Erweiterte eHighway-Teststrecke in Hessen geht in Betrieb
Der um sieben Kilometer verlängerte Abschnitt der eHighway-Teststrecke Hessen auf der A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt ist in Betrieb gegangen. Die Oberleitung kann nun in südlicher Fahrtrichtung zwölf Kilometer genutzt werden. Die Initiatoren liefern zudem ein Zwischenfazit zur bisherigen Erprobung.
Das teilt die Autobahn GmbH des Bundes mit, die die Gesamtprojektleitung des eHighway Hessen im Januar 2021 von Hessen Mobil übernommen hatte. Die Verlängerung der eHighway-Teststrecke in Hessen war im Herbst 2020 angekündigt worden – und ist nun mit etwa zeitlichem Vollzug in Betrieb genommen worden. Von der Streckenerweiterung der Oberleitungsanlage versprechen sich die beteiligten Konsortialpartner des ELISA-Projekts („elektrifizierter, innovativer Schwerlastverkehr auf Autobahnen“) neue Erkenntnisse im Hinblick auf das Ladeverhalten der Lkw auf längeren Strecken und die Wirtschaftlichkeit der Technologie.
Konkret können kompatible Fahrzeuge die Oberleitung in Hessen nun in südlicher Fahrtrichtung auf insgesamt zwölf Kilometern nutzen. In Richtung Norden ist der eHighway weiterhin fünf Kilometer lang. Derzeit sind dort zehn Oberleitungs-Hybrid-Lkw im Einsatz. Der erste rein Batterie-elektrische O-Lkw soll einer begleitenden Mitteilung zufolge im September eingesetzt werden.
Insgesamt laufen in Deutschland zurzeit drei eHighway-Pilotprojekte. Neben ELISA in Hessen sind dies eWayBW in Baden-Württemberg und FESH in Schleswig-Holstein. Das Prinzip dieses Technologiepfads lautet wie folgt: Während der Fahrt wird der Elektromotor der O-Lkw mit Strom aus der Oberleitung angetrieben, während gleichzeitig die Batterien aufgeladen werden. Das dynamische Laden verkürzt damit stationäre Stand- und Ladezeiten und ermöglicht elektrisches Fahren auch über den elektrifizierten Streckenabschnitt hinaus.
Projektplanung sieht zwölf Lkw-Prototypen vor
Neben der Autobahn GmbH sind in Hessen die Partner Siemens Mobility, e-netz Südhessen und die Technische Universität Darmstadt eingebunden. Das A5-Pilotprojekt läuft bis Mitte 2025 und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Es werde „fortlaufend unter technologischen, verkehrlichen, ökologischen, ökonomischen, organisatorischen und akzeptanzbezogenen Aspekten evaluiert“, heißt es in der Mitteilung. Insgesamt sieht die Projektplanung zwölf Lkw-Prototypen vor, die den eHighway im Regelbetrieb nutzen. Die bis dato eingesetzten Hybrid-Lkw stammen von Scania.
Die zunächst beidseitig fünf Kilometer lange eHighway-Strecke auf der A5 in Hessen war ab Mai 2019 das erste in die aktive Phase übergegangene Oberleitungs-Pilotprojekt in Deutschland. Die Verlängerung erfolgte von Mai 2022 bis April 2023. Dafür ließen die Initiatoren insgesamt 181 Stahlmasten für Fahrdrähte und Tragseile sowie zwei Unterwerke für die Stromversorgung errichten. „Eine besondere Herausforderung bestand darin, die neue Oberleitungsinfrastruktur unterbrechungsfrei entlang einer bestehenden Anschlussstelle (AS Langen/Mörfelden) sowie einer Lärmschutzwand zu bauen“, teilt die Autobahn GmbH mit.
Nach Fertigstellung der erweiterten Oberleitungsanlage erfolgten im Mai und Juni die softwareseitige Einbindung der neu hinzugekommenen Teststrecke sowie die sicherheitstechnischen Abnahmen und Feuerwehr-Schulungen für den Fall von Pannen und Unfällen auf diesem Streckenabschnitt.
Anlässlich der Inbetriebnahme des erweiterten Streckenabschnitts liefert die Autobahn GmbH auch eine Zwischenbilanz zum bisherigen Testverlauf. Allerdings fast ohne die Nennung konkreter Daten. Demnach haben die Projektbeteiligten mittlerweile mehr als 500.000 zurückgelegte Kilometer von O-Lkw ausgewertet. Die Evaluation unterstreiche den hohen Reifegrad der Technologie, heißt es. „Die eHighway-Technologie ist praxiserprobt und skalierbar (flexibel erweiterbar) und damit ein möglicher innovativer Lösungsansatz, um dem Ziel eines klimaneutralen Straßengüterverkehrs näherzukommen.“
Die dynamische Batterieladung während der Fahrt an der Oberleitung ermöglicht den Initiatoren zufolge grundsätzlich eine rein elektrische Fahrt bis zum Ziel und könne Batteriekapazitäten, Stand- und Ladezeiten der Lkw sowie den Bedarf an Platz und festen Ladeinfrastrukturen reduzieren. Die „Verfügbarkeit“ der Anlage beziffert das Team auf 98 Prozent. Und „Negative Rückwirkungen auf das übergeordnete Stromnetz konnten nicht beobachtet werden. Das dynamische Laden während der Fahrt ermöglicht eine gleichmäßige Verteilung der Ladezeiten und die Vermeidung von Lastspitzen.“
Involvierte Speditionen „stehen der Technologie positiv gegenüber“
Die beteiligten Transportunternehmen haben die Oberleitungs-Lkw der aktuellen Zwischenbilanz zufolge „erfolgreich in ihre Logistik integriert“ und „stehen der Technologie positiv gegenüber“. Die Erkenntnisse aus dem laufenden Testbetrieb im Projekt ELISA zeigen in den Augen der Konsortialpartner, dass die Oberleitungsanlage robust und zuverlässig funktioniert und „ohne einen wesentlichen Eingriff in den fließenden Verkehr und die Fahrbahnoberfläche in kurzer Zeit integrierbar ist“.
Die Inbetriebnahme der erweiterten Teststrecke ist nun gleichzeitig der Startschuss für eine neue Phase der Evaluation, in der nach Angaben der Autobahn GmbH auch die Daten neuer Fahrzeuge und Fahrzeugtypen sowie der erweiterten Teststrecke berücksichtigt werden. Präziser wird das Unternehmen an dieser Stelle nicht. Es dürfte mit „neuen Fahrzeugen und Fahrzeugtypen“ aber unter anderem der oben angekündigte BEV-Oberleitungs-Lkw gemeint sein.
Recherchen des „HR“ offenbaren vielschichtige Probleme
Dass die Autobahn GmbH in ihrer Zwischenbilanz nicht präziser wird, könnte daran liegen, dass es durchaus vielschichtige Probleme gibt. Nach Recherchen des Hessischen Rundfunk gab es bei ELISA bisher „absehbare Anfangsprobleme, überraschende Schwierigkeiten und dauerhaft technische Probleme“. Genannt werden in dem Artikel etliche Beispiele, darunter die Tatsache, dass der Strom auf der hessischen Strecke zwischenzeitlich in einer Richtung seit Jahresanfang und in der anderen seit April abgestellt war. Auch der wirtschaftliche Nutzen ist dem Artikel zufolge unklar.
Und: Die baden-württembergische Teststrecke wird nach Informationen des „HR“ kommendes Jahr als erste abgerissen. Denn: „Das Landesverkehrsministerium will seine Ressourcen besser einsetzen.“
autobahn.de (PDF), tagesschau.de
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