Schaeffler übernimmt knapp 80 Prozent der Vitesco-Anteile
Dass Schaeffler den Antriebshersteller Vitesco übernehmen will, machte der Zulieferer bereits im Oktober publik. Im November wurde die Sache konkret: Beide Seiten unterschrieben einen Vertrag über den geplanten Zusammenschluss. Den Vitesco-Aktionären wurde daraufhin ein verbessertes Angebot (94 statt 91 Euro pro Vitesco-Aktie) vorgelegt, das sie bis Mitte Dezember annehmen konnten. Nun ist diese Angebotsfrist verstrichen – und Schaeffler meldet als Ergebnis, weitere knapp 30 Prozent der Vitesco-Anteile gekauft zu haben.
Knapp 50 Prozent der Vitesco-Aktien hatte die Schaeffler-Holding IHO bereits zuvor gehalten. Insgesamt wird Schaeffler nach dem für den 5. Januar 2024 geplanten Vollzug des Erwerbsangebots über 79,82 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte an Vitesco verfügen. Übrigens: Für Aktionäre, die seit der Abspaltung von der Continental AG in Vitesco investiert hatten, repräsentierte das Schaeffler-Angebot einen Aufschlag von 57,2 Prozent auf den erstmaligen Kurs der Vitesco-Aktie von 59,80 Euro am 16. September 2021.
Bereits klar ist, dass Vitesco in der Schaeffler AG mit Sitz in Herzogenaurach aufgehen soll. Ein „paritätisch besetztes Integrationskomitee“ soll den Integrationsprozess steuern – es handelt sich dabei um die CEOs, CFOs und Personalvorstände von Schaeffler und Vitesco. „Unter Führung des Integrationskomitees werden beide Unternehmen bis spätestens Mitte 2024 einen Geschäftsplan für das kombinierte Unternehmen erarbeiten“, so Schaeffler. Das kombinierte Unternehmen soll insbesondere im Bereich der Elektrifizierung ein lückenloses Produktportfolio anbieten und so das beschleunigte Wachstumspotenzial der Elektromobilität nutzen.
Und: Es wurde vereinbart, dass die Sparte E-Mobility von Thomas Stierle geführt wird, der bislang die Vitesco-Division Electrification leitet. Diese Personalentscheidung ist wichtig für den Kurs der Sparte. Stierle wird dann auch den künftig neunköpfigen Konzernvorstand angehören. Neben dem Schaeffler-Vorstandsvorsitzenden Klaus Rosenfeld werden die vier „Funktionsvorstände“ CFO, CHRO, CTO und COO und auch die CEOs der vier Sparten im Vorstand sitzen.
„Mit dem Ergebnis des Erwerbsangebotes sind wir sehr zufrieden. Die Schaeffler AG wird ab 5. Januar 2024 mit rund 30 Prozent an der Vitesco Technologies Group AG beteiligt sein. Das ist etwas mehr als wir erwartet hatten und eine sehr gute Basis, um die Transaktion weiter wie geplant umsetzen zu können“, kommentiert Klaus Rosenfeld, Vorstandsvorsitzender der Schaeffler AG.
Das Erwerbsangebot war laut Rosenfeld der erste Schritt einer dreistufigen Gesamttransaktion. Als zweiter Schritt steht die Abstimmung über die Vereinheitlichung der Aktiengattungen von Schaeffler an. Zu diesem Zweck bittet das Unternehmen für den 2. Februar 2024 zur außerordentlichen Hauptversammlung und zur gesonderten Versammlung der Vorzugsaktionäre nach Herzogenaurach. „Die Anteilseigner können dort in Präsenz über die geplante Umwandlung der nichtstimmberechtigten Vorzugsaktien in Stammaktien mit vollem Stimmrecht abstimmen, welche gemeinsam mit der Verschmelzung wirksam werden soll“, heißt es.
Das Angebot zur Umwandlung bringt Rosenfeld zufolge für die Inhaber von Vorzugsaktien wesentliche Vorteile: Sämtliche Anteilseigner der Schaeffler AG würden nach der Umwandlung stimmberechtigt, womit künftig das Prinzip „One share, one vote“ gelte. „Schaeffler kommt damit dem wiederholt vom Kapitalmarkt geäußerten Wunsch nach größerer Teilhabe am Unternehmen nach.“
Der dritte Schritt der Gesamttransaktion besteht aus der Verschmelzung beider Unternehmen. Diese bedarf der Zustimmung der Hauptversammlungen beider Firmen, die voraussichtlich am 24. April 2024 (Vitesco) und 25. April 2024 (Schaeffler) stattfinden. Offiziell vollzogen sein soll die Fusion im vierten Quartal 2024.
Für das kombinierte Unternehmen wird unterdessen weiterhin ein Streubesitz von circa 30 Prozent angestrebt. Es soll laut Schaeffler einen Pro-Forma-Jahresumsatz von rund 25 Milliarden Euro aufweisen und mehr als 120.000 Mitarbeitende beschäftigen. Schaeffler geht weiterhin davon aus, dass die Verschmelzung erhebliches Synergiepotenzial mit einem erwarteten EBIT-Effekt von 600 Millionen Euro jährlich bietet, das im Jahr 2029 vollständig erreicht werden soll.
Update 14.03.2024: Die Vitesco-Übernahme durch Schaeffler hat einen weiteren Schritt in Richtung Vollzug gemacht. Beide Unternehmen haben mit Zustimmung der jeweiligen Aufsichtsräte einen Vertrag abgeschlossen, der die Bedingungen der Verschmelzung der Vitesco Technologies Group auf die Schaeffler AG rechtsverbindlich festlegt. Die Wirksamkeit des Verschmelzungsvertrags bedarf noch der Zustimmung der Hauptversammlungen beider Unternehmen, die für den 24. April 2024 (Vitesco) und den 25. April 2024 (Schaeffler) geplant sind, sowie der nachfolgenden Eintragung in die jeweiligen Handelsregister. Der Abschluss der Transaktion wird weiterhin für das vierte Quartal 2024 erwartet.
Das bereits veröffentlichte vorläufige Umtauschverhältnis von 5 zu 57 wurde im unterzeichneten Vertrag verbindlich bestätigt. Somit sollen Vitesco Technologies-Aktionäre für eine Vitesco Technologies-Aktie 11,4 Schaeffler-Aktien erhalten. „Die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses wurde von einem gemeinsamen Bewertungsgutachter und dem gerichtlich bestellten Verschmelzungsprüfer bestätigt“, heißt es in der aktuellen Mitteilung.
„Mit der Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrags haben wir einen weiteren wichtigen Meilenstein bei der Umsetzung der Transaktion erreicht. Parallel dazu kommen die Vorbereitungen zur Integration von Vitesco in Schaeffler gut voran“, sagt Schaeffler-CEO Klaus Rosenfeld. „Wir sind zuversichtlich, die Transaktion wie geplant im vierten Quartal abzuschließen und unser Vorhaben, im Interesse unserer Kunden, Aktionäre und Mitarbeiter gemeinsam mit Vitesco eine führende Motion Technology Company zu etablieren, erfolgreich umzusetzen.“
schaeffler.com, vitesco-technologies.com, schaeffler.de (beide Uptade)
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