BNetzA löst die Netzbremse beim Wallbox-Ausbau
Die finalen Regelungen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen für E-Autos, wie es offiziell umschrieben wird, werden mit dem am Montag veröffentlichten Beschluss ab dem 1. Januar 2024 gelten. Inhaltlich bleibt es bei der im Juni im überarbeiteten Entwurf angekündigten Regelung – das wichtige Start-Datum ist aber neu.
Das heißt: Der lokale Netzbetreiber darf – „wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht“ – die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär „dimmt“. Für die Dauer der konkreten Überlastung darf der Strombezug dieser „steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“ auf bis zu 4,2 kW senken dürfen. Sprich: E-Autos können weiter geladen werden, wenn auch langsamer. Auch die Wärmepumpe läuft weiter, wenn auch nicht mit voller Leistung. Im Idealfall bekommen die Nutzer gar nichts davon mit – weil selbst nach einer vorübergehenden Drosselung in Zeiten hoher Belastung (also meist abends) der Akku ihres E-Autos am nächsten Morgen komplett geladen ist und die Wärmepumpe genügend Wärme erzeugt, um die Temperatur im Haus zu halten.
Daraus folgen mehrere Punkte:
- Vollständige Abschaltungen der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen sind nicht mehr zulässig.
- Der reguläre Haushaltsstrom ist davon nicht betroffen.
- Besondere Anforderungen von Großwärmepumpen werden gesondert berücksichtigt.
Die 4,2 kW wurden mit Blick auf die Technik gewählt. Ursprünglich waren 3,7 kW in der Diskussion, also einphasiges Laden mit 16 Ampere. Wenn aber bereits ein Ladevorgang mit 11 kW läuft, wird dreiphasig mit jeweils 16 Ampere geladen – und der Wechsel von drei auf eine Phase während des Ladevorgangs ist komplex. Die 4,2 kW entsprechen dem dreiphasigen Laden mit 6 Ampere – die Reduktion der Stromstärke ist einfacher umzusetzen als der Wechsel der Phasen.
Netzbetreiber dürfen neue Wallboxen nicht mehr ablehnen
Ein neuer Punkt: Dafür, dass die Netzbetreiber bei der Gefahr einer Überlastung den Strombezug von Wallboxen und Wärmepumpen „dimmen“ dürfen, dürfen sie den Anschluss von neuen Wärmepumpen oder Wallboxen zukünftig „nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern“, so die BNetzA. Und: Die 4,2 kW gelten nur für den Netzbezug. Verfügt das Haus etwa über eine eigene PV-Anlage, wird der selbst erzeugte Strom eingerechnet. Eine Wallbox darf also selbst im „gedimmten“ Betrieb zum Beispiel mehr Strom als die 4,2 kW abgeben, wenn dieser aus der eigenen Solaranlage stammt.
Dazu kommen für die Nutzer finanzielle Vorteile: Das Entgelt kann entweder mit einem „netzbetreiberindividuellen pauschalen Betrag (Modul 1)“ oder einer „prozentualen Reduzierung des Arbeitspreises (Modul 2)“ erfolgen. Beim Modul 1 kann der Rabatt laut einem Beispiel der BNetzA zwischen 110 und 190 Euro brutto pro Jahr betragen – da das „iner Reduzierung um 50 bis 95 Prozent des für den jährlichen Verbrauch eines E-Autos (ca. 2.500 kWh) zu zahlenden Netzentgelts“ entspricht, sei diese Variante „sehr attraktiv für die E-Mobilität“. Beim Modul 2 mit einer prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises um 60 Prozent soll das Modell für Wärmepumpen geeignet sein, so die Agentur.
Wichtig: Für Bestandsanlagen, für die eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber besteht, sieht die Bundesnetzagentur Übergangsregelungen vor. Bestandsanlagen ohne eine solche Vereinbarung bleiben dauerhaft ausgenommen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regelungen fallen.
Auch für den Netzbetreiber gibt es Übergangsregelungen. Solange der Netzbetreiber noch nicht die notwendigen Vorbereitungen für die netzorientierte Steuerung getroffen hat, kann er maximal 24 Monate unter Beachtung einiger Rahmenbedingungen vorsorglich steuern. Netzbetreiber müssen Steuerungseingriffe in einem einheitlichen Format auf einer gemeinsamen Internetplattform detailliert ausweisen. So ist auch für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar, wenn in einzelnen Netzbereichen Überlastungsprobleme auftreten und der Netzbetreiber sein Netz besser ausstatten muss.
Prozess geht noch auf die GroKo zurück
„Wir wollen, dass jeder angeschlossen wird und gleichzeitig alle ein sicheres Netz haben. Ein Netzbetreiber darf nun den Anschluss von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nicht mehr mit Verweis auf mögliche Engpässe verweigern“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. „Wir rechnen damit, dass Eingriffe des Netzbetreibers die zwingende Ausnahme bleiben. Wir stärken in der finalen Regelung die Möglichkeiten der Verbraucher, Reduzierungen eigenständig zu koordinieren und dabei selbst erzeugten Strom anzurechnen. Verbraucher werden Eingriffe meist kaum bemerken, da ein Basisbezug an Strom gesichert wird. Wenn Engpässe auftreten, muss das Netz ausgebaut werden. Darauf werden wir achten.“
Müller dankte auch allen Akteuren für die „offene und konstruktive Diskussion der Regelungen in den vergangenen Monaten“. Der nun veröffentlichten Regelung ist in der Tat ein langer Prozess vorausgegangen: Im Juli 2022 wurde die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (inklusive der umstrittenen Spitzenglättung nach Paragraf 14a) beschlossen und die genaue Ausgestaltung der Spitzenglättung in die Verantwortung der Bundesnetzagentur gegeben – nachdem zwei Bundesregierungen bereits darüber debattiert hatten. Im November 2022 hatte die Bundesnetzagentur zwei Festlegungsverfahren zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wallboxen oder Wärmepumpen in Stromverteilernetze eröffnet und angekündigt mit diesem „Eckpunktepapier“ in die Konsultation mit Verbänden und anderen Stakeholdern zu gehen. Die Frist für Einwendungen endete am 27. Januar 2023. Der zweite Entwurf zur sogenannten „Spitzenglättung“ wurde dann im Juni veröffentlicht und seitdem diskutiert.
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