Volvo Group kauft Proterra auf
Den Abschluss der Akquisition streben beide Seiten für Anfang 2024 an. Noch steht die Transaktion unter dem Vorbehalt einiger Genehmigungen – etwa der des Insolvenzgerichts. Erfolgt grünes Licht, übernimmt Volvo das Entwicklungszentrum für Batteriemodule und -packs in Kalifornien sowie die im Januar 2023 eröffnete Batterie-Montagefabrik von Proterra in South Carolina. Als Kaufpreis wurden 210 Millionen Dollar vereinbart, umgerechnet rund 197 Millionen Euro. Statements der Führungsetagen beider Unternehmen sind in der knapp gehaltenen Volvo-Mitteilung nicht enthalten. Offen bleibt unter anderem, wie Volvo das Proterra-Geschäft in seine Konzernstruktur integrieren wird.
Rückblick: Im August beantragte Proterra in den USA Insolvenzschutz nach Chapter 11. Dabei handelt es sich quasi um ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zum Zweck der Restrukturierung. In der Mitteilung des Unternehmens wurde seinerzeit von einer „strategischen Initiativen zur Stärkung der Finanzlage und zur Schärfung des Technologiefokus“ gesprochen.
„Wir waren mit verschiedenen Markt- und makroökonomischen Gegenwinden konfrontiert, die unsere Fähigkeit zur effizienten Skalierung beeinträchtigt haben“, sagte Proterra-CEO Gareth Joyce in der Mitteilung. Proterra hatte bereits im Sommer 2022 über Hardware-Engpässe berichtet und die Verfügbarkeit von Teilen als eine der größte Herausforderungen benannt.
In der Tat haben es einige Unternehmen im aufstrebenden eMobility-Sektor nicht geschafft, die erforderliche Finanzierung für weitere Investitionen zu stemmen. Gerade im Batteriebereich haben Einschränkungen in der Lieferkette für steigende Kosten gesorgt. Und bis die von US-Präsident Joe Biden angestoßenen Förderprogramme entlang der Batterie-Lieferkette greifen, werden noch einige Jahre vergehen.
Ein Insolvenzverfahren nach Chapter 11 in den USA hat eine Sanierung zum Ziel. Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig und sieht keine Grundlage für einen erfolgreichen Weiterbetrieb, wird es nach den Regeln des Chapter 7 abgewickelt. Mit einer Chapter-11-Insolvenz wird das Unternehmen bis zum Abschluss der Reorganisation vor rechtlichen Schritten der Schuldner geschützt. Im Zuge der Finanzkrise 2009 hatte auch General Motors nach Chapter 11 ein Insolvenzverfahren durchlaufen.
Um den Zugang zu Investorengeldern zu erleichtern, war Proterra im Jahr 2021 per SPAC-Fusion an die Börse gegangen. Seinerzeit wurde das Unternehmen auf einen Wert von 1,6 Milliarden Dollar inklusive Schulden geschätzt. Zum letzten Handelsschluss vor der Bekanntgabe der Chapter-11-Insolvenz hatte Proterra noch einen Marktwert von 362 Millionen Dollar, umgerechnet 329 Millionen Euro.
Proterra hat erst in diesem Januar ein neues Werk zur Batteriemontage in Greer, South Carolina in Betrieb genommen. Eine weitere Anlage betreibt Proterra in Kalifornien. In beiden Fällen werden zylindrische Zellen von LG Energy Solution zu Batteriepaketen verarbeitet, die dann in den Proterra-eigenen E-Bussen und bei Drittkunden eingesetzt werden. Batteriesysteme von Proterra beziehen Unternehmen wie die Shyft Group, Nikola, Vicinity Motor, Anadolu Isuzu und Volta Trucks.
Update 20.11.2023: Inzwischen hat sich auch ein Käufer für die Bus-Sparte von Proterra gefunden. Das ebenfalls auf dem US-Markt tätige Unternehmen Phoenix Motorcars übernimmt die Gesellschaft Proterra Transit –mit zehn Millionen Dollar zahlt Phoenix Motorcars aber deutlich weniger als Volvo für das Batteriegeschäft. Die bekannten Fakten zu der Übernahme finden Sie hier.
Update 05.02.2023: Die Batteriesparte des insolventen US-Unternehmens Proterra gehört jetzt der Volvo Group. Die im November 2023 angekündigte Transaktion (siehe oben) wurde nun abgeschlossen. Volvo bezahlt nach eigenen Angaben aus der aktuellen Mitteilung 210 Millionen US-Dollar, also den im November vereinbarten Kaufpreis. Für diese Summe übernehmen die Schweden von Proterra das Entwicklungszentrum für Batteriemodule und -packs in Kalifornien sowie eine Batterie-Montagefabrik in South Carolina.
In der kurzen Mitteilung heißt es weiter, dass man beabsichtige, „Proterra weiterzuführen und ausgewählte Kunden zu beliefern“. Details hierzu, etwa wer zu den ausgewählten Kunden gehört und wer nicht, werden dort aber nicht genannt. Wichtig: Die Volvo Group hat sich nur das Batteriegeschäft und die Proterra Operating Company gesichert, aber nicht das Busgeschäft. Dieses wurde (siehe Update vom 20.11.2023) von Phoenix Motorcars übernommen, der Deal wurde Mitte Januar vollzogen.
„Diese Vermögenswerte sowie die Fähigkeiten und Kompetenzen des Proterra-Teams sind eine großartige Ergänzung zu unserer aktuellen Präsenz und ermöglichen es uns, unsere Batterie-elektrische Roadmap noch weiter zu beschleunigen“, sagt Lars Stenqvist, CTO der Volvo Group.
prnewswire.com, volvogroup.com (Update II)
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