EU-Parlament gegen komplettes Verbrenner-Aus beim Lkw
Die Parlamentarier stimmen dem im Februar vorgestellten Vorschlag der Kommission zu, dass ab 2030 nur noch emissionsfreie neue Stadtbusse zugelassen werden dürfen. Sie schlagen aber eine vorübergehende Ausnahme bis 2035 für mit Biomethan betriebene Stadtbusse unter strengen Auflagen vor.
Für mittelschwere und schwere Lkw „einschließlich Berufsfahrzeuge“ wie Müllwagen, Kipper oder Betonmischer und Reisebusse sollen die CO2-Flottenemissionen laut dem Votum des Parlament ab 2030 um 45 Prozent, ab 2035 um 65 Prozent und ab 2040 um 90 Prozent gesenkt werden müssen – das Basisjahr ist in allen Fällen 2005. Auch diese Zielvorgaben entsprechen den Vorschlägen der EU-Kommission.
Verabschiedet wurde das Positionspapier übrigens mit 445 Ja-Stimmen, 152 Nein-Stimmen und 30 Enthaltungen. Mit dieser Position können die EU-Kommission und das Parlament nun in die finalen Verhandlungen über die Gesetzgebung mit dem EU-Rat gehen – also jenem Gremium, in dem die Mitgliedsstaaten organisiert sind. Die EU-Staaten wollen hingegen sogar das Verbrenner-Aus im Stadtbus von 2030 auf 2035 verschieben.
Konservative bringen wieder E-Fuels ins Spiel
„Der Übergang zu emissionsfreien Lkw und Bussen ist nicht nur der Schlüssel zum Erreichen unserer Klimaziele, sondern auch ein entscheidender Treiber für sauberere Luft in unseren Städten“, sagt Bas Eickhout, der zuständige Berichterstatter des Parlaments. „Wir schaffen Klarheit für eine der größten Fertigungsindustrien Europas und einen klaren Anreiz, in Elektrifizierung und Wasserstoff zu investieren. Wir bauen auf dem Vorschlag der Kommission auf, indem wir den Anwendungsbereich erweitern und mehrere Ziele und Benchmarks anpassen, um mit der Realität Schritt zu halten, da der Übergang schneller voranschreitet als erwartet.“
Gemäß den Wünschen des Parlaments soll der CO2-Ausstoß also massiv sinken und somit die Fahrzeuge bis 2030 bzw. 2040 fast komplett emissionsfrei werden – aber eben nur fast. Wie etwa der „Spiegel“ schreibt, haben die Abgeordneten „auf Drängen der Konservativen im Parlament“ eine altbekannte Hintertür eingebaut: Bei den Nutzfahrzeugen sollen auch jene Fahrzeuge als emissionsfrei gelten, die mit Biosprit oder E-Fuels betrieben werden. Klar ist: Die Passage ist erst im Parlament in das Positionspapier aufgenommen worden. In der Vorlage, die der zuständige Umweltausschuss des Parlaments im Oktober vorgelegt hatte, war von E-Fuels noch keine Rede.
Die Argumente für und wider synthetische Kraftstoffe klingen ähnlich wie bei der Debatte rund um den Einsatz von E-Fuels im Pkw: „Von vornherein Technologien auszuschließen, ist der falsche Weg“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Union im Europaparlament, Jens Gieseke (CDU). Der grüne Abgeordnete Michael Bloss hält dagegen: „Wir sehen nicht, dass E-Fuels da überhaupt eine Zukunft haben. Die fossile Lobby torpediert damit die Modernisierung und riskiert, dass Europa weiter zurückfällt im Rennen um die zukünftigen Produktionsstandorte.“ Die Grünen befürworten E-Fuels in der Luft- und Schifffahrt, auf der Straße setzt die Partei auf elektrische Antriebe.
Die Position der Grünen wird von der Nicht-Regierungs-Organisation Transport & Environment gedeckt. „Biokraftstoffe und E-Fuels sind ein Schlupfloch, um noch jahrzehntelang Lkw mit Dieselmotoren auf den Markt zu bringen“, sagt die Beauftragte für Nutzfahrzeuge bei T&E, Kim Kohlmeyer. Transport & Environment forderte die Umweltminister im EU-Rat auf, die Passage zu den E-Fuels wieder zu streichen.
Der Herstellerverband ACEA stuft die Pläne als „sehr ehrgeizig“ ein, vor allem vor dem Hintergrund „unzureichender Rahmenbedingungen“. Die Industrie allein könne den Wandel nicht schaffen. Der ACEA plädiert für eine enge Abstimmung mit allen Beteiligten aus den Bereichen Infrastruktur, Logistik und ÖPNV – und für eine staatliche Förderung beim Umstieg.
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