Cellcentric räumt Verzögerung bei BZ-Fabrik ein
Erst im Januar hatten wir berichtet, dass sich die Stadt Weilheim an der Teck mit dem letzten noch ausstehenden Grundstückseigentümer der zentralen Flächen einigen konnte – mehr als anderthalb Jahre nach dem Bürgerentscheid, der grünes Licht für das neue Gewerbegebiet gegeben hatte. In der Folge sollten die Verhandlungen mit Cellcentric „finalisiert“ werden, damit ab Herbst 2024 die ersten Arbeiten beginnen können, so die Stadt vor einigen Wochen. Ursprünglich sollten bereits 2023 die Bagger rollen.
Das von Daimler Truck und der Volvo Group gegründete BZ-Joint-Venture hat nun auch bestätigt, dass man dem ursprünglichen Vorhaben hinterherhinkt. „Durch den verzögerten Ankauf der Grundstücke sind wir mit dem Bau unseres Klimawerks eineinhalb Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan“, sagte Cellcentric-CEO Matthias Jurytko, der „Automobilwoche“. Trotz der Verzögerung – der letzte Bauabschnitt soll nun erst 2031 abgeschlossen sein – hält Jurytko am Standort fest. „Wir haben uns für Weilheim entschieden, weil im Südwesten Deutschlands die Kompetenzen für die Brennstoffzelle gebündelt sind“, so Jurytko.
Ursprünglich war vorgesehen, dass ab Anfang 2026 in Weilheim Brennstoffzellensysteme für schwere Nutzfahrzeuge gebaut werden – zunächst für die beiden Anteilseigner, später auch für Drittkunden. Gegenüber der „Automobilwoche“ gab Jurytko nun an, dass der Plan der ersten Auslieferung 2027/2028 eingehalten werden solle. Die ersten Systeme sollen nun aber nicht aus Weilheim kommen, sondern aus Esslingen.
Dort verfügt Cellcentric über ein Gebäude, das eigentlich nur für eine Kleinstserienfertigung ausgelegt war. „Hier werden wir die Kapazitäten entsprechend ausbauen, bis wir in die neue Fabrik umziehen können“, so Jurytko. Mit diesem Kniff werde man „den Produktionsanlauf und die vorgesehenen Stückzahlen bis 2030 schaffen“. Was der ungeplante Ausbau des Standort Esslingens parallel zum eigentlichen Fabrikbau in Weilheim kosten wird und was nach Fertigstellung der Weilheimer Fabrik mit den Anlagen in Esslingen passiert, gab der CEO nicht an.
Das Gebäude in Esslingen sowie viele der derzeit 350 Mitarbeitenden hat Cellcentric noch aus den Beständen der Daimler AG übernommen, auch aus der Pkw-Sparte. Die Brennstoffzellen-Expertise war zunächst auf die verschiedenen Sparten der Daimler AG verteilt, wurden später bei den Nutzfahrzeugen konzentriert und dann in das Joint Venture Cellcentric übertragen – Kritiker würden eher den Begriff „ausgelagert“ benutzen. Seit der Aufspaltung der Daimler AG in die Mercedes-Benz Group (Pkw und Vans) sowie Daimler Truck mit den Lkw und Bussen hat die Pkw-Sparte quasi keinen Zugriff mehr auf ihre einstigen Brennstoffzellen-Entwicklungen.
Daimler Truck will ab Mitte diesen Jahres erste Erprobungsfahrzeuge eines Brennstoffzellen-Lkw an Kunden für Praxistests übergeben, nachdem die Fahrzeuge bereits viele Testkilometer auf öffentlichen Straßen abgespult haben. Zu den Testkunden gehören Amazon, Air Products, Holcim, Ineos und Wiedmann & Winz. Das Serienmodell ist für die zweite Hälfte des Jahrzehnts geplant – und dann auf ausreichend Brennstoffzellensysteme von Cellcentric angewiesen.
Die beiden Joint-Venture-Partner verfolgen übrigens unterschiedliche Ansätze: Die Volvo Group setzt auf herkömmlichen, also gasförmig unter 350 bar Druck gespeicherten Wasserstoff. Daimler Truck hingegen favorisiert auf -253 Grad Celsius gekühlten, flüssigen Wasserstoff, da dieser eine höhere Energiedichte hat und somit höhere Reichweiten ermöglicht. Allerdings ist diese Technologie – gerade auch infrastrukturseitig – nicht weit verbreitet.
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