Ladesäulen-Pflicht für Tankstellen wird wohl abgeschwächt
Nach Informationen von „Welt am Sonntag“ sollen bis 2028 alle größeren Tankstellenketten verpflichtet werden, mindestens einen Schnellladepunkt bereitzustellen. Dies gelte nur für Unternehmen, die mehr als 200 Tankstellen betreiben. Der im Oktober vom Bundeskabinett beschlossene Masterplan Ladeinfrastruktur II sah vor, dass bis Ende 2026 an mindestens 75 Prozent der Tankstellen Schnelllader mit mindestens 150 kW in Betrieb sein sollen – Ende 2024 sollten es 50 Prozent sein.
Aber: Im Masterplan II war noch von mindestens 75 Prozent „aller“ Tankstellen die Rede, und auch über das 75-Prozent-Ziel bis Ende 2026 hinaus wurden keine weiteren Vorgaben formuliert. Laut dem Bericht sind es jetzt nur noch größere Tankstellenketten, zudem wurde der Zeitrahmen bis 2028 verlängert.
Und ein weiterer, wichtiger Punkt: Es sei ein Flexibilisierungs- oder Kompensationsmechanismus geplant, der es erlaubt, dass die Ladesäule nicht direkt an der Tankstelle, „sondern innerhalb eines bestimmten Kilometerradius aufgestellt werden“. Die Ladeplätze müssten also nicht zwingend den (je nach Standort) knappen Raum auf dem Tankstellengelände nutzen, sondern könnten etwa auf einem nahegelegenen Parkplatz entstehen – etwa an Einzelhandels- oder Systemgastronomie-Filialen. So soll es zumindest das Eckpunktepapier vorsehen, das der „WamS“ vorliegt. Diesem Papier sind monatelange Verhandlungen um die genaue Ausgestaltung der Versorgungsauflage vorausgegangen.
Es sind aber noch weitere Änderungen möglich: Aus diesen Eckpunkten soll nun ein Gesetzentwurf entstehen, der „in den kommenden Tagen“ in die Ressortabstimmung gehen soll. In diesem Prozess können sich die anderen, beteiligten Bundesministerien äußern. Die Ressortabstimmung hat immer wieder zu spürbaren Änderungen an Vorhaben einzelner Ministerien, in diesem Fall das Bundesverkehrsministerium von Volker Wissing, geführt.
Gegenüber der „Welt am Sonntag“, sagte Wissing, dass es „sinnvoll und wichtig“ sei, die Standorte nicht nur zum Tanken, sondern auf für schnelles Laden von E-Autos zu nutzen. „Tankstellen sind überall flächendeckend vorhanden, sie liegen an verkehrsgünstigen Standorten und sind den Bürgerinnen und Bürgern bereits gut vertraut“, so der Verkehrsminister. „Die Mineralölwirtschaft hat bereits begonnen, Ladesäulen an Tankstellen zu errichten. Das möchten wir mit der Versorgungsauflage weiter intensivieren. Bei der Umsetzung haben wir auch im Blick, dass es zu keiner wirtschaftlichen Überforderung kleiner Tankstellenbetreiber kommt.“ Daher wohl auch der Kompromiss, dass Betreiber erst ab 200 Standorten davon betroffen sind.
Die Mineralölindustrie hatte sich bereits gegen die ursprünglichen Vorhaben aus dem Masterplan ausgesprochen und erneuerte nun ihre Kritik. „Ein Ladesäulenzwang an Tankstellen wäre reine Symbolpolitik“, sagte Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer vom Wirtschaftsverband Fuels und Energie (en2x) der Zeitung. „Schon jetzt kämpfen unsere Mitglieder mit langen Genehmigungsprozessen und Regulierungshürden. Wenn dann auch noch ein Ausbau an ungünstigen Standorten erzwungen wird, löst das Fehlinvestitionen aus, die eine Ladesäulenexpansion an relevanten Orten verhindern.“
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