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Bild: Contargo
HintergrundPolitik

Auf Stimmenfang: Was das Aus der KsNI-Förderung für die Lkw-Branche bedeuten würde

Seit Monaten wächst die Befürchtung, dass der KsNI-Fördertopf einkassiert wird. Der Bund hatte ihn als einen der Haupthebel zur Antriebswende im Lkw-Bereich etabliert. Nun naht die Gewissheit über das verfrühte Ende. Wir haben uns in der Branche umgehört, was ein Aus der Förderung für Hersteller und Logistiker bedeuten würde.

Der Etat für 2024 wird gerade im Bundestag debattiert – die Beschlussfassung wird für den 2. Februar erwartet – also morgen. Dieses Jahr verfolgt von mehr angespannten Mienen als sonst. Denn durch die großen Haushaltsprobleme Ende vergangenen Jahres, muss die Regierung im großen Stil Löcher stopfen. Gespart wird vor allem bei der diesjährigen und künftigen Ausgestaltung des Klima- und Transformationsfonds (KTF), in dem u.a. die Busförderung, die Batterieforschungsförderung, die Ladeinfrastrukturförderung und eben auch der KsNI-Topf zur Förderung von Nutzfahrzeug mit alternativen Antrieben beheimatet sind. Kurz: Die Hilfstöpfe zum Hochlauf der E-Mobilität kippeln auf allen Ebenen.

Um in diesem Bild zu bleiben: Der KsNI-Topf gilt in der Branche als bereits umgefallen. Das lässt sich aus der sogenannten „Positiv-Liste“ ableiten, die die Regierung kurz vor Weihnachten veröffentlicht hatte – mit jenen Projekten und Initiativen, die „vollständig“ oder „größtenteils“ im KTF erhalten bleiben sollen. Das KsNI-Programm kam in dieser Liste nicht mehr vor. Auch nach der Mitte Januar abgehaltenen Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses blieb dieser Topf unerwähnt. Dabei gelten die Beschlüsse dieses Ausschusses als entscheidende Weichenstellung auf dem Weg zur Verabschiedung des Etats im Parlament. Also aus und vorbei? Die Now GmbH und das Verkehrsministerium wollen ein KsNI-Ende mit Verweis auf die noch nicht beendeten Etatverhandlungen im Parlament noch nicht bestätigen.

Die Branche hat also Monate der Ungewissheit hinter sich (zumal die Sorge um den Füllstand schon im Spätsommer vor der haushaltspolitischen Großwetterlage bestand). Wir haben ein Stimmungsbild eingeholt, was das plötzliche Ende des als Schlüsselinstruments für die Antriebswende im Lkw gefeierten Förderprogramms bedeuten würde und wie Hersteller und Logistiker mit der Situation umgehen.

„Die KSNI-Förderung war bisher ein wichtiger Baustein, um die Transformation hin zu Null-Emissionsfahrzeugen im Straßengüterverkehr anzuschieben. Insbesondere für KMU ist diese Anschubfinanzierung elementar, um die derzeit noch sehr kostenintensiven Batterie-elektrischen und Wasserstoff-Brennstoffzellen-elektrischen Lkw anzuschaffen sowie die notwendige Ladeinfrastruktur aufzubauen. Das sehr kurzfristige Aussetzen dieser Förderung wird am Markt leider dafür sorgen, dass einige geplante Vorhaben sich verzögern oder ganz abgesagt werden müssen. Für Dachser bleibt dennoch das Ziel bestehen, die langfristige Transformation hin zu Null-Emissionsfahrzeugen weiter voranzutreiben und an mehreren Standorten die Anzahl Batterie-elektrischer und Wasserstoff-Brennstoffzellen-elektrischer Lkw weiter zu erhöhen und skalierbare Lösungen für die Lade- und Tankinfrastruktur auch zusammen mit Partnern zu entwickeln.“

Stefan Hohm, Chief Development Officer (CDO) bei Dachser

„Volvo Trucks bedauert die wenig konstante Unterstützung auf dem Weg zu Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs durch die Politik. Unsere Kunden aus der Transport- und Logistikbranche und wir als Fahrzeughersteller verfolgen ganz klare und ambitionierte Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen. Der schnelle Markthochlauf emissionsfreier Fahrzeuge ist von entscheidender Bedeutung für das Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehrssektor. Volvo Trucks hat als erster weltweiter Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen damit begonnen, elektrische Lkw bis 44 Tonnen in Serie zu produzieren. Auch mit Hilfe des KsNI-Programms konnten wir im vergangenen Jahr in Deutschland bereits zahlreiche Batterie-elektrische Lkw an unsere Kunden ausliefern. Da emissionsfreie Lkw in der Anschaffung deutlich teurer sind als Diesel-Lkw, bedarf es in dieser frühen Phase des Markthochlaufs weiterhin dringend einer Kaufförderung für Elektro-Lkw. Daher müssen jetzt dringend die richtigen und vor allem auch verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das betrifft insbesondere auch den beschleunigten Aufbau einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Lade- und Betankungsinfrastruktur für elektrisch- und zukünftig auch wasserstoffbetriebene Lkw. Planungssicherheit und verlässliches Handeln der Politik sind von entscheidender Bedeutung, damit die Transformation des Straßengüterverkehrs tatsächlich gelingen kann.“

Peter Ström, Geschäftsführer Volvo Trucks Deutschland

„Die Unklarheit der Förderung ist für uns aktuell eine große Hürde, weil sie die Kunden verunsichert. Ursprünglich war im Rahmen des KsNI-Programms von bis zu einem Förderaufruf pro Quartal die Rede. Nun hat es in zwei Jahren zwei Aufrufe gegeben – und alle verharren im Warten, ob jetzt noch etwas nachgelegt wird oder nicht. Die Förderung führt gerade zum genauen Gegenteil ihres eigentlichen Zwecks. Sie ermutigt nicht, sie verunsichert. Besser ist da die Maut-Novelle: Die neuen Mautregeln bieten einen klaren Anreiz für BEVs. Sie bieten eine klare Orientierung – auf diese Weise wirken sie als Katalysator.“

Tassilo von Domarus, Manager E-Mobility bei Renault Trucks

„Wir als Contargo arbeiten an einem langfristigen Umbau unserer Lkw-Flotte. Bis Ende dieses Jahres werden wir circa 10 Prozent unserer Flotte umgestellt haben, das entspricht mehr als 90 Lkw, die dann mit alternativem Antrieb unterwegs sind. Neben der Umstellung unserer Lkw-Flotte bedarf das einem sehr umfangreichen Aufbau von Ladeinfrastruktur, denn beide Themen bedingen sich. Unsere Dekarbonisierungsstrategie zeigt auch, dass neben der Möglichkeit des Ladevorgangs an eigenen Standorten alle weiteren Lademöglichkeiten zum Einsatz kommen werden. So ist das Laden an den Laderampen (Industrie / Warehouses) ein essentieller Bestandteil ebenso wie das dynamische Laden, jeweils unterstützt von öffentlichen Ladepunkten. Gepaart mit bezahlbarem grünem Strom und einer planbaren, anteiligen BEV Fahrzeug-Förderung können wir unsere Transformation bis 2045 schaffen.Der plötzliche Förderstopp des KsNI-Programms ist dabei leider sehr hinderlich, denn das Schlimmste für die Transformation sind ‚Unplanbarkeiten‘. Diese führen zu Unsicherheiten und damit zum Unterlassen. Wenn keine Förderung stattfindet, die Entwicklung aber noch nicht ‚über den Berg ist‘, werden die erforderlichen Skaleneffekte für sinkende Stückkosten nicht erreicht. Damit werden auch die Preise für Batterien, Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur nicht so schnell sinken wie gedacht. Das Förderprogramm war auf einen mehrjährigen Zeitraum, mit bis zu 4 Förderaufrufen pro Jahr, ausgelegt und kommuniziert. In Verbindung mit der Förderung der Ladeinfrastruktur wurde dadurch ein guter Impuls zur Umstellung auf alternative Antriebe gesetzt. Daher waren wir von dem Programm begeistert und haben es sowohl im ersten als auch im zweiten Call genutzt. Aktuell sind wir in der Umsetzung der geförderten Maßnahmen. Die Anschlussinvestitionen werden nun wesentlich schwieriger, wenn überhaupt umsetzbar. Eine Neudimensionierung der Förderung wäre daher der bessere Schritt gewesen, denn auf der einen Seite ist es nachvollziehbar, dass Steuergelder, die nicht verfügbar sind, auch nicht ausgegeben werden können. Aus anderen Mitteln sollte aber dringend eine weitere Förderung entstehen. Schließlich sollte es eine nachhaltige ‚Anschub-Förderung‘ sein, die allerdings von den realisierten Stückzahlen, als auch vom Zeitraum so nicht langfristig wirksam ist. Zumindest die erste Generation der Neufahrzeuge sollte abgelöst werden können, dann wird auch eine vernünftige Auslastung der Ladeinfrastrukturen gewährleistet. Unser Fazit: Nach ersten Erfolgen beim Aufbau einer E-Flotte und der Vermarktung echter CO2e-reduzierter Transporte könnte die so wichtige Umstellung der BEV angetriebenen Transporte mit schweren Zugmaschinen jetzt ins Stocken geraten.“

Kristin Kahl, Managerin für Sustainable Solutions bei Contargo

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