Servicestandorte an die Kapazitätsgrenzen der Stromversorgung gestoßen ist und hier erst einmal in den Netzausbau investieren muss. Auch die Einbindung von Photovoltaikanlagen interessiert die Firma.
Der Heero kann zurzeit problemlos an allen Servicestandorten über Nacht am Hausstromanschluss geladen werden. Da die Servicefahrer in der Regel einschichtig arbeiten, wird das Fahrzeug dann ohnehin nicht bewegt. Außerdem kann es an öffentlichen Ladepunkten zwischenladen, falls erforderlich. „Wir benötigen also erst dann eine geeignete Ladeinfrastruktur, wenn wir über mehr E-Fahrzeuge verfügen“, so Wirtz.
Zur Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens gehört seit mehr als 20 Jahren zudem, über die Routenoptimierung der Servicefahrten die Stopp-Distanzen zu verringern. Damit werden die Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen ebenfalls gesenkt. Mithilfe von intelligenten Leit- und Telematiksystemen wollen die Nordrhein-Westfalen die Stopp-Distanzen in Kürze um weitere fünf Prozent reduzieren.
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