SAP lässt Tesla als Dienstwagen-Lieferant abblitzen
Tesla hat mit dem Model Y das weltweit meisterverkaufte Auto des Jahres 2023 im Sortiment. Doch der in Walldorf bei Mannheim ansässige Software-Konzern SAP streicht Tesla von seiner Liste der Dienstwagen-Lieferanten. Das berichtet das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Steffen Krautwasser, den globalen Flottenchef von SAP. Krautwasser war erst kürzlich bei unserer Online-Konferenz electrive LIVE zu Gast, um die Elektrifizierungs-Roadmap seines Hauses zu skizzieren. Schon heute hat SAP viele Elektroautos in der Flotte. Ab 2025 werden Krautwasser und sein Team auf Anweisung des SAP-Executive Board aber nur noch emissionsfreie Fahrzeuge bestellen. Teslas werden nach den neuen Informationen des „Handelsblatt“ aber nicht darunter sein.
Der Grund: „Die Listenpreise schwanken bei Tesla stärker als bei anderen Herstellern, das erschwert die Planung und ist ein höheres Risiko für uns“, so Krautwasser gegenüber dem Wirtschaftsblatt. Probleme bereiteten auch die Lieferbedingungen: Die Fahrzeuge werden laut dem SAP-Flottenchef oft früher geliefert als vereinbart, was bei Lagerung und Logistik Schwierigkeiten bereite.
Zuletzt hatten schon die Autovermietungen Hertz und Sixt angekündigt, Tesla aus dem Programm zu nehmen. Auch sie beklagten unter anderem die mit den E-Fahrzeugen des US-Unternehmens zusammenhängende Restwert-Problematik. Denn: Während Autovermieter ihre Fahrzeuge normalerweise über eine „Buy Back“-Vereinbarung an den Hersteller zurück verkaufen können und damit kein Restwert-Risiko tragen, bietet Tesla solche Vereinbarungen nach Medieninformationen nicht an. Hinzukommen die von Krautwasser angeführten schwankenden Preise, die jede Restwertprognose erschwert. Nach einem Zickzack-Kurs in 2022 drückte Tesla die Listenpreis in den vergangenen zwölf Monaten ständig runter, was den Wiederverkaufswert von Tesla-Gebrauchtfahrzeugen natürlich mindert. Hertz und Sixt zogen beide noch 2023 die Reißleine.
Verfrühte Auslieferungen schaffen Probleme
Die von Krautwasser angesprochene verfrühte Auslieferung dürfte damit zusammenhängen, dass Tesla vergleichsweite wenige Ausstattungsvarianten bietet und daher häufig vorproduzierte Neuwagen in der passenden Konfiguration kurzfristig parat hat. Privatkunden sind oft erfreut, wenn ihr bestelltes Auto schon binnen Tagen verfügbar ist. Flottenbetreiber mit ihrer monatelangen Planung können solche verfrühten Auslieferungen aber in die Bredouille bringen. Bei SAP ist das der Fall.
Krautwassers Abteilung verantwortet rund 28.000 Fahrzeuge, darunter etwa 18.000 in Deutschland. Zurzeit sind in der SAP-Konzernflotte rund 3.100 reine Elektroautos und 4.500 Plug-in-Hybride integriert, die an circa 1.200 Ladepunkten an Unternehmensstandorten und etwa 2.000 Wallboxen bei den Mitarbeitern zu Hause geladen werden können. Die Bestellungen von BEV lagen 2020 noch bei sieben und 2023 bereits bei 32 Prozent. Bisher alles auf freiwilliger Basis. Ab kommenden Jahr greift dann die oben erwähnte Regel, wonach nur noch emissionsfreie Fahrzeuge bestellt werden können. Gemäß der üblichen Verweildauer in der Flotte rechnet Krautwasser damit, dass ab 2030 die letzten Verbrenner und PHEV ausgemustert sind.
In unserer Online-Konferenz berichtete der SAP-Fuhrparkchef kürzlich, wie der Software-Konzern vor zehn Jahren anfing, mit E-Autos zu experimentieren. Plug-in-Hybride bezeichnet er als sinnvolle Übergangstechnologie, die etliche Mitarbeiter an die E-Mobilität herangeführt habe. „Wir haben uns intern viel mit Modellen und Ladeinfrastruktur beschäftigt, inzwischen glaube ich, dass Change Communication das größte Thema ist.“ Es gebe im Unternehmen viele Neustarter in Sachen E-Mobilität, „die wollen sich nicht mir Ladekurven beschäftigen, sondern nur von A nach B kommen“. Um die Leute mitzunehmen sei viel Kommunikation gefragt.
Außerdem rückte Krautwasser bei electrive LIVE die Kosten in den Fokus, schließlich werde verlangt, dass man profitabel agiere: „Da wir früh begonnen haben, können wir Vergleichswerte heranziehen. Daher können wir sagen: Elektroautos sind nicht nur ein Nachhaltigkeits- sondern ein Business-Case.“ Die höheren Anschaffungskosten werden durch niedrigere Betriebskosten aufgefangen. Allerdings bleibt die Kalkulation dynamisch: „Die Förderung ist weggefallen. Steuervorteile werden früher oder später wegfallen. Und wie sich die Kosten bei Unfällen entwickeln, müssen wir noch abwarten.“
Dem „Handelsblatt“ gegenüber äußerte Krautwasser nun, dass die Mitarbeitenden immer noch großes Interesse an Tesla-Dienstwagen haben – aber mit abnehmender Tendenz. Beliebt sei etwa auch Polestar, die schwedisch-chinesische Marke des chinesischen Geely-Konzerns.
Hertz tritt bei Polestar-Beschaffung auf die Bremse
Ein anderer Konzern mit Großflotte hat Polestar dagegen gerade ausgebremst: Hertz pausiert die Beschaffung bei dem Hersteller. Laut einem aktuellen Bericht der Financial Times hat Polestar in den Jahren 2022 und 2023 rund 20.000 der 65.000 bestellten E-Autos an Hertz ausgeliefert und jetzt zugestimmt, auf die Verpflichtung von Hertz zur Abnahme der für 2024 geplanten Autos zu verzichten. Im Gegenzug erklärt sich der US-amerikanische Autovermieter bereit, seine aktuellen Polestar-Fahrzeuge nicht vorzeitig oder zu billig zu verkaufen. Eine Begründung für den Schritt liefert Hertz nicht.
Die Entwicklungen zeigen aber: Großkunden gehen eher TCO-gesteuert vor. Tesla kommt aber viel über die emotionale Ansprache. Im Privatkundenmarkt verfängt das. Auch kleinere Unternehmen sprechen darauf an. Nicht aber die großen Player, denen beispielsweise durchaus wehtut, dass Tesla im Gegensatz zu anderen Herstellern grundsätzlich keine Rabatte für Großbestellungen gewährt. Laut Statistiken des Branchendienstes Dataforce kam Tesla 2023 mit 3.450 Fahrzeugen auf nur etwa ein Prozent Marktanteil bei deutschen Großkunden. Bei Selbstständigen und Firmen mit kleinem Fuhrpark waren es dagegen fast vier Prozent.
handelsblatt.com (Tesla), ft.com (Paywall) via twitter.com (Polestar)
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