Erste Elektro-Zugmaschine bei Dachser im regulären Fernverkehr

Der Logistikkonzern Dachser setzt erstmals im Regelbetrieb einen Elektro-Lkw auf einer Fernverkehrsverbindung ein. In Tschechien ist dafür neuerdings ein Volvo FH Electric mit zwei Wechselbrücken unterwegs. Das Tandemgespann hat ein Gesamtgewicht von 44 Tonnen und im Praxiseinsatz laut Dachser eine Reichweite von rund 300 Kilometern.

Bild: Dachser

Dachser betont, dass es sich bei dem Volvo um seinen ersten vollelektrischen Wechselbrückenzug im regulären Fernverkehr handelt. Das Gespann fährt Nacht für Nacht eine rund 180 Kilometer lange Strecke zwischen Kladno (nahe Prag) und Hradec Králové hin und zurück. Tagsüber absolviert es zudem zwei weitere Touren mit jeweils 180 Kilometern Länge.

Der dafür eingesetzte Volvo FH Electric ist mit drei Elektromotoren und sechs Traktionsbatterien mit einer Gesamtkapazität von 540 kWh ausgestattet. Diese können mit einer DC-Ladeleistung von theoretisch 250 kW in nur 2,5 Stunden vollständig aufgeladen werden. Allerdings lädt das Volvo-Exemplar bei Dachser in Tschechien an 180-kW-Ladern, was in diesem Fall der limitierende Faktor ist.

Kurz zur Einordnung: Der FH Electric ist einer von sechs Elektro-Lkw in der Gewichtsklasse von 16 bis 44 Tonnen, die Volvo Trucks derzeit im Portfolio hat. Er weist eine Dauerleistung von 490 kW und die erwähnte Batteriekapazität von bis zu 540 kWh auf. Bei Dachser kommt also die Batterie-Konfiguration mit dem größten Energiegehalt zum Einsatz.

Reichweite von bis zu 300 Kilometern

Der schwere Lkw ist in zwei Fahrgestellhöhen erhältlich – mit Radständen von 3.800 bis 6.700 mm und in Konfigurationen mit zwei, drei oder vier Achsen. Er teilt sich wie berichtet die Plattform mit seinen diesel- oder gasbetriebenen Pendants. Die Reichweite wird herstellerseitig mit bis zu 300 Kilometern angegeben. Positioniert wird das Fahrzeug von den Schweden damit im Bereich der regionalen und überregionalen Transporte.

Übrigens: Die Fernstrecken-Tauglichkeit des FH Electric hatte Volvo Trucks bereits 2022 auf der sogenannten Green Truck Award Route unabhängig testen lassen. Als Ergebnis hielt der Lkw-Bauer seinerzeit fest, dass „es möglich ist, während eines normalen Arbeitstages bis zu 500 Kilometer zu fahren. Mit einem kurzen Stopp zum Aufladen, zum Beispiel in der Mittagspause“.

Gebaut wird der FH Electric nebst Volvos beiden weiteren E-Schwerlast-Lkw FM Electric und FMX Electric in Göteborg und Gent – auf einer Linie mit den entsprechenden Verbrennern. Bestellbar ist das Elektro-Trio seit Mai 2022. Insgesamt produziert Volvo Trucks sechs Lkw-Stromer in Serie: Die anderen drei sind die Elektro-Versionen der mittelschweren Lkw-Modelle Volvo FE und Volvo FL sowie der VNR für Nordamerika.

Chassis muss für Wechselbrücken niedrig sein

Doch von Nordamerika zurück nach Tschechien: Dachser betont, dass der Einsatz in der Wechselbrücken-Logistik ganz spezifische Anforderungen an die Zugmaschine stelle: „Das Chassis des E-Lkw für Wechselbrücken muss niedrig sein, um die maximale Gesamthöhe von vier Metern nicht zu überschreiten und gleichzeitig eine passende Abstellhöhe zum Beladen zu ermöglichen.“ Und: „Aufgrund des hohen Gesamtgewichts des Gespanns und der langen Transportstrecken sind entsprechend große Batterien notwendig, die jedoch viel Raum unter dem Fahrzeug benötigen.“

Der Volvo FH Electric erfüllt laut Dachser diese Anforderungen. Das Fahrzeug habe eine niedrige Aufbauhöhe bei gleichzeitig ausreichender Reichweite. Sein Fahrgestell biete darüber hinaus eine gute Manövrierfähigkeit und Flexibilität sowie einen leisen Betrieb. „Wir freuen uns sehr, dass es uns im Rahmen unserer Klimaschutzaktivitäten gelungen ist, nach dem Nahverkehr nun auch den Startschuss für die Elektrifizierung unserer sehr wichtigen Wechselbrücken-Systemverkehre zu geben“, äußert Stefan Hohm, Chief Development Officer von Dachser.

Zur Vorbereitung auf die ersten E-Lkw hat Dachser Czech Republic bereits im vergangenen Jahr in die Installation von Ladestationen investiert, die sowohl für Lkw als auch für Pkw geeignet sind. Auf dem Gelände der größten tschechischen Niederlassung in Kladno bei Prag haben die Initiatoren des Projekts eine 180-kW-Ladestation für Lkw und sechs AC-Ladestationen mit 22 kW für Pkw aufgestellt. In der Niederlassung in Hradec Králové stehen ebenfalls eine Lkw- und sechs Pkw-Lader bereit.

Zu seinen weiteren eMobility-Ambitionen im Fernverkehr äußert sich Dachser noch nicht. So bleibt unklar, ob in naher Zukunft auch in Deutschland erste Schwerlast-Trucks im regulären Betrieb über längere Strecken eingesetzt werden sollen. Dafür spricht, dass Dachser bereits eine Absichtserklärung für die Beschaffung von 50 Exemplaren des jüngst gelaunchten E-Fernverkehrs-Lkw Mercedes-Benz eActros 600 unterzeichnet hat.

Konkreter sind die Pläne des Logistikdienstleisters im städtischen Umfeld: Bis 2025 plant Dachser emissionsfreie Liefergebiete in mindestens 22 europäischen Großstädten. Derzeit werden bereits in zwölf Städten ungekühlte Paket- und Stückgutsendungen mit Elektrofahrzeugen zugestellt, im Einzelnen in Berlin, Freiburg, Stuttgart, München, Dortmund, Kopenhagen, Oslo, Prag, Strasbourg, Paris, Madrid und Porto. Bis Ende 2025 sollen zehn weitere europäische Großstadtzentren hinzukommen, und zwar „definierte Innenstadtgebiete“ in Amsterdam, Barcelona, Dublin, Hamburg, Köln, London, Malaga, Rotterdam, Stockholm, Toulouse, Warschau und Wien.

Um dieses Ziel zu erreichen, geht Dachser „von einer deutlich besseren Verfügbarkeit von kleinen Elektro-Lkw und dem beschleunigten Ausbau von Ladeinfrastrukturen in ganz Europa aus.“ Auf einzelne Modelle legt sich der Logistiker dabei nicht fest. Bei den E-Lkw unterschiedlicher Gewichtsklassen hat Dachser bisher vor allem auf Produkte von Daimler Truck gesetzt – vom leichten Fuso eCanter bis hin zum Mercedes eActros.

Dass Dachser der E-Antriebswende aktiv begegnen will, machten die Allgäuer bereits im September 2022 mit der Ankündigung deutlich, drei deutsche Niederlassungen zu E-Mobility-Standorten entwickeln zu wollen. In Freiburg, Hamburg und Malsch bei Karlsruhe erforscht das Unternehmen seitdem klimafreundliche Technologien und Abläufe sowie das intelligente Strom- und Lastmanagement.

Damit soll langfristig die Anzahl von Null-Emissionsfahrzeugen im gesamten europäischen Dachser-Netzwerk erhöht werden, wie das Unternehmen bei Bekanntgabe der Pläne mitteilte. Im Fokus des Projekts stehen Batterie-elektrische Lkw und Pkw sowie deren Ladeinfrastruktur, die Nutzung und Eigenproduktion von erneuerbarem Strom sowie das intelligente Strom- und Lastmanagement. Batterie-Lkw sind zwar gesetzt, Dachser zieht aber auch andere Antriebe in Betracht: Wasserstoff-Lkw sowie die notwendige Betankungsinfrastruktur sollen an den Standorten ebenfalls erprobt werden.

Jeder E-Mobility-Standorte mit eigenem Fokus

Bei Dachser in Freiburg geht es vor allem um das intelligente Strom- und Lastmanagement. Dort soll die Eigenstromproduktion (PV-Anlage mit Batteriepuffer) mit unterschiedlichen Verbrauchern abgestimmt werden. Zu diesen zählen unter anderem Lkw aus dem Nah- und Fernverkehr, Dienstwagen und Pkw von Mitarbeitenden sowie Flurförderzeuge und Anlagetechnik.

In der Niederlassung Hamburg werden seit diesem Jahr zwei Themen beackert: Zum einen kommen dort bei Dachser Batterie-elektrische Nah- und Fernverkehrs-Lkw sowie ein intelligentes Lastmanagement in Verbindung mit stationärer Kühltechnik zum Einsatz. Zum anderen werden in Hamburg neue Batterie-elektrische Kühlauflieger getestet. Außerdem fährt ein Wasserstoff-Lkw im Nahverkehr der Metropolregion.

In Malsch erprobt Dachser schließlich Batterie-elektrische Shuttle- und Linienverkehre mit Sattelzügen und Wechselbrückenzügen. Also ähnliche Szenarien wie sie jetzt in Tschechien realisiert wurden. Das Unternehmen verfügt an diesem Standort über einen eigenen Fuhrpark und kann so nach eigenen Angaben „direkte Erfahrungen mit dem Einsatz der neuen Technologien im Prozess“ sammeln.

Dachser gehört zu den großen deutschen Logistikmarken. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Kempten beschäftigt weltweit rund 32.850 Mitarbeiter an 379 Standorten und bewegte 2022 eigenen Statistiken zufolge 81,1 Millionen Sendungen mit einem kumulierten Gewicht von 42,8 Millionen Tonnen.

mynewsdesk.com

6 Kommentare

zu „Erste Elektro-Zugmaschine bei Dachser im regulären Fernverkehr“
Liebl Robert
14.12.2023 um 15:00
Es wäre interessant zu wissen wie weit diese LKW´s im realen Verkehr tatsächlich kommen. Angaben wie "bis zu 300km" sind absolut nicht aussagefähig. Genauso wie wltp! Auch unter Betrachtung Sommer/Winter und der Zuladung.
Eugen Weibert
16.12.2023 um 10:08
Hallo Robert,wenn Sie Interesse haben , an einem Kauf eines elektrischen Volvo, machen Sie einen Termin mit unserem Volvo Verkäufern. Wir haben bereits viele zufriedene Kunden, die elektrischen Volvo besitzen. Es kommt letztendlich immer auf den Einsatz an, wo LKW betrieben wird, manchmal sind da auch 300 km Reichweite schon völlig überflüsig.
Arslan Mehmet
15.12.2023 um 23:50
Das hört sich nicht schlecht an wenigsten beim fahren ist nicht mehr zu laut bin sehr zu frieden das ich angestellte bin bei Dachser Bayern und München ist mein Heimat seit 37 jahre kann diese stadt nicht verlassen Vielen Herzlichen Dank an Familie Thomas Dachser
Dieter Heer
16.12.2023 um 03:28
Ich finde es s schön dass Dachser das ausprobiert. Was ist nicht so schön finde, Überschriften die nicht den Tatsachen entsprechen. Begegnungsverkehr ist kein Fernverkehr. Für den reinen Fernverkehr sind 300 bzw. 500 km ein Witz. Auch ist die Infrastruktur nicht gegeben um E-Lkws im Fernverkehr zu betreiben, genauso wenig wie E-Autos. Also bitte liebe Reporterin, wir haben genug Schlagzeilen die sich beim Durchlesen als nicht zutreffen erweisen, bleiben sie bei der Realität.
Mathias Stein
16.12.2023 um 13:27
300 km ist aber kein Fernverkehr Ich fahre regelmäßig Hamburg - Rostock und zurück, Nahverkehr. Hamburg Dithmarschen, Nahverkehr. Fern fängt bei mir erst ab 500km hin und zurück an. Ausserdem selbst wenn es 300km Begegner ist, kann der Lkw nicht direkt zurück fahren und die Ware kommt nicht pünktlich an.
Mark Müller
18.12.2023 um 17:55
Alles schön und gut, aber weder 180 km hin und 180 zurück, noch 300 km Maximalstrecke sind 'regulärer Fernverkehr'. Bitte Titel einigermassen realistisch gestalten.

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