EU-Gesetz zur Sicherung kritischer Rohstoffe nimmt weitere Hürde

Bei der EU-Strategie zur Sicherung kritischer Rohstoffe unter anderem für E-Auto-Batterien geht es voran: Vertreter der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments haben jetzt eine Einigung erzielt. Der „Critical Raw Materials Act“ nähert sich damit seiner endgültigen Fassung.

Bild: Li-Cycle

Die EU-Gremien feilen an einem Gesetz, das den Zugang der EU zu einer „sicheren, diversifizierten, erschwinglichen und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen“ gewährleisten soll. Für den Elektromobilitäts-Markt ist das Dokument vor allem hinsichtlich der Wertschöpfungs- und Lieferkette für Elektrofahrzeug-Batterien relevant. Im März 2023 hatte die EU-Kommission ihre Vorschläge für den sogenannten „Critical Raw Materials Act“ vorgelegt. Nun müssen sie noch vom Parlament und Rat verabschiedet werden. Zu einer informellen Einigung ist es aber schon gekommen, sodass der offizielle Beschluss voraussichtlich Formsache ist. Am 7. Dezember wird der „Act“ nun im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie formal zur Abstimmung gestellt.

Worum geht es inhaltlich? Im Kern will sich die EU lokale Quoten für den Abbau, die Weiterverarbeitung und die Gewinnung via Recycling von kritischen Rohstoffen auferlegen. Als Maßstab gilt dabei der Gesamtbedarf in der Europäischen Union. Für 2030 schlug die Kommission 10 Prozent aus eigener Gewinnung, 40 Prozent aus Verarbeitung und 15 Prozent aus Recycling vor. Zudem soll die EU 2030 nicht mehr als 65 Prozent ihres jährlichen Bedarfs für einen strategischen Rohstoff aus einem einzigen Drittstaat beziehen. Auf dieses Weise beabsichtigen die Gremien, die bislang sehr hohen einseitigen Abhängigkeiten vor allem von China zu reduzieren.

Höhere Recycling-Quote gefordert

Parlament und Mitgliedsstaaten tragen diese Regelung mit – wollen aber an einem Punkt nachschärfen: Das Recycling-Ziel für 2030 wollen sie von 15 auf 25 Prozent anheben. Außerdem betont etwa das Parlament in einer eigenen Mitteilung, dass es auch Ziel sein müsse, grundsätzlich „die Nachfrage durch Ressourceneffizienz und technologischen Fortschritt zu dämpfen“ und einen stärkeren Fokus auf Forschung und Innovation in Bezug auf Ersatzmaterialien und Produktionsprozesse zu legen, die Rohstoffe in strategischen Technologien ersetzen könnten.

Alle Gremien sind sich einig, dass hoher Handlungsbedarf besteht und der „Critical Raw Materials Act“ die EU wettbewerbsfähiger und souveräner machen soll. Zur Umsetzung der genannten Zielwerte führte die Kommission in ihrem Vorschlag aus dem März ein ganzes Bündel an Maßnahmen an, die auf verschiedenen EU-Ebenen ansetzen. Als zentrale Weichenstellung – nun auch von Parlament und Mitgliedsländern informell bestätigt – sollen künftig etwa strategische Rohstoffprojekte als Vorhaben des öffentlichen Interesses betrachtet werden. Als Folge sollen strategische Bergbauprojekt anstatt wie bislang innerhalb von etwa zehn bis 15 Jahren innerhalb von 24 Monaten genehmigt werden können. Für Projekte im Verarbeitungs- und Recyclingsektor soll es innerhalb von zwölf Monaten grünes Licht geben können.

Bei dieser und den weiteren genannten Maßnahmen werden noch keine Details genannt. Es geht zum jetzigen Zeitpunkt vor allem um die Vorstellung des Gesamtpakets. So wollen Kommission und Mitgliedstaaten nun mit der Aussicht auf solche beschleunigte Verfahren inländisch „strategische Projekte entlang der Wertschöpfungskette ermitteln“. Außerdem ist geplant, neben einer aktualisierten Liste kritischer Rohstoffe auch eine Liste strategischer Rohstoffe zu entwerfen, die „in Zukunft potenziellen Versorgungsrisiken“ ausgesetzt sein werden. Parlament und Mitgliedsstaaten sind etwa dafür, Aluminium und synthetischen Graphit in die Liste aufzunehmen.

Die Kommission schlug im März zudem vor, eine Überwachung kritischer Rohstoffversorgungsketten einzuführen und die Koordinierung der strategischen Rohstoffvorräte zwischen den Mitgliedstaaten anzuschieben. Außerdem sollen große Unternehmen dazu verpflichtet werden, ihre strategischen Rohstoffversorgungsketten zu prüfen. Parlament und Mitgliedsstaaten unterstützen diese Vorstöße.

Wertschöpfung verlagert sich bereits heute nach Europa

„Die Vereinbarung ist ein industriepolitisches Konzept für eine sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung in Europa. Mit gezielten wirtschaftlichen Anreizen schaffen wir Planungssicherheit für private Investoren – durch zentrale Ansprechpartner für Unternehmen und schnelle und einfache Genehmigungsverfahren mit klaren Fristen für die nationalen Behörden. Das wird den Abbau, die Verarbeitung und das Recycling in Europa ankurbeln“, resümiert Europaabgeordnete Nicola Beer (Renew).

Zum Hintergrund: Kritische Rohstoffe werden durch die zunehmende Digitalisierung, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Verkehrswende in immer größerem Umfang nachgefragt. Die grüne und industrielle Transformation hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit von Lithium, Kobalt, Neodym und anderen Rohstoffen ab.

Wie sich der Batterie-Rohstoffmarkt in Europa zurzeit entwickelt, hat jüngst Markus Hackmann, eMobility-Geschäftsführer bei P3, in unserer Online-Konferenz „electrive.net LIVE“ skizziert. Er legte dabei alarmierende Zahlen zur Preisentwicklung vor, hatte aber auch positive Nachrichten im Gepäck: Die Wertschöpfung verlagert sich mehr und mehr nach Europa. Bis 2030 werden laut Hackmann jedoch bei der prognostizierten Nachfrage bei allen Materialien Lücken in der Versorgung klaffen, weshalb die EU jetzt Vorsorge treffen müsse. Hier geht es zum komplett aufgezeichneten Vortrag.

europarl.europa.eu, ec.europa.eu

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