Deutschlandnetz: Verkehrsministerium vergibt Zuschläge für Regionallose

Rund 900 Standorte im ganzen Land mit mehr als 8.000 Schnellladepunkten hatte das Bundesverkehrsministerium mit dem Deutschlandnetz ausgeschrieben. Jetzt wurden die Zuschläge für die Regionallose vergeben und es steht fest, welche zehn Betreiber zum Zug gekommen sind.

Bild: Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur

Die Ausschreibung jener 23 Regionallose für die Deutschlandnetz-Standorte abseits der Autobahnen war im Oktober 2021 angelaufen und ist nun mit dem Zuschlag an insgesamt zehn Betreiber zu Ende gegangen. In diesen Losen sind in Summe 900 Suchräume (z.B. rund um einen Verkehrsknotenpunkt) enthalten, in denen ein HPC-Park gebaut werden soll. Die Bieter müssen innerhalb dieser Suchräume dann selbst eigene Standorte finden.

In jedem Los wurden attraktivere und in der Prognose weniger frequentierte Standorte gebündelt – es gibt sie also nur im Komplettpaket. Das Auswahlverfahren rund um die Regionallose hat sich dabei stark in die Länge gezogen: Im Oktober 2021 hieß es noch, dass mit endgültigen Zuschlägen frühestens im drittel Quartal 2022 gerechnet wird. Nun ist es ein ganzes Jahr später erst soweit.

Mit dem Deutschlandnetz sollen bekanntlich die „weißen Flecken“ auf der Lade-Landkarte geschlossen werden. „Individuelle Mobilität ist ein hohes Gut in einer freien Gesellschaft. Deshalb freue ich mich, dass wir als Bundesverkehrsministerium mit dem Deutschlandnetz einen Meilenstein setzen, der für die Nutzerinnen und Nutzer ein zuverlässig verfügbares Angebot an Schnelllademöglichkeiten in Deutschland gewährleistet“, sagt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). „Mit dem Deutschlandnetz ergänzen wir sinnvoll und zielgerichtet die Ausbauaktivitäten der Ladeinfrastrukturbetreiber. Einfach Schnellladen ohne Lücken auf der Ladelandkarte wird damit zur Realität.“

Zuschläge für Allego, Fastned und Co.

Zu den Unternehmen, die Teil des Deutschlandnetzes werden, gehört unter anderem E.ON. Der Essener Energiekonzern hat vom Verkehrsministerium den Zuschlag für den Bau und Betrieb von mehr als 1.200 neuen Schnellladepunkten im Deutschlandnetz erhalten. Konkret hat sich E.ON rund 140 Standorte in Nordwest- und Süddeutschland gesichert. E.ON wird an den neuen Standorten Ladeleistungen von bis zu 400 kW ermöglichen – oder eben mindestens 200 kW je Ladepunkt, wenn die Leistung geteilt wird. Das ist eine der Vorgaben der Ausschreibung. Der Aufbau soll bis 2026 abgeschlossen sein und gemeinsam mit geeigneten Standortpartnern realisiert werden.

BetreiberLoseStandorte
Allego148
BayWa Mobility Solution120
E.ON Drive3139
Eviny3142
Fastned292
EWE Go Hochtief Ladepartner296
Mer Germany383
Pfalzwerke240
Total Energies3134
Via Deutschlandnetz3110

Ein weiterer Gewinner kommt aus Norwegen: Der hierzulande in der Elektromobilität noch unbekannte, norwegische Energieversorger Eviny hat wie E.ON den Zuschlag über 140 Standorte erhalten. Dabei handelt es sich um drei Lose mit Suchräumen in Bayern, Baden-Württemberg und Süd-West-Deutschland. Eviny kündigt an, bis Ende 2024 rund 50 Standorte in Betrieb zu nehmen. Erste Standorte hat sich das Unternehmen bereits vertraglich gesichert, „weitere werden zurzeit konkretisiert“.

Ein Betreiber im Deutschlandnetz wird auch die BayWa Mobility Solutions GmbH (BMS). Das Münchner Unternehmen hat den Zuschlag für das „Bayern-Los“ erhalten – die Deutschlandnetz-Region „Süd-Ost“ besteht aus drei Losen, damit es in der Region mehr als einen Betreiber gibt und kein Monopol. Die für Ladeinfrastruktur zuständige BayWa-Tochter BMS wird im Rahmen des Deutschlandnetzes 20 Schnellladeparks in Bayern in den vorgesehenen Suchräumen bauen. Dabei wird laut dem Unternehmen „ein Großteil der Errichtungskosten von 15 Millionen Euro“ als Förderung vom Bund übernommen. Die ersten BayWa-Ladeparks mit vier bis 16 Ladepunkten sollen bereits bis Mitte 2024 entstehen. Die BayWa gibt an, dass ein Großteil der HPC-Standorte „durch Gastro- und Sanitäreinrichtungen ergänzt“ werde.

Im Südwesten sind auch die Pfalzwerke aktiv und haben deutschlandweit für zwei Lose den Zuschlag bekommen – der Betreiber wird insgesamt 40 Standorte mit Schnellladern bestücken. Die Deutschland-Tochter des niederländischen CPO Fastned hat zwei Lose mit insgesamt 92 Suchräumen bzw. künftigen Standorten gewonnen – in der Region West (rund um den Deutschland-Sitz Köln) und in der Region Süd-West. Fastned werde den Ausbau in West- und Südwestdeutschland in Zusammenarbeit mit Kommunen, gewerblichen und privaten Grundstückseigentümern durchführen, heißt es. Und: Durch den Gewinn der Lose wird Fastned die Anzahl seiner Stationen in Deutschland in den nächsten vier Jahren verdreifachen können – derzeit betreibt Fastned 37 Standorte in Deutschland.

Mer Germany hat sogar bei drei Losen den Zuschlag bekommen – die maximale Anzahl, die ein Unternehmen erhalten kann. Es handelt sich aber durchweg um kleinere Lose, da Mer insgesamt nur 83 Standorte umsetzen wird – bei Fastned sind es 92 Standorte aus zwei Losen. Mer kündigt direkt an, auf „modernste Hypercharger“ zu setzen – aufgrund der Vorgabe von 200 kW je Ladepunkt wird es sich also um den Alpitronic Hypercharger HYC400 handeln. Kleinere Standorte der Größe S und M (4 bzw. 8 Ladepunkte) will Mer in bestehende Standortkonzepte an Gewerbeimmobilien integrieren. Die großen Standorte L und XL (bis zu 16 Ladepunkte) sollen als Greenfield-Projekte auf neuen Flächen umgesetzt werden, so das Unternehmen.

Auch Total Energies hat bei drei Losen den Zuschlag erhalten, wird aber insgesamt 134 Standorte in Ost-, Mittel- und Westdeutschland bauen. Dabei handelt es sich vorrangig um größere Standorte, denn Total Energies wird nach eigenen Angaben in Summe 1.100 Ladepunkte errichten und betreiben – also rund ein Achtel des Deutschlandnetzes. Damit gehört Total zusammen mit E.ON zu den größten Betreibern.

EWE Go HOCHTIEF Ladepartner, ein Konsortium aus dem Infrastrukturkonzern HOCHTIEF und dem Mobilitätsunternehmen EWE Go, einer Tochter des Oldenburger Energie- und Telekommunikationsdienstleisters EWE, konnte sich zwei Lose sichern – in den Regionen Nord-West und West. Insgesamt werden die beiden Unternehmen rund 850 Lapepunkte bauen und betreiben.

Weitere Zuschläge gingen an Allego mit einem Los und 48 Standorten im Westen und Via Deutschlandnetz, hinter dem die VINCI Concessions Deutschland GmbH als deutsche Tochter des französischen Unternehmens VINCI Energies steht. Via Deutschlandnetz hat sich gleich drei Lose gesichert, konkret im Nordwesten, Nordosten und Mitteldeutschland. Dort werden von dem Betreiber 110 Standorte entstehen. Die genaue Übersicht der sechs Regionen haben wir am Artikelende für Sie aufbereitet.

Interessant ist, dass auch Allego und Fastned sich beworben und auch den Zuschlag erhalten haben – schließlich hatten sich beide Unternehmen im vergangenen Jahr noch an einer Klage gegen das Deutschlandnetz beteiligt.

Die Aufteilung auf mehrere Lose pro Region soll dafür sorgen, dass es lokal keine Monopol-artige Stellung eines Anbieters gibt. Wie das aussehen kann, zeigt der Blick auf den Großraum Duisburg, um nur ein Beispiel zu nennen: Im Suchraum rund um Mittelmeiderich wird Total Energies vier Ladepunkte bauen, im Süden in Huckingen sind zwölf Ladepunkte ebenfalls von Total vorgesehen. Westlich des Rheins in Duisburg-Rheinhausen wird Allego ebenfalls zwölf Ladepunkte bauen, im nahegelegenen Moers sind einmal sechs Ladepunkte von den Pfalzwerken und zwölf von Total geplant. Im Duisburger Norden in Marxloh ist ein L-Hub mit zwölf Ladepunkten aus einem Los von Fastned geplant. Wiederum nördlich davon kommt Hochtief Ladepartner in Dinslaken mit vier Ladepunkten zum Zug – während es östlich von Duisburg in Mülheim an der Ruhr acht Ladepunkte der Pfalzwerke und wiederum zwölf von Fastned geben wird.

EnBW will ohne Deutschlandnetz schneller bauen

Nicht beteiligt hat sich übrigens die EnBW als Betreiberin des derzeit größten Schnellladenetzes in Deutschland. Nach eingehender Prüfung hatte sich der Energiekonzern gegen eine Bewerbung auf die Regionallose entschieden – begrüßt wird das Engagement der Bundesregierung dennoch ausdrücklich. „Unseren schnellen Hochlauf steuern wir mit hoch standardisierten Prozessen, festen Lieferanten und klar definierten Produktbaukästen. Die für das Deutschlandnetz spezifizierten Anforderungen würden starke Abweichungen hiervon nötig machen und einen erheblichen Mehraufwand für uns bedeuten“, erklärt ein EnBW-Sprecher gegenüber electrive. „Denn unsere auf Skalierung ausgerichteten Prozesse können wir im Rahmen des Deutschlandnetzes nicht anwenden.“

Auch andere große Betreiber wie etwa Ionity und BP/Aral Pulse haben sich nicht beteiligt bzw. keinen Zuschlag bekommen. Sie können daher losgelöst von den Vorgaben der Politik beim Deutschlandnetz ihre Ladeparks hochziehen. Das Angebot an Schnellladern wird also auch über das Deutschlandnetz hinaus weiter wachsen – wie schnell und wo, das wird sich noch zeigen.

Nicht nur der Preis war relevant

Das BMDV betont, dass man die künftigen Betreiber „nicht allein nach dem günstigsten Angebotspreis ausgewählt“ habe. Weitere relevante Faktoren waren demnach, ob die Betreiber die Standorte schnell errichten können und bereits über geeignete Flächen verfügen, wie nutzerfreundlich die einzelnen Bieter ihre Standorte aufbauen wollen und wie überzeugend das Design der neuen Standorte sei.

„Um ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Schnellladenetz überall in Deutschland mit dem nötigen Tempo aufzubauen, reichen die marktgetriebenen Aktivitäten der Ladeinfrastrukturbetreiber allein nicht aus“, sagt Kurt-Christoph von Knobelsdorff, Geschäftsführer der NOW GmbH. „Mit dem Deutschlandnetz stellen wir sicher, dass Ladeinfrastruktur auch dort aufgebaut wird, wo Ladesäulen sonst aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit zu spät entstehen würden.“

Johannes Pallasch, Bereichsleiter der NOW und Sprecher der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur, ergänzt: „Das Deutschlandnetz ebnet für die Elektromobilität den Weg in den Massenmarkt. Der Wettbewerb der Bieter in der Ausschreibung des Deutschlandnetzes und die Standards, die wir fordern, haben die besten Konzepte und Lösungen hervorgebracht, um die Schnellladeinfrastruktur in Deutschland auf das nächste Level zu heben. Davon werden die Nutzerinnen und Nutzer im ganzen Land profitieren.“

Übrigens: Die separat ausgeschriebenen Autobahn-Lose für 200 Schnelllade-Standorte an unbewirtschafteten Rastplätzen sind noch nicht vergeben, hier befindet sich die Ausschreibung laut dem BMDV „in der finalen Phase“.

Region 1 – Nord-West

LosBetreiberStandorte
1Via Deutschlandnetz20
2Eviny48
3E.ON Drive47
4EWE Go Hochtief Ladepartner48

Region 2 – Nord-Ost

LosBetreiberStandorte
1Mer Germany20
2Total Energies41
3Via Deutschlandnetz42

Region 3 – Mitte

LosBetreiberStandorte
1Mer Germany40
2Total Energies40
3Via Deutschlandnetz44

Region 4 – Süd-Ost

LosBetreiberStandorte
1BayWa Mobility Solutions20
2Eviny50
3E.ON Drive49

Region 5 – Süd-West

LosBetreiberStandorte
1Pfalzwerke20
2Eviny44
3Fastned44
4Mer Germany43
5E.ON Drive43

Region 6 – West

LosBetreiberStandorte
1Pfalzwerke20
2Fastned48
3Allego48
4EWE Go Hochtief Ladepartner48
5Total Energies48

Quelle: Infos per E-Mail,, bmdv.bund.de, standorttool.de (Karte mit den Suchräumen und Zuschlägen)

4 Kommentare

zu „Deutschlandnetz: Verkehrsministerium vergibt Zuschläge für Regionallose“
Ralf Wagner
27.09.2023 um 19:51
Danke Euch. Eine Übersichtstabelle wäre schön!
Peter Schwierz
28.09.2023 um 12:54
Ist jetzt enthalten! ;)
Alex Kremer
29.09.2023 um 08:53
Mit der Zahl der Ladepunkte wäre noch schöner ;-)
Peter Schwierz
29.09.2023 um 09:33
Das Problem ist, dass diese Information aktuell nicht bei allen künftigen Betreibern vorliegt bzw. einheitlich kommuniziert wurde. Daher haben wir uns zunächst auf das konzentriert, was transparent ist und für alle gilt.

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