AFIR gilt ab dem 13. April – und löst in weiten Teilen die LSV ab
Das heißt: Gemäß der AFIR müssen ab dann öffentlich zugängliche DC-Schnelllader ab 50 kW mit einem Kartenleser oder einer kontaktlosen Bezahlmöglichkeit für die Ad-Hoc-Bezahlung ausgerüstet sein. Für Ladesäulen mit geringeren Ladeleistungen ist ein dynamischer QR-Code ausreichend – hier ist aber „dynamsich“ das entscheidende Stichwort. Denn ein Aufkleber an der Ladesäule mit einem statischen QR-Code genügt laut BBNM nicht. Denn der QR-Code soll für den Start und die Bezahlung des Ladevorgangs genutzt werden können – und muss somit für jeden Ladevorgang individuell erstellt werden. Dafür wird also eine Art Display benötigt, das den dynamischen QR-Code anzeigen kann. Der Zahlvorgang muss zudem über ein entsprechendes Backend und eine sichere Datenverbindung abgewickelt werden.
Der 13. April wird damit zu einem wichtigen Stichtag. Denn bislang wurde in der deutschen Ladeinfrastruktur-Branche damit gerechnet, dass die Neuregelung gemäß der Novelle der Ladesäulenverordnung (LSV) zum 1. Juli kommt, dann aber einheitlich für alle Ladestationen. Auf Anfrage des BBNM hat das zuständige Referat IVA6 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) jedoch bestätigt, dass durch die AFIR „die bislang gültige deutsche Ladesäulenverordnung (LSV) in weiten Teilen unwirksam“ werde.
Die AFIR-Vorgaben hatte das Europaparlament im vergangenen Juli auf den Weg gebracht. Dabei ging es in erster Linie um Vorgaben zur Dichte eines europäischen Ladenetzes an wichtigen Fernstraßen (bis 2026 alle 60 Kilometer für Autos und alle 120 Kilometer für Lkw und Busse). Darüber hinaus enthält die AFIR weitere Vorgaben für diese Ladeparks (die Details finden sich in diesem Artikel), und eben auch zu den Zahlungsmodalitäten.
Nachrüstung bis 2027 vorgeschrieben
In der entsprechenden Verordnung (Link am Ende des Artikels) heißt es wörtlich: „An öffentlich zugänglichen Ladepunkten, die ab dem 13. April 2024 errichtet werden, muss punktuelles Aufladen unter Verwendung eines in der Union weitverbreiteten Zahlungsinstruments möglich sein. Zu diesem Zweck akzeptieren die Betreiber von Ladepunkten an diesen Punkten elektronische Zahlungen über Endgeräte und Einrichtungen, die für Zahlungsdienste genutzt werden, darunter mindestens eines der folgenden Geräte: a) Zahlungskartenleser, b) Geräte mit einer Kontaktlosfunktion, mit der zumindest Zahlungskarten gelesen werden können; c) für öffentlich zugängliche Ladepunkte mit einer Ladeleistung von weniger als 50 kW Geräte, die eine Internetverbindung nutzen und einen sicheren Zahlungsvorgang ermöglichen, etwa solche, die einen spezifischen Quick-Response-Code erzeugen.“
Und: Ab dem 1. Januar 2027 müssen Schnelllader mit 50 kW oder mehr, „die entlang des TEN-V-Straßennetzes oder auf einem sicheren und gesicherten Parkplatz errichtet werden“, den Anforderungen in den Buchstaben a) und b) entsprechen – also einen Kartenleser oder eine kontaktlose Zahlungsmöglichkeit haben. Das gilt auch für Ladepunkte, die vor dem 13. April 2024 errichtet wurden. Sprich: Derartige Ladepunkte müssen bis Ende 2026 nachgerüstet werden.
Wird an den Ladepunkten Plug&Charge angeboten (oder offiziell „eine automatische Authentifizierung“), müssen die Betreiber übrigens sicherstellen, dass die Nutzer die Möglichkeit haben, die automatische Authentifizierung an einem Ladepunkt nicht zu nutzen – um etwa mit einem anderen (also in der Regel günstigeren) Zahlungsmittel zu zahlen. „Die Betreiber von Ladepunkten zeigen den Endnutzern diese Option deutlich an und bieten sie ihnen auf geeignete Weise an jedem öffentlich zugänglichen Ladepunkt, den sie betreiben und an dem eine automatische Authentifizierung möglich ist, an“, so die im EU-Amtsblatt veröffentlichte Verordnung.
Ein Punkt, der für deutlich mehr Diskussionen in der Branche sorgen dürfte als die Regelung rund um Plug&Charge: „Die von den Betreibern öffentlich zugänglicher Ladepunkte berechneten Preise müssen angemessen, einfach und eindeutig vergleichbar, transparent und nichtdiskriminierend sein“, heißt es in Absatz 3. Und es müssen ab April einheitliche Preise sein, der Ladesäulenbetreiber (CPO) darf von Endkunden und anderen Mobilitätsdienstleistern (MSP) nicht mehr unterschiedliche Preise verlangen – oder auch unterschiedliche Konditionen zwischen einzelnen Mobilitätsdienstleistern. Eine Unterscheidung zwischen B2C- und B2B-Tarifen ist heute noch durchaus üblich. Einschränkend heißt es aber weiter: „Eine Differenzierung des Preisniveaus darf allerdings stattfinden, jedoch nur, wenn die Differenzierung verhältnismäßig und objektiv gerechtfertigt ist.“
Welcher Preis ist „angemessen“ und „verhältnismäßig“?
In Absatz 5 heißt es jedoch später: „Die von Mobilitätsdienstleistern den Endnutzern berechneten Preise müssen angemessen, transparent und nichtdiskriminierend sein.“ Also dürfen auch die MSP nicht mehr beliebig hohe Preise ansetzen, da sie „angemessen“ sein müssen. Und die MSP müssen den „Endnutzern vor Beginn des beabsichtigten Ladevorgangs alle geltenden Preisinformationen, die für den jeweiligen Ladevorgang spezifisch sind, durch frei zugängliche, weitverbreitete elektronische Mittel zur Verfügung“ stellen – „mit einer klaren Unterscheidung zwischen allen Preisbestandteilen, einschließlich der anwendbaren e-Roaming-Kosten und anderer vom Mobilitätsdienstleister erhobener Gebühren oder Entgelte“. Auch diese Gebühren müssen „angemessen, transparent und nichtdiskriminierend“. Zusätzliche Gebühren für das Roaming im Ausland sind übrigens nicht mehr zulässig. Zudem gibt es genaue Vorgaben, in welcher Reihenfolge die Preise bzw. Preisbestandteile dargestellt werden müssen, damit die Endkunden die Tarife vergleichen können. Zunächst muss der Preis pro kWh genannt werden, dann der Preis pro Minute, gefolgt vom Preis pro Ladevorgang und jeder „anderen anwendbaren Preiskomponente“.
All diese Vorgaben bis zum 13. April 2024 zu erfüllen, wird für die Branche trotz der Vorbereitung wohl keine einfache Aufgabe. Denn der BBNM weist auch darauf hin, dass „die meisten heute am Markt verfügbaren AC-Ladesäulen ab diesem Zeitpunkt in dieser Form nicht mehr zulässig“ sind. Denn diese verfügen nicht über die Möglichkeit, dynamische QR-Codes zu erzeugen und anzuzeigen. „Die Anforderungen sind mit den meisten am Markt angebotenen AC-Ladestationen und Backend-Lösungen nicht realisierbar“, sagt Andreas Varesi, geschäftsführender BBNM-Vorstand. „Neben den Kosten für die nötige Hardware fallen je nach Bezahlart unterschiedliche Transaktionsgebühren an, die auf die Verbraucher umgelegt werden. Das ohnehin mit hohen Zusatzkosten und Gebühren belastete öffentliche Laden wird somit noch einmal teurer.“
CPO drohen höhere Kosten
Varesi nennt auch ein konkretes Beispiel: „Um die in der Preisangabenverordnung (PangV) vorgeschriebene Preistransparenz zu gewährleisten, wäre es verbraucherfreundlicher, auch bei Ladestationen mit NFC-Reader zusätzlich ein Display zu installieren – selbst wenn das in der AFIR so explizit nicht gefordert wird.“ Und das sorgt für weitere Kosten.
Zwar bringen sich erste Anbieter in Position, die mit ihren Payment-Lösungen für die großen CPO eine schnelle und einfache Abhilfe schaffen wollen. Doch auch solche Lösungen müssen erst einmal beschafft, installiert und an das eigene Backend angeschlossen werden. Eine in diesem Bereich bekannte Lösung mit einem zentralen Zahlterminal für mehrere Ladepunkte ist etwa PayT von der GLS Bank, eine Installation ist hier am Ladepark Seed&Greet in Hilden zu finden. Das Startup ev-pay will sich mit seinem eigenen „ev-pay Tarif Server“ (EPTS) in das Lade-System einklinken und so das Laden für die Endkunden und CPO einfacher machen. Dem Konzept selbst hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) bereits grünes Licht gegeben, zertifiziert ist die Lösung laut einem LinkedIn-Post von ev-pay aber noch nicht. Das solle „zügig“ erfolgen.
linkedin.com (BBNM), linkedin.com (ev-pay), europa.eu (PDF, ab S.24)
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