Regierung will 0,25%-Regelung auf teurere E-Autos ausweiten
Die Bundesregierung plant bei der Besteuerung von elektrischen Dienstwagen eine Anhebung des maßgeblichen Bruttolistenpreises zur Anwendung der 0,25-Prozent-Regelung für die Privatnutzung von 60.000 auf 80.000 Euro. Damit werden auch teurere E-Autos als Dienstwagen lukrativer.
Der Vorstoß geht aus dem 246-seitigen Entwurf der Regierung für ein „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ hervor. In Kurzform ist es unter „Wachstumschancengesetz“ bekannt. Wortwörtlich heißt es in dem Dokument auf Seite 121: „Zur Steigerung der Nachfrage unter Berücksichtigung der Ziele zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität und um die gestiegenen Anschaffungskosten solcher Fahrzeuge praxisgerecht abzubilden, wird der bestehende Höchstbetrag von 60.000 Euro auf 80 000 Euro angehoben. Dies gilt entsprechend bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer (§ 8 Absatz 2 Satz 2, 3 und 5 EStG).“
Kurze Auffrischung: Nach geltendem Steuerrecht müssen Arbeitnehmer ein Prozent des Bruttolistenpreises eines Verbrenner-Firmenwagens versteuern, wenn sie den Wagen auch für Privatfahrten nutzen dürfen und kein Fahrtenbuch führen, das jede Fahrt nach Dienst- oder Privateinsatz erfasst. Für Elektroautos und Plug-in-Hybride gibt es hier Ermäßigungen, womit sich de facto eine Versteuerung von 0,5 Prozent ergibt. Bei Fahrzeugen mit einem Bruttolistenpreis von unter 60.000 Euro werden aktuell nur 0,25 Prozent fällig. Geregelt ist dies im Paragraf 6 des Einkommensteuergesetzes, kurz EStG.
Das bedeutet: Für E-Dienstfahrzeuge zwischen 60.001 und 80.000 Euro soll sich der bisherige Steuersatz von 0,5 auf 0,25 Prozent halbieren. Auf diese Weise würden teurere E-Wagen attraktiver. Beschlossen ist allerdings noch nichts. Der Gesetzentwurf geht nun durch die üblichen Gremien. Am 13. Oktober hatte das Parlament erstmals über den Entwurf des Wachstumschancengesetzes beraten. Am heutigen 6. November will der Finanzausschuss zwei öffentliche Anhörungen zu dem Gesetzentwurf absolvieren.
Bei Umweltaktivisten löst der Vorstoß bereits jetzt Kopfschütteln aus. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) befürchtet etwa, dass die neue Regelung massive zusätzliche Anreize für die Anschaffung großer, schwerer und übermotorisierter Elektro-Dienstwagen setzen würde und fordert den Bundestag deshalb auf, die Pläne abzulehnen – „und stattdessen das sozial ungerechte und klimaschädliche Dienstwagenprivileg abzuschaffen, damit private Dienstwagennutzung nicht länger finanzielle Vorteile bringt“.
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch bezeichnet den Vorschlag als „Irrsinn“ und kritisiert, dass die Bundesregierung mit diesem Schritt „die deutschen Autokonzerne in ihrem weitgehenden Ausstieg aus bezahlbaren Elektro-Klein- und Kompaktwagen unterstützt und sie stattdessen mit zusätzlichen Steuervorteilen für ihre übermotorisierten E-SUV belohnt“.
SPD und Grüne hatten bereits im Sommer durchblicken lassen, die Dienstwagen-Besteuerung reformieren zu wollen. Allerdings mit ganz anderem Fokus als im Gesetzentwurf nun vorgeschlagen. Wie aus einem seinerzeitigen Bericht der „Welt am Sonntag“ hervorging, liebäugelte die SPD damit, den Satz für Autos mit Verbrennungsmotor auf 1,2 Prozent zu erhöhen, aber die niedrigeren Steuersätze für elektrifizierte Modelle zu belassen, um Verbrenner im Dienstwagen-Bereich etwas unattraktiver zu machen. Das sollte laut der SPD auch dazu führen, einen Markt für gebrauchte Elektroautos zu schaffen, „der sie für Käufer mit mittlerem Einkommen erschwinglich“ mache.
Die Grünen strebten dem seinerzeitigen Bericht zufolge eine Änderung der Dienstwagen-Besteuerung zugunsten von Elektrofahrzeugen an. Dabei soll in einem neuen Steuersystem die Dienstwagensteuer stärker an den CO2-Ausstoß gekoppelt werden. Der FDP wurde im Sommer nachgesagt, beide Vorschläge abzulehnen, da „zusätzliche Subventionen angesichts der hohen Nachfrage und der langen Wartezeiten für Elektroautos unnötig seien“.
Das Thema berührt den Kern des Flottenmanagements – und wird uns deshalb auch bei unserer nächsten Online-Konferenz „electrive LIVE“ beschäftigen. Die kommende Ausgabe am 15. November 2023 firmiert unter dem Titel „Smart Fleet – Elektromobilität im Fuhrpark“. Die Teilnahme an electrive LIVE ist für Sie kostenlos, die Teilnehmerzahl allerdings begrenzt.
dserver.bundestag.de (PDF), duh.de
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