Schweden schicken Plug-in-Scania mit 100-m2-Solarfläche ins Feld
In Schweden bringen Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft eine schwere, mit Solarpaneelen ausgestattete Plug-in-Hybrid-Sattelzugmaschine von Scania auf die Straße. Das Einzelstück absolviert für die Spedition Ernsts Express Testfahrten, um Daten zu sammeln. Wir beleuchten das Projekt und klären auch, warum ausgerechnet im hohen Norden ein Solar-Lkw entwickelt wird.
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Die Idee leuchtet ein: Wenn Lkw ihre Energie lokal selbst produzieren, vergrößert sich die Autonomie bzw. reduzieren sich die Ladezeiten an einer klassischen Säule. Im Fall des Scania-Exemplars handelt es sich um eine extern mit Strom ladbare 6×2-Sattelzugmaschine mit einem R-Fahrerhaus. An der Front ist die Typenbezeichnung R560 Hybrid zu sehen, wobei sich die dreistellige Nummer auf den PS-Wert der Zugmaschine bezieht: die 560 PS entsprechen umgerechnet 417 kW – und sind somit wesentlich mehr als Scanias klassischer Plug-in-Hybrid zu bieten hat.
Der Energiegehalt der in der Zugmaschine und dem vierachsigen Auflieger integrierten Batterie beläuft sich auf 300 kWh, wobei zwei Batterieblöcke verbaut sind: ein 100-kWh-Paket in der Zugmaschine und ein 200-kWh-Paket im Auflieger. Die Solarpaneele bedecken ausschließlich den Auflieger, der laut Scania mit 18 Metern Länge aufwartet. Insgesamt haben die Entwickler des Fahrzeugs 100 Quadratmeter Paneele untergebracht, die laut Scania eine maximale Leistung von 13,2 kWp erreichen können. Werte zur Nutzlast veröffentlichen die Partner nicht.
So viel zu dem Unikat selbst. Eric Falkgrim, Technology Leader R&D, Vehicle Design bei der Scania Gruppe, begründet in einem kurzen Video zur Entwicklung des Fahrzeugs, warum Scania und seine Partner ausgerechnet im nicht unbedingt sonnenverwöhnten Schweden einen Solar-Lkw kreieren und testen: „Wenn wir das Projekt mit Solarenergie hier in Schweden hinbekommen, können wir es überall hinbekommen!“, betont er. Bisher geht sein Team davon aus, dass die Solarzellen beim Betrieb der Sattelzugmaschine in Schweden 8.000 kWh pro Jahr generieren, was rund 5.000 Extra-Kilometer bringen soll. „In südlicheren Ländern mit mehr Sonnenstunden könnte die Menge an Sonnenenergie und damit die Reichweite sogar verdoppelt werden“, heißt es in einer begleitenden Mitteilung. Belastbare Daten soll der nun gestartete Test bringen.
An den Projekt beteiligt sind neben Scania die schwedische Universität Uppsala, Eksjö Maskin & Truck, Midsummer, Ernsts Express und Dalakraft. In einer Forschungskooperation legten diese Partner in den vergangenen zwei Jahren den Grundstein für die nun eingeläutete Erprobung. Mitfinanziert wurde die Entwicklung des Solar-Lkw von der staatlichen Innovationsagentur Vinnova. Wie lange nun die Straßentests vorgesehen sind, präzisieren die Projektteilnehmer nicht.
„Scania hat sich zum Ziel gesetzt, den Wandel hin zu einem nachhaltigen Transportsystem voranzutreiben. Noch nie zuvor wurden Sonnenkollektoren zur Energieerzeugung für den Antriebsstrang eines Lkw eingesetzt, wie wir es in dieser Zusammenarbeit tun“, äußert Stas Krupenia, Leiter des Forschungsbüros bei Scania. Diese natürliche Energiequelle könne die Emissionen im Transportsektor erheblich verringern. Es sei großartig, bei der Entwicklung der nächsten Lkw-Generation an vorderster Front dabei zu sein, so Krupenia.
Ähnliche Initiativen gibt es aber auch in Deutschland. Sono Motors hat beispielsweise die Solarintegration zu seinem Geschäft gemacht und kooperiert unter anderem mit Pepper Motion, MAN oder der Münchner Verkehrsgesellschaft. Aktuell durchlaufen die Münchner allerdings wegen finanzieller Schwierigkeiten ein Schutzschirmverfahren. Weiterer Akteur mit Entwicklungsambitionen auf diesem Feld ist das Fraunhofer-Institut ISE, das jüngst eine mit Partnern entwickelte PV-Motorhaube und schon vor etwas Längerem die Solarintegration bei einem 18-Tonner präsentiert hat.
Die Schweden sprechen bei ihrem Projekt von „noch nie da gewesen“, da sie nach eigenen Angaben „neue, effiziente und leichte Solarpaneele entwickelt“ haben. Die Rede ist von Tandem-Solarzellen, die auf einer Kombination aus Midsummer- und neuen Perowskit-Solarzellen beruhen. „Diese ermöglichen einen höheren Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Eine solche Lösung könnte die Erzeugung von Solarenergie verdoppeln, verglichen mit der derzeit von den Paneelen erzeugten Energie“, heißt es.
Die Partner wollen mit dem Solar-Scania zudem untersuchen, wie Lastwagen mit dem Stromnetz interagieren können, und würde gerne Modelle erarbeiten, um den Überschuss an Solarenergie zu verkaufen. Aber: „Die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens ist nicht ganz einfach und die Gesetzgebung unklar“, teilen die Schweden mit. Der Verkauf sei deshalb aktuell nicht möglich. Das deckt sich mit der fehlenden Regulatorik in Deutschland.
„Dies ist ein spannendes Projekt, bei dem Wissenschaft und Industrie gemeinsam versuchen, die Klimaauswirkungen von Lkw-Transporten zu verringern“, resümiert Erik Johansson, Projektleiter und Professor für physikalische Chemie an der Universität Uppsala. „Die Ergebnisse dieses einzigartigen Lkw werden sehr interessant sein. Und unsere Forschungen im Hinblick auf effiziente und leichte Solarzellen werden wirklich wichtig sein, vor allem wenn es darum geht, sie in zukünftigen Lastwagen einzusetzen.“
scania.com
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