Erhalten der Mercedes EQS und EQE bald ein 800-Volt-System?

Mercedes-Benz wird seine Elektromodelle EQE und EQS angeblich ab 2025 auf ein 800-Volt-Bordnetz upgraden und damit höhere Ladeleistungen als 200 kW ermöglichen. Laut einem Bericht ist der Wechsel auf 800 Volt Systemspannung Teil eines größeren Upgrades der EVA2-Plattform, die dann als EVA2M bezeichnet werden soll.

Bei der EVA2 handelt es sich bekanntlich um die 400-Volt-Plattform, auf der die Baureihen EQE und EQS basieren, also sowohl die Limousinen als auch die entsprechenden SUV-Modelle (inklusive des Maybach-Ablegers des EQS SUV). Wie der Blog „JESMB“ erfahren haben will, erhält die EVA2 ein umfassendes Upgrade unter der Bezeichnung EVA2M – das „M“ steht für „Mopf“, die Mercedes-interne Abkürzung für Modellpflege. Eine Quelle hierfür wird nicht genannt, wohl aber die angeblichen Inhalte des Upgrades.

Dabei werden die bisherigen E-Motoren von Valeo durch den von Mercedes-Benz selbst entwickelten Antrieb eATS 2.0 ersetzt, der mit einem 800-Volt-Bordnetz operiert. Da die eATS 2.0 offenbar nur auf 800 Volt ausgelegt ist, muss auch bei der EVA2 die Spannungslage für den Antrieb geändert werden. Grundsätzlich soll die eATS-2.0-Einheit auch in den künftigen Plattformen MMA (CLA, sowie die nächste Generation des EQA und EQB) und der MB.EA-M (C-Klasse und GLC) verbaut werden. Die MB-EA-L für die großen E-Fahrzeuge ab 2028 soll laut „JESMB“ eine EDU3.0 genannte Antriebseinheit erhalten, EDU steht für Electric Drive Unit.

Bei der EVA2M sollen zudem eine neue SiC-Leistungselektronik und ein neuer Batteriezelltyp eingesetzt werden. Alleine die SiC-Leistungselektronik anstelle von Halbleiter aus reinem Silizium soll durch die geringeren Wärmeverluste die Reichweite um fünf Prozent erhöhen, so „JESMB“. Zu dem neuen Zelltyp heißt es lediglich, dass er „identisch mit der MMA Plattform“ sei. Ob es sich um eine andere Zellchemie oder den Wechsel des Zellformats handelt, wird nicht genannt.

Mit 800 Volt sind mehr als 200 kW Ladeleistung möglich

Klar ist aber: Durch den Wechsel auf 800 Volt Systemspannung fällt die derzeitige Obergrenze von 200 kW weg – da der CCS-Ladestandard auf eine Stromstärke von 500 Ampere begrenzt ist, sind bei 400 Volt nicht mehr als 200.000 Watt oder eben 200 kW möglich. Bei den über 100 kWh großen Batterien in den EQS-Modellen waren so keine sonderlich kurzen Ladezeiten möglich. Wie weit die Ladeleistung steigen und die Ladedauer sinken soll, wird aber nicht erwähnt.

Klar ist aber auch: Der Wechsel auf 800 Volt ist kein Selbstzweck, auch eine gute Ladekurve mit 400 Volt kann in der Praxis annehmbare Ladezeiten ermöglichen – gerade bei den recht hohen Reichweiten der aerodynamisch optimierten Mercedes-Limousinen ist dann meist ohnehin eine Pause nötig. Dass der halb so teure E-GMP-Hyundai oder -Kia aber später an der Ladesäule ankommt und dennoch früher die 80 Prozent erreicht als der teure Mercedes, dürfte die Luxus-Kundschaft der Stuttgarter nicht immer erfreuen.

Der Wechsel auf die eATS 2.0 bringt übrigens noch eine weitere Neuerung: Anders als der aktuelle Valeo-Antrieb mit starrer Übersetzung verfügt die eATS 2.0 über ein Zwei-Gang-Getriebe. In der EVA2M und MB.EA-M kommt die „Large“-Variante zum Einsatz. Hier ist die PSM stärker und das Getriebe ist an das erhöhte Drehmoment angepasst. Die Basis-Version der eATS 2.0 für die MMA-Modelle verfügt zwar auch über zwei Gänge, ist aber auf geringere Leistungen ausgelegt.

Mercedes hat in die 400-Volt-Version der EVA2 bereits einige Verbesserungen eingebracht (Wärmepumpe, 22-kW-Onboard-Charger sowie eine Decoupling-Unit bei den Allrad-Varianten für den vorderen Elektromotor), die für ein besseres Kundenerlebnis sorgen sollen – etwa durch eine höhere Praxis-Reichweite oder kürzere AC-Ladezeiten. Mit dem größeren Upgrade zur EVA2M stünde dann ein größerer Wechsel an.

Die Frage ist, welche Auswirkungen Berichte und Spekulationen über so massive Änderungen auf die Nachfrage der elektrischen Top-Modelle von Mercedes haben werden. Der Mercedes Maybach EQS 680 SUV startet zum Beispiel erst Ende 2023. Nun zeichnet sich bereits vor dem Markststart eine technisch deutlich verbesserte Variante für 2025 ab. Die EQS Limousine wird seit August 2021 verkauft. Dass es nach rund vier Jahren eine „Mopf“ geben wird, war hier zu erwarten – aber nicht unbedingt, wie umfangreich diese ausfällt.
jesmb.de

8 Kommentare

zu „Erhalten der Mercedes EQS und EQE bald ein 800-Volt-System?“
Max
21.08.2023 um 11:08
Dass mit dem Facelift der Wechsel auf 800 V stattfinden wird, war ein offenes Geheimnis.Mir stellt sich die Frage, warum nicht gleich auf 900 V gegangen wird? Schließlich ist jede moderne Säule für 1.000 V ausgelegt, und im Deutschlandnetz wird eine Mindestspannung von 920 V verlangt. Mir ist klar, dass MB-Fahrzeuge weltweit funktionieren müssen, aber auch anderswo sollte sich 1.000-V-Technik durchsetzen (bis auf China, wo meines Wissens bei 750 V Schluss ist, es also sowieso eine Sonderlösung geben wird, und in den USA werden es mit Tesla-Stecker auch keine 800 V, wobei 450 V statt 400 V in beiden Fällen bereits für höhere Ladeleistungen helfen dürften). Oder ist die Alterung der Leistungselektronik bei 900 V statt 800 V ein ernstes Problem? Kann mir jemand qualifiziert erklären, warum auf 800 V statt 900 V gesetzt wird? Danke!
EdgarW
21.08.2023 um 12:38
Max, 800V ist nur ein nominaler Wert , ein "800V"-System kann und darf deutlich höhere Spannungen erreichen. So erreicht z.B. der 58kWh-Akku des ID.3 bei 100% 460 Volt, es ist - nominal - ein 400V-System. Der EQS erreicht ebenfalls über 450V (genau 450V bei 90% SOC), Taycan knapp 840V. Die Werte hab ich von Bjørn Nylands Charging-Videos.Dass einige Hersteller angefangen haben, ihr System als "900V" zu deklarieren, ist reines Marketing.
Philipp
21.08.2023 um 14:29
Genau so ist es. Und an den Säulen ist die Spannung ja tatsächlich auf 1000V begrenzt. Wenn die Spannung in der Batterie am Ende der Ladung höher (oder gleich hoch) wie an der Säule ist, fließt kein Strom in den Akku. Lion-Zellen haben eine nominale Spannung von 3,6V, vollgeladen bei 4,2V und leer bei 2,5V. Ein 360V-Akku hat also 100 in Reihe geschaltete Zellen. Leer hat er 250V, voll 420V. Im Auto sind die Extreme nicht so hoch, weil der Akku nie ganz voll oder leer gefahren wird. Bei 250V und 500A fließen aber nur 125kW, bei 420V dann schon 210kW. An der Ladesäule wird die Leistung zum Akkuschutz natürlich reduziert. Beim Beschleunigen spürt man aber beim fast leeren Akku die fast halbierte Leistung, wenn die Stromstärke gleich bleibt.
Max
21.08.2023 um 13:23
Danke für die schnelle Erklärung! Also werden wohl beim Facelift-EQS vermutlich 900 V als Ladeschlussspannung erreicht werden, wenn es einfach eine Verdopplung durch eine neue Verschaltung der Module gibt. Weil die Spannung bei NMC-Zellen meines Wissens stark vom Ladestand abhängt, dürfte die Ladespannung bei 10 % SoC deutlich näher bei 800 V liegen, und das ist die Spannung, die die Leute nach dem Ladestart an der Säule angezeigt bekommen. Da verstehe ich die Hersteller, dass sie ihre Technik als 800 V bezeichnen, weil 900 V falsche Erwartungen erzeugen dürften.
Pete
22.08.2023 um 00:32
Das 400V System, fehlendes V2L und letztlich auch der Valeo-Antriebsstrang haben mich tatsächlich veranlasst, den EQE *nicht* zu kaufen. Zumindest nicht für den Preis, der dafür aufgerufen wird.Ich verstehe auch nicht, warum von den deutschen Premium Herstellern nur Porsche auf die Idee eines 800V Systems gekommen ist. Bei Rimac hat sonst nur noch Hyundai angefragt.Dabei liegt es nahe, durch höhere Spannung den Kabelquerschnitt, damit Kupfer, Geld und Gewicht zu sparen.
Peter Albert
22.08.2023 um 12:58
400V hat möglicherweise Kostenvorteile, ich brauche nur halb so viel Balancerelektronik und eventuell sind die Halbleiterbauteile in der Leistungselektronik billiger, was sich wahrscheinlich in Zukunft jedoch nivellieren dürfte... Die Kosten von höhervoltigen Transistoren scheint ein Thema zu sein. Fraglich, ob der geringere Kupferanteil beim 800V-System das aufwiegt..?
Sworksm5
22.08.2023 um 14:58
Warum bauen sie die Auto nicht einfach effizient...
Karl-Heinz Scharf
07.04.2024 um 23:05
Ist mir egal Ich fahre meinen EQE 300 seit 18 Monaten und bin damit sehr zufrieden. Als Private Person habe ich die ca. 30 Min. Ladezeit bei längeren Strecken mit eingeplant. Eine Wärmepumpe brauche ich auch nicht. Ich weiß nicht wofür. Ich fahre ca. 20000 km im Jahr und fahre bei gemischter Fahrstrecke ca. 98 km schnell , muss aber um diesen Schnitt zu erreichen auch mal 180 km schnell, wenn es geht, fahren. Mein Jahres KW Schnitt liegt bei 19 KW auf 100 KM.

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