Teilerfolg für S.A.F.E. im Patentstreit mit Compleo?

Im Streit um Eichrecht-Patente zwischen dem Verein S.A.F.E. und Compleo Charging Solutions hat das Bundespatentgericht den Parteien vor kurzem einen gerichtlichen Hinweis zugesandt. Danach tendiert das Gericht zu Gunsten der Auffassung des Vereins S.A.F.E.. Compleo ist zwar nicht einverstanden, will aber weiter verhandeln.

Bild: S.A.F.E.

Kurzer Rückblick zu der Thematik: Im Sommer 2022 hatte Compleo angekündigt, zwei Patente rund um das Eichrecht per Lizenz kommerzialisieren zu wollen. Im Zuge der Übernahme von Innogy eMobility Solutions hatte Compleo auch zwei Patente erworben, darunter das entscheidende europäische Patent EP2531368B1. Unter RWE und Innogy wurde die Nutzung dieses Patents schlichtweg zugelassen – die Ladeinfrastrukturbranche hatte zu jener Zeit geschlossen an den Herausforderungen des Eichrechts gearbeitet. Compleo als börsennotiertes Unternehmen sah sich hingegen gegenüber seinen Aktionären in der Pflicht, diese Duldung zu beenden – und die Nutzung der Patente durch Dritte zu kommerzialisieren. Damit können die über inzwischen über 100 S.A.F.E.-Mitglieder ihre eichrechtskonformen Ladestationen mit der Transparenzsoftware nicht mehr rechtssicher nutzen, ohne eine Lizenzvereinbarung mit Compleo einzugehen.

Wie wir bereits ausführlich berichtet haben, beschreibt das Patent ein Verfahren zur Nutzeridentifikation, mit der ein von einer Ladestation erfasster Messwert einem Nutzer zugeordnet werden kann – die Basis für eine saubere und transparente Abrechnung eines Ladevorgangs. Der Knackpunkt: Die sogenannte Transparenzsoftware der 2019 gegründeten Initiative S.A.F.E. (Software Alliance for E-mobility) baut auf ein Verfahren zur Signaturbildung auf, das jene Patente nutzt, die nun Compleo gehören. Gegen die beiden Patente hatte S.A.F.E. eine Nichtigkeitsklage eingereicht.

Schnelle Einigung oder jahrelanger Prozess?

Auch wenn der im Oktober vom Bundespatetentgericht versendete gerichtliche Hinweis kein Urteil des Patentgerichtes darstellt, misst S.A.F.E. dieser Mitteilung eine „erhebliche Bedeutung“ bei. Sie öffne den Raum, um zwischen Streitparteien eine einvernehmliche Lösung zu finden, ohne dass ein langjähriger und kostenintensiver Prozess durchgeführt werden muss. Der Vorstand des S.A.F.E. e.V. strebt nun nach eigenen Angaben „eine schnelle Einigung mit der Geschäftsführung der Compleo Charging Solutions AG und dem heutigen Inhaber der Patente, der Compleo Charging Solutions GmbH & Co. KG, an, um für alle Nutzer der Transparenzsoftware Klarheit und endgültige Rechtssicherheit zu schaffen“.

Compleo-CEO Jörg Lohr bestätigte gegenüber electrive, dass es den Hinweis des Gerichts gegeben habe und dieser „tendenziell die Position des S.A.F.E. e.V. unterstützt“. „Allerdings sind wir der festen Überzeugung, dass das Bundespatentgericht einige wesentliche Aspekte der Patentinhalte nicht vollumfänglich gewürdigt hat“, erklärte Lohr weiter. Welche Punkte er damit genau meint, spricht er allerdings nicht an.

Auch wenn es weiterhin unterschiedliche Auffassungen gibt, soll das Gespräch mit dem Verein weitergeführt werden. „Trotzdem setzen wir uns weiterhin aktiv dafür ein, gemeinsam mit dem S.A.F.E. e.V. eine Lösung für die Branche zu finden“, so der Compleo-CEO. „Wir arbeiten intensiv daran, diese Lösung zu entwickeln. Um jedoch mögliche Lösungsansätze mit dem S.A.F.E. e.V. nicht zu gefährden, werden wir keine weiteren Kommentare zu diesem Rechtsstreit abgeben.“

Dafür zeichnet sich ab, dass die Verhandlungsposition von Compleo, die Nutzung der Patente über Lizenzen zu Geld zu machen, etwas geschwächt wird. Denn die Compleo-Patente können – wie vom S.A.F.E. angestrebt – tatsächlich umgangen werden. Der Verein hat selbst eine Lösung entwickelt, „die laut patentanwaltlicher Überzeugung die oben benannten Patente nicht verletzt“. Die PTB hat den Prüfprozess der Transparenzsoftware in der Version 1.3.0 erfolgreich abgeschlossen, so Hauke Hinrichs, CEO der Smatrics und 1. Vorsitzender des S.A.F.E. e.V. Die neue Version der Transparenzsoftware steht allen Mitgliedern ab sofort auf der Homepage zur Verfügung. Somit könnten Hardwarehersteller dann mit der neuen Lösung ihrerseits in die Zertifizierung gehen – unabhängig vom Ausgang des Patentstreits zwischen S.A.F.E. und Compleo.

safe-ev.org

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