Bild: Peter Schwierz
FahrberichtAutomobil

Endlich effizient: Hat der VW ID.7 das Zeug zum Dienstwagen-Liebling?

Die ID.-Modelle von Volkswagen haben nicht das beste Image. Probleme bei Produktion, Software und Verbrauch haben Käufer vorsichtig werden lassen. Mit dem ID.7 wagt Volkswagen nun den Neuanfang – und ermöglicht dank neuem Motor endlich effizientes Fahren, wie unser Test zeigt.

Das Ambiente für unsere erste Ausfahrt mit der knapp fünf Meter langen Fließhecklimousine könnte schöner nicht sein. Über der Provence senkt sich die Sonne dem Horizont entgegen und taucht die bunten Wälder nördlich von Marseille in dieses unglaublich warme Licht. Ruhig und komfortabel gefedert gleiten wir durch dieses herbstliche Schauspiel, das schon für Van Gogh und Monet eine Inspirationsquelle war. Unser Testwagen, ein mausgrauer ID.7, das flachste Modell aller ID.-Baureihen, versteckt sich fast in dieser leuchtenden November-Farbenpracht.

Das passt ein wenig zum Image, das Volkswagen schon immer ausgestrahlt hat. Ein bisschen bieder, sehr deutsch. Bloß nicht auffallen! Und doch kann sich der neueste Streich, den VW hier auf die Räder gestellt hat, sehen lassen. Der ID.7 muss sich gar nicht verstecken. Dieses Elektroauto verspricht vor allem eines: reichlich Platz! Auf fast fünf Metern Länge (4.961 mm) sorgen die MEB-typisch kurzen Überhänge für fast drei Meter Radstand (2.971 mm). Ob hinterm Lenkrad oder auf der (vielleicht einen Tick zu steilen) Rückbank – der ID.7 lässt selbst langen Beinen viel Raum. Und der Familie erst recht.

Insofern dürfte die langgestreckte Silhouette mit ihrer stolzen „Charakterlinie“ unter den Fenstern zwei Zielgruppen ansprechen: Den Familienvater und den Dienstwagenfahrer – mitunter auch beides in einer Person. Vor allem aber dürften sich jene Zeitgenossen zu diesem elektrischen Volkswagen hingezogen fühlen, die SUVs meiden – und beruflich Kilometer machen. Da das in aller Regel tatsächlich eine männliche Domäne ist, erübrigt sich hier das Gendern weitgehend.

Beinfreiheit und Komfort für lange Strecken

Was kann der Dienstwagenfahrer also vom ID.7 erwarten? Neben viel Platz auch reichlich Komfort. Von der 10-farbigen Ambientebeleuchtung (optional sind auch 30 Farben verfügbar) über das beheizbare Multifunktionslenkrad bis zum erstmals in einem ID-Modell serienmäßig verbauten Augmented-Reality-Head-up-Display bringt der Neuling so viel Premium mit, dass man sich fast in einem Audi wähnen könnte. Aber: Im Elektro-Zeitalter sind Features wie die aufpreispflichtigen ergoActive-Sitze mit Feuchtigkeitssensoren sowie pneumatischer Druckpunktmassage durchaus nett – aber nicht zwingend kaufentscheidend. Puristen wie wir von electrive, die sich seit Jahren auch in weitgehend Komfort-befreiten Teslas ohne große Ansprüche über die Autobahn bewegen, schauen bekanntlich eher auf die elektrischen Werte – sprich Effizienz und Ladeverhalten.

Und siehe da: Auch in dieser Domäne – in der VW mit dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) bisher selten punkten konnte – setzt der ID.7 neue (Wolfsburger) Maßstäbe. Unsere insgesamt sechsstündige Fahrt durch die spätherbstliche Provence mit einigen Fotopausen, Autobahnabschnitten (max. 130 km/h) und diversen Sprints in den Bergen hinterließ am Ende einen Durchschnittsverbrauch von 19,9 kWh im Bordcomputer. Das geht im Tesla Model 3 natürlich noch effizienter, doch für ein Elektroauto auf MEB-Basis ist das ein Quantensprung – zumal bei diesem Komfort.

Mehr Leistung, mehr Effizienz, mehr Reichweite

Möglich macht diesen elektromobilen Fortschritt der neu entwickelte E-Motor APP550, auf den sie bei Volkswagen auch besonders stolz sind. Die Permanentmagnet-Synchronmaschine (PSM) bringt 210 kW auf die Hinterachse und mobilisiert insbesondere aus dem Lauf mächtig Schub. (Aus dem Stand dagegen ist der Vortrieb mit 550 Nm Drehmoment für fortgeschrittene Elektromobilisten etwas zu sanft geregelt.) Wer auf den Ampelstart verzichten kann, gewinnt mit diesem vergleichsweise sparsamen Heckantrieb trotz Leistungsplus vor allem Reichweite. VW verspricht eine WLTP-Distanz bis zu 621 Kilometern und sieht den ID.7 somit auf Augenhöhe mit „Modellen mit Benzinmotoren“ – etwa dem bisher bei Dienstwagenfahrern so beliebten Passat.

Natürlich ist der angegebene WLTP-Verbrauch von 16,3 bis 14,1 kWh so graue Theorie wie die Farbe unseres Testwagens in der Provence. Und doch holt der ID.7 damit so viel Reichweite aus der 77-kWh-Batterie (brutto sind es 82) wie kein MEB-Stromer zuvor. Und wenn der angekündigte ID.7 Pro S mit sogar 86 kWh netto (und 91 brutto) für bis zu 700 WLTP-Kilometer kommt, dürften skeptischen Außendienstlern endgültig die Argumente für den Diesel ausgehen. Es sei denn, sie trinken vor und während Dienstfahrten zwischen Flensburg und Füssen generell gar nichts.

Apropos trinken: Eigentlich nicht vorgesehen (und auch nicht nötig), haben wir unseren Testwagen in Südfrankreich an einen HPC navigiert. Ohne die neue Batterieheizung aktiviert zu haben (der Entschluss zum Ladetest entstand recht spontan), gönnte sich der ID.7 bei einem Start-SOC von 33% immerhin 135 kW Ladeleistung. Unter idealen Bedingungen oder mit der (automatisch oder manuell gestarteten) Batterieheizung sollen 175 kW möglich sein. Im ID.7 Pro S dann sogar 200 kW. Die obligatorische halbe Stunde für 10 bis 80 Prozent sollte in beiden Fällen reichen. Genug für das Wegbringen des Kaffees, einen neuen plus gesundem Snack und ein paar E-Mails.

Würde Van Gogh ID.7 fahren?

Was braucht es noch zum Dienstwagen-Glück? Nun, wir könnten jetzt noch viele Worte über das Design des ID.7 (laut VW „ebenso fokussiert und souverän wie sympathisch“) verlieren. Oder weitere Innovationen der Wolfsburger Ingenieure besprechen, etwa die intelligenten Luftausströmer im Innenraum oder das optimierte Dämpferventil in der Lenkung. Ebenso könnten wir uns über die Software des Infotainmentsystems auslassen, die zwar noch kleine Menü-Tiefen und Klick-Tücken hat, insgesamt aber deutlich reifer wirkt als alles, was es bisher in einem MEB zu touchen gab. Doch wir sind uns sicher: All das entscheidet nicht beim Dienstwagen!

Doch genau das könnte der ID.7 sein – Ihr neuer elektrischer Dienstwagen. Wenn er zum Jahreswechsel zu Preisen ab 56.995 Euro in den Handel stromert, sich die guten Eindrücke von unserer Testfahrt in der Provence auch auf deutschen Autobahnen bestätigen, dann hat diese elektrische Neuinterpretation des VW Passat die Chance, das angekratzte Image der ID.-Modelle aufzumöbeln. Und dann wird diese Limousine der gehobenen Mittelklasse unter günstigen Bedingungen das, was sich ihre Schöpfer so wünschen – ein elektrisches Weltauto von VW. Mausgrau vielleicht (je nach Lackierung), doch mit Provence-farbenem Ambientelicht im Innenraum. Vielleicht würde ihn sogar Van Gogh bestellen…

12 Kommentare

zu „Endlich effizient: Hat der VW ID.7 das Zeug zum Dienstwagen-Liebling?“
Holger
14.11.2023 um 13:24
Die Einführung der manuell aktivierbaren Batteriekonditionierung ist ein Riesensprung!Was jetzt noch dringend fehlt, ist ein eigener Hebel für den Tempomaten!
Gunnar
14.11.2023 um 19:42
19,9 kWh auf einer kombinierten Strecke, auf der maximal 130 km/h gefahren wird und auch viel Landstraße dabei ist, klingt nicht sehr effizient. Hätte was um die 15 kWh erwartet. Aber so. Nein Danke liebe VW-Ingenieure, das geht deutlich besser, wenn man sich die Konkurrenz anschaut. Tesla macht es vor, aber auch ein Kia Niro oder Hyndai Ioniq 6 ist viel effizienter.
Peter
15.11.2023 um 01:00
Allerdings. Im September in Italien habe ich unseren Ioniq 6 RWD, großer Akku, um die 14 kWh/100 km bewegt, insgesamt ca. 2500 km. Auf reinen Landstraßen-Etappen waren sogar 12 kWh/100 km drin.Selbst mit Herbstzuschlsg (aber Provence ist jetzt auch nicht deutscher Winter) sind 19 kWh viel. Bei diesem Verbrauch bin ich jetzt bei kaltem Sauwetter mit Winterreifen,..
Marc
15.11.2023 um 08:06
Sich ein Urteil über die Effizienz eines Fahrzeugs zu erlauben, wenn man nicht mal das genaue Streckenprofil kennt, ist schon (freundlich gesagt) ziemlich eindimensional.
Christopher
15.11.2023 um 08:19
Es mag sein, dass es ein paar wenige effizientere Fahrzeuge geben mag, aber das Gesamtpaket ist einfach besser. Feinfühligere Fahrassistenz, kein ständiges Piepen und Bimmeln, ein ausgereiftes Fahrwerk, mit dem man auch Kilometer machen kann, intelligente Routenführung samt Kalkulation Ladestops und Navigation zu den Ladepunkte....Das alles im Paket findet man noch nicht bei Kia, Hyundai und Co...insofern: Doch, die VW-Ingenieure haben hier einen großartigen Job gemacht.
Otto
15.11.2023 um 08:46
Van Gogh war bekanntlicher weise, beim leben einer sehr arme Mensch, der hätte sich keine Kutsche kaufen können, sogar kein überteuertes E-Auto. Was macht dieses Auto so viel teurer als eine ID4/5? Alles nur Marketing?
Josef
19.11.2023 um 13:21
"... Was macht dieses Auto so viel teurer als eine ID4/5? Alles nur Marketing?..." Wer sich so was fragt, der hat sich noch nicht mit der Serien Ausstattung des ID7 beschäftigt. Bis man den ID4 auf das Niveau des ID7 konfiguriert hat, mit allen Assistenten und Headup in der Serie, ist nicht mehr weit vom Preis entfernt. Der ID7 ist wegen der guten Basisausstattung ein guter Kauf.
Steffen
21.11.2023 um 02:21
Trotzdem ist der Ioniq 6 nach WLTP-Werten schlechter: Kombiniert: 16,9–15,1 kWh/100 km. Also würde ich erwarten, dass die Verbrauchswerte ähnlich sind. Sind sie es nicht, wird es vermutlich an anderem Gelände oder Fahrweise liegen.
Jens
27.11.2023 um 10:45
warum kommt der große Akku erst so spät? und warum hat man die Karre bei gerade mal 180 kmh abgeregelt? und warum hat der Wagen nicht endlich mal eine vernünftige Grundausstattung? und warum gibt es vorne keinen Kofferraum? und warum gibt man dem Wagen nicht mehr Leistung? und warum führt man bei VW diese dämliche Rabattpolitik? Ich zahle meinen Geldwerten Vorteil auf den Listenpreis, nicht auf den von VW von Anfang an einkalkulierten extrem hohen Rabatt
Florian
01.12.2023 um 20:12
Mit der Grundausstattung schon beschäftigt? Seit wann gibt es bei den ID-Modellen einen nennenswerten Rabatt? Mehr Leistung kommt, falls die 210kW nicht reichen. Momentanverbrauch bei 180 dürfte jenseits der 40 kWh/100km liegen. Selbst das macht einfach keinen Sinn. Und gefühlt fährt inzwischen auch kaum mehr jemand deutlich schneller. Wenn Verbreiterung des Horizont überfordert: Im TFF-Forum gibt es Abhilfe.
Thomas
19.12.2023 um 12:50
Tolles Auto, bestelle ich sofort , für 30000€ wie in China.
TomTom
02.04.2024 um 06:50
Bin begeistert von dem Wagen. Durfte ihn drei Tage testen und hatte bei Autobahnetappen mit 130 kmh Tempomat 14,7 kwh. Temperatur knapp 10 Grad und Winterreifen. Assistenzsysteme sind großartig, Fahrkomfort zum drin wohnen wollen. Kein vergleich zu den China- und Koreaschüsseln. Das wird mein nächstes Auto.

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