TCO-Prognose: Ab wann alternative Lkw-Antriebe günstiger ausfallen als Diesel

Das International Council on Clean Transportation (ICCT) hat eine Studie über die Kosten verschiedener Lkw-Technologien und Kraftstoffoptionen in Europa veröffentlicht. Das Hauptergebnis: Batterie-betriebene Lkw werden voraussichtlich für die meisten Lkw-Klassen bis 2030 die kostengünstigsten Wegbereiter zur Dekarbonisierung sein.

Bild: Volvo Trucks

Noch ist offen, welche Antriebe im Lkw-Bereich in Zukunft Marktanteile gewinnen werden. Entscheidend wird die Entwicklung der Gesamtbetriebskosten (TCO) sein – und diese prognostiziert das ICCT nun für verschiedene europäische Lkw-Klassen. Die TCO setzen sich aus den Anschaffungskosten, den durchschnittlichen Kraftstoffpreisen in Europa, der Instandhaltung und den durchschnittlichen europäischen Mautgebühren, Steuern und Abgaben zusammen.

Um einen breiten Vergleich zu ermöglichen, deckt die vom ICCT vorgelegte Gesamtbetriebskosten-Analyse mehrere Lkw-Typen ab, darunter Sattelzugmaschinen im Fernverkehr mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 40 Tonnen, schwere und mittelschwere Lkw im regionalen und städtischen Lieferverkehr und leichte Lkw für den innerstädtischen Warentransport. Für jede dieser Klassen werden die Antriebsarten Batterie-elektrisch (BEV), Wasserstoff-elektrisch (FCEV), Wasserstoff-Verbrennungsmotor und konventionelle Motoren mit alternativen Kraftstoffen angenommen und die Kosten pro Kilometer prognostiziert. Auch der klassische Diesel wird dabei als Orientierungsposten integriert.

In einer großen Tabelle fasst das ICCT das Ergebnis für das Zieljahr 2030 zusammen. In allen Lkw-Klassen werden nach den Berechnungen der Studienmacher Batterie-elektrische Trucks, die ihre Energie aus dem europäischen Stromnetz beziehen, die niedrigsten Gesamtbetriebskosten haben. Für den Ferngüterverkehr sind dies zwischen 91 und 94 Cent pro Kilometer – je nachdem, welche Distanz die Sattelzugmaschinen zurücklegen und welche Ladestrategie (nur Depot- oder auch öffentliches Laden) verfolgt wird. Im regionalen und städtischen Warenverkehr sollen BEV ebenfalls am günstigsten abschneiden.

Der klassische Diesel kommt laut dem ICCT im Jahr 2030 auf eine rund 20 Prozent höhere TCO-Rechnung. Im Fernverkehr ist Diesel damit der Analyse zufolge aus Kostensicht die zweitbeste Option, gefolgt von konventionellen, aber mit HVO-Kraftstoff („Hydrotreated Vegetable Oil“) betriebenen Fahrzeugen und Wasserstoff-Antrieben. Bei mittelschweren und leichten Lkw werden Wasserstoff-Fahrzeuge an zweiter Stelle geführt und erst danach die klassischen Diesel- und die mit HVO-Kraftstoff betriebenen Modelle.

Lkw, deren Verbrennungsmotoren mit synthetischen Diesel („E-Diesel“) oder Bio-CNG betrieben werden, weisen 2030 voraussichtlich die höchsten TCO unter allen betrachteten Dekarbonisierungspfaden und über alle Lkw-Klassen hinweg auf. Bei Lkw mit Wasserstoffverbrennungsmotor unterscheiden die Studienmacher zwischen Modellen, die durch die Verbrennung von grünem Wasserstoff in ihrem Verbrennungsmotor angetrieben werden und solchen, die einen Zweistoffantrieb verbaut haben und sowohl Diesel (höchstens 10 Prozent) als auch Wasserstoff nutzen. Erstere Variante kommt auf sehr hohe TCO-Werte, letztere kann nicht mit den Kosten von emissionsfreien oder dieselgetriebenen Lkw mithalten, dürfte aber langfristig – die Studie betrachtet einen Zeitraum bis 2040 – bessere Gesamtbetriebskosten aufweisen als Lkw mit E-Diesel und Bio-CNG.

Als Schlüsselergebnisse halten die Studienmacher fest, dass mittelschwere und leichte BEV-Lkw bereits jetzt auf Kostenparität mit ihren Diesel-Pendants kommen. Bei schweren Fernverkehrs-Lkw werde die TCO-Parität voraussichtlich zwischen 2025 und 2026 erreicht werden, „was auf die teureren Anschaffungskosten aufgrund der großen Batterien zurückzuführen ist, die für hohe tägliche Reichweiten erforderlich sind“, wie es in dem Bericht heißt. Grundsätzlich sind und bleiben Batterie-elektrische Lkw teurer in der Beschaffung, warten aber anschließend mit geringeren Betriebskosten auf.

Brennstoffzellen-Lkw, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, können dem ICCT zufolge voraussichtlich ab 2035 in puncto Kosten mit Diesel-Lkw konkurrieren. „Angesichts der erwarteten Preissenkung von grünem Wasserstoff im Zeitraum 2030 bis 2040 werden Brennstoffzellen-Lkw die TCO-Parität mit Diesel-Lkw bis 2030 für mittelschwere und leichte Lkw im Stadtverkehr und bis 2035 für Lkw im Fernverkehr erreichen“, präzisiert das Dokument. Langfristig würden die Brennstoffzellen-Lkw aber eine 10 bis 20 Prozent höhere TCO als Batterie-elektrische Lkw behalten.

Lkw mit konventionellem Verbrennungsmotor, die mit alternativen, treibhausgasarmen Kraftstoffen wie HVO, E-Diesel und Bio-CNG angetrieben werden, „werden es schwer haben, die ökonomische Leistung von Diesel-Lkw zu erreichen. Eine Kombination aus hohen Kraftstoffkosten und geringer Energieeffizienz der Fahrzeuge führt zu viel höheren TCO“. Bis 2030 liegen ihre Gesamtbetriebskosten voraussichtlich 15 bis 45 Prozent höher als die analogen emissionsfreien Lkw, so die ICCT-Prognose. „Lkw, die mit 100 Prozent HVO betrieben werden, weisen bessere TCO auf als Lkw, die mit E-Diesel und Bio-CNG fahren, aber sie wären immer noch 20 bis 30 Prozent teurer als Batterie-betriebene Lkw“, heißt es. Übrigens: Die Studienmacher legten ihren Berechnungen aus Brasilien importierten E-Diesel zugrunde, da „dieser billiger wäre als die lokale Produktion von E-Diesel in der EU oder der Import aus anderen Ländern“.

Und Trucks mit Wasserstoffverbrennungsmotoren liegen bei der TCO-Bewertung im mittleren bis hinteren Mittelfeld. Getrieben durch den Preis von grünem Wasserstoff und den höheren Kraftstoffverbrauch im Vergleich zu emissionsfreien Lkw dürften Modelle mit Wasserstoffverbrennungsantrieben auch bis zum Jahr 2040 voraussichtlich noch 25 bis 45 Prozent teurer sein als Batterie-betriebene Lkw. Die Technologie könne jedoch E-Diesel und Bio-CNG bis zum Jahr 2040 klar übertreffen und zwar mittels bis zu 15 Prozent niedrigerer Gesamtbetriebskosten im Bereich der Langstrecken-Lkw, heißt es.

theicct.org

7 Kommentare

zu „TCO-Prognose: Ab wann alternative Lkw-Antriebe günstiger ausfallen als Diesel“
E-Bulli
16.11.2023 um 15:48
und wenn dann alle schlagartig auf BEV LKWs gehen (wollen), stellen wir fest, dass wir soviel elektrische Energie und soviele (MW-)Lader gar nicht haben...
Gerd
16.11.2023 um 16:06
Japp. Gilt für H2/FCEV und E-Fuels noch stärker
JK
16.11.2023 um 21:13
Ladepunkte oder Fahrzeuge, eins von beiden wird zuerst kommen, sich aber gegenseitig pushen. Gibt es mehr potentielle MCS fähige Fahrzeuge macht es mehr und mehr Sinn MCS Standorte zu errichten. Je mehr MCS Standorte es gibt, desto eher ist man geneigt umzusteigen, da das Laden weniger ein Problem darstellt. Dass beides zu 100% aufeinander abgestimmt wächst zum selben Zeitpunkt ist unrealistisch. Ist dasgleiche wie bei HPC Standorten. Machte es vor einigen Jahren wenig Sinn HPC Standorte zu errichten, da kaum BEV auf dem Markt waren, bauen nun viele Player. Aral, Shell, Ionity, EnBW, Pfalzwerke, Tesla sowieso, Allego, Fastned..
Andreas
17.11.2023 um 08:14
There has been a deep insight into the report. Even though the ICCT usually works unbiased and with high quality, this report is flawed. The electricity cost for producing hydrogen is much lower than for charging the BEV versions, even though the hydrogen is produced from the exact same electricity in the study. Hydrogen Trucks will be a lot less competitive than this study shows! https://cleantechnica.com/2023/11/15/new-icct-report-on-european-trucking-has-fatal-flaw-favoring-hydrogen/
Talis
17.11.2023 um 08:51
"Schlagartig" ist es eh nicht, da jedes Unternehmen ihre Fahrzeuge zyklisch erneuert. Da wird nicht innerhalb eines Jahres die gesamten Flotte ausgetauscht. Von den erst auch aufzubauenden Produktionskapazitäten ganz zu schweigen. Letztlich wird sich ein Gleichgewicht einstellen, das zu den Rahmenbedingungen passt.Der EE-Ausbau ist im Vergleich dazu extrem viel stärker, da brauchst du keine "Angst" zu haben. Spannend könnte natürlich werden, ob genug Ladepunkte vorhanden sind. Aber da es hier um die Wirtschaft geht, ist davon auszugehen, dass das kommen wird.
Markus Müller
17.11.2023 um 11:13
@JK: Frage: Wieviele MCS-Standorte gibt es heute?
Matthias
17.11.2023 um 15:37
Als erstes werden die Fahrzeuge umgestellt, die jeden Tag wieder im Depot sind. Damit ist erstmal für die nächsten Jahre genug zu tun und die Hersteller lernen auch immer weiter dazu.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert