Fraunhofer-Team erprobt Industrie-Gleichstrom zum Laden
In einem neuen Konsortialprojekt DCI4Charge – die Abkürzung steht für Industrie-Gleichstrom (DC) zum Laden – entwickeln Fraunhofer-Forschende gemeinsam mit Partnern aus der Industrie flexible Lösungen zur Integration von Ladestationen für E-Fahrzeuge in gewerbliche Gleichspannungsnetze – für eine bidirektionale Anwendung.
Ziel des Projekts ist es, die Gleichstromladestation direkt aus dem Gleichstromnetz des Unternehmens zu versorgen und umgekehrt das industrielle DC-Netz virtuell bzw. temporär zu stützen. So soll der in den Fahrzeugbatterien gespeicherte Strom auch für die Energieversorgung der Unternehmen genutzt werden können – über eine Art bidirektionales Microgrid.
Ein interdisziplinäres Team der Fraunhofer-Institute IPA und IISB, der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe als Projektkoordinator und den Industriepartnern Ambibox, Bäumer, Danfoss, Eaton, Maschinenfabrik Reinhausen und Weidmüller arbeitet jetzt gemeinsam an Lösungen für die Integration.
Der Hintergrund des Projekts sind die Kosten. „Die Energiekosten sind in der Produktion ein entscheidender Faktor geworden. Unternehmen suchen daher immer nach neuen Wegen, ihre Effizienz zu steigern. Eine Ressource, die bisher kaum genutzt wurde, sind die Ladeparks für Elektrofahrzeuge. Sie bieten ein enormes Potenzial, kostengünstig Energie zu speichern und im Bedarfsfall abzurufen“, erklärt Jonas Knapp. Der Leiter des Projekts Industrielle Mikronetze und Energiespeicher am Fraunhofer IPA arbeitet an Konzepten für eine effizientere Energienutzung.
Knapp sieht bei DC-Netzen in industriellen Anwendungen einige Vorteile. So werden etwa nur zwei statt drei aktive Leiter (bei dem sonst genutzten Dreiphasen-Wechselstrom) benötigt, was Kupfer spart. Zudem werden keine Gleichrichter benötigt und auch Strom aus der PV-Anlage auf dem Hallendach kann direkt in das interne DC-Netz eingespeist werden.
E-Autos als virtuelle Puffer-Batterie für die Fabrik
Ist für die Produktion bereits ein DC-Netz vorhanden, können auch die Ladestationen auf dem Firmenparkplatz mit Gleichstrom betrieben werden – in der Fahrzeugbatterie wird ohnehin nur Gleichstrom beteiligt. Kommt der Wechselstrom aus der AC-Wallbox, muss er erst im Onboard-Charger des Fahrzeugs gleichgerichtet werden.
Und wenn die Batterien der geparkten E-Autos an das firmeneigene DC-Netz angeschlossen sind, kann das System auch in beide Richtungen genutzt werden – so die Idee. In Zeiten, in denen der Energieverbrauch gering ist, werden die Batterien aufgeladen. Der gespeicherte Strom lässt sich dann, wenn der Energiebedarf besonders hoch ist, wieder ins Gleichstrom-Netz einspeisen. „Durch die Integration der Ladestationen ins Gleichspannungsnetz können wir nicht nur Energie sparen, sondern auch die Kapazität der Fahrzeugbatterien für die Energieversorgung der Unternehmen nutzen“, sagt Projektleiter Knapp. „Auf diese Weise lassen sich Verbrauchsspitzen abpuffern und Energiekosten senken.“
Um das zu ermöglichen, sind aber einige, spezielle Komponenten nötig, die nun im Rahmen von DCI4Charge von den Partnern entwickelt werden. Das Fraunhofer IISB arbeitet an DC7DC-Wandlern, um den Gleichstrom aus dem Unternehmens-Gleichspannungsnetz in den Gleichstrom umzuwandeln, der zur Ladung der Fahrzeugbatterien benötigt wird. Diese Wandler sind wichtig, um exakt die erforderliche Spannung und Stromstärke zu liefern und gleichzeitig eine sichere elektrische Trennung zwischen dem Unternehmensnetz und der Batterie des Fahrzeugs zu gewährleisten. Die neuen DC/DC-Wandler sollen modular aufgebaut sein, sodass sie flexibel miteinander kombinierbar und skalierbar sind. Ebenso wird großer Wert auf eine flexible Regelung gelegt, denn übliche isolierende DC/DC-Wandler haben häufig nur einen sehr begrenzten Betriebsbereich.
Für die Regelung der Energieflüsse entwickeln die Forschenden am Fraunhofer IPA jetzt ein softwaregestütztes Energiemanagement: Die bidirektional angebundenen Elektrofahrzeuge können dabei als virtuelle Batterie Strom aufnehmen, aber auch wieder abgeben. Mithilfe von Simulationen lässt sich der Einfluss dieser virtuellen Batterie und des Energiemanagements auf die Netzstabilität analysieren. Ziel ist es, den Mehrwert von bidirektionaler Ladeinfrastruktur zu quantifizieren, ohne die Netzstabilität zu gefährden.
„Entscheidend für den Erfolg des Projektes ist die Automatisierung von Energiespeicherung und -einspeisung. Wenn sie gelingt, wird E-Mobilität zu einem integralen Bestandteil des Energiemanagements von Unternehmen werden“, prognostiziert Knapp. „Und weil sich dadurch die Energiekosten senken lassen, wird die Anschaffung zusätzlicher E-Fahrzeuge noch attraktiver – was die E-Mobilität dann weiter vorantreibt.“
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