Daimler Truck und Linde zeigen Tanklösung für Flüssigwasserstoff

Daimler Truck und Linde Engineering haben ihre gemeinsam entwickelte Betankungstechnologie sLH2 für Flüssigwasserstoff näher vorgestellt. Im Kern der Tanklösung steht eine neue Pumpe. Die Technologie soll aber nicht proprietär bleiben, sondern zu einem Standard für wasserstoffbetriebene Lkw werden.

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Bild: Daimler Truck

Im Vergleich zur herkömmlichen Betankungstechnologie mit flüssigem Wasserstoff (LH2) wird bei dem neuen Verfahren eine neue sLH2-Pumpe eingesetzt, um den Druck des flüssigen Wasserstoffs geringfügig zu erhöhen. Durch diese Methode wird der Wasserstoff zu subcooled liquid hydrogen (sLH2). Das soll einen „sehr robusten und stabilen“ Betankungsprozess ergeben, der laut Daimler Truck auch auf geringere Energieverluste beim Betanken kommt als die herkömmlichen LH2-Prozesse. Zudem sei keine Datenübertragung zwischen Tankstelle und Fahrzeug notwendig, was die Komplexität des Betankungsvorgangs weiter reduziere.

Die Vorzüge von LH2 und sLH2 zum gasförmigen Wasserstoff sind bekannt: Die Energiedichte ist höher, weshalb in einem Lkw höhere Reichweiten möglich sind. Da „nur“ eine Flüssigkeit vertankt wird, geht der Vorgang auch schneller als bei dem Gas. Zudem verspricht sich Daimler Truck niedrigere Kosten und eine höhere Energieeffizienz.

Die nun eröffnete sLH2-Tankstelle am Daimler-Truck-Werk in Wörth ist öffentlich zugänglich und soll ab Mitte 2024 auch von ausgewählten Logistikkunden für erste Kundenerprobungen mit dem Mercedes-Benz GenH2 Truck genutzt werden. Laut dem Hersteller soll das Betanken eines 40-Tonners mit 80 Kilogramm flüssigem Wasserstoff „etwa 10–15 Minuten“ dauern. Eine Viertelstunde Tankzeit geben zwar auch andere Lkw-Bauer für ihre Brennstoffzellenmodelle mit gasförmigem Wasserstoff an. Allerdings werden in dieser Zeit meist weniger als 80 kg Wasserstoff vertankt, die dann auch nicht – wie bei Daimler Truck – für bis zu 1.000 Kilometer ausreichen. Diese Reichweite hat Daimler Truck bekanntlich im September bei einer Rekordfahrt demonstriert.

Ein potenzieller, weiterer Vorteil einer Flüssigwasserstoff-Tankstelle: Da nicht nach jedem Tankvorgang der gasförmige Wasserstoff nachkomprimiert werden muss, kann – wie beim Diesel – direkt das nächste Fahrzeug betankt werden. Die Tankstelle in Wörth ist auf eine Kapazität von 400 Kilogramm Wasserstoff pro Stunde ausgelegt – also der Tankkapazität von fünf Lkw. Bei zehn bis 15 Minuten Tankdauer bleibt da nicht viel Zeit zum Umparken. Der Flüssigwasserstoff-Speicher hat ein Fassungsvermögen von vier Tonnen, was für etwa zehn Stunden kontinuierliches Betanken ausreicht – wird er zwischendurch nachgefüllt, können auch acht Tonnen am Tag verkauft werden.

In der TCO-getriebenen Logistik-Welt sind auch die Kosten ein enorm wichtiger Faktor. Für das Komprimieren von Wasserstoff wird viel Energie benötigt (weshalb der 350-bar-Wasserstoff für Nutzfahrzeuge in der Regel günstiger ist als der noch energie-intensivere 700-bar-Wasserstoff). Allerdings ist auch das Herunterkühlen auf -253 Grad Celsius für LH2 nicht ohne Energieeinsatz nötig. In Summe – also auch mit den ganzen Komponenten – soll laut Daimler Truck die sLH2-Technologie die erforderlichen Investitionen für eine Wasserstofftankstelle um den Faktor zwei bis drei senken, die Betriebskosten seien „etwa fünf bis sechs Mal niedriger“. In konreten Zahlen ausgedrückt: Die sLH2-Tankstelle in Wörth am Rhein soll auf einen Energieverbrauch von 0,05 kWh/kg kommen – angeblich 30-Mal weniger Energie als eine Tankstelle mit gasförmigem Wasserstoff.

Mit dem Ziel, einen gemeinsamen Betankungsstandard für wasserstoffbetriebene Lkw zu etablieren, wird die Technologie allen interessierten Parteien über eine ISO-Norm zugänglich gemacht. Aber: Bisher hat sich noch kein anderer Lkw-Bauer so offen zum Flüssigwasserstoff bekannt wie Daimler Truck. Einschränkend muss man aber erwähnen, dass es in der Entwicklung der Fahrzeuge für den Brennstoffzellen-Antrieb selbst erst einmal keinen Unterschied macht, ob der Wasserstoff im Fahrzeug gasförmig oder flüssig gespeichert wird. Es ist somit eine Frage, auf welche Infrastruktur der Hersteller vertraut – und bei der Anzahl der Tankstellen liegt im Moment des gasförmige Wasserstoff weit vorne, die Vorteile von LH2 bei der Energiedichte hin oder her.

Um sLH2 zum Standard zu machen, bieten Daimler Truck und Linde Engineering nach eigenen Angaben „ein hohes Maß an Transparenz und Offenheit rund um die relevanten Schnittstellen der gemeinsam entwickelten sLH2-Technologie“. Nun fordern Daimler Truck und Linde Engineering weitere OEMs, Infrastrukturunternehmen und Verbände auf, den neuen Flüssigwasserstoff-Standard anzuwenden und damit einen globalen Massenmarkt für das Verfahren zu etablieren.

„Für die Dekarbonisierung des Transports brauchen wir drei Faktoren: die richtigen Batterie- und Wasserstoff-Lkw, die notwendige Infrastruktur sowie Kostenparität zwischen emissionsfreien und Dieselfahrzeugen. Bei den Fahrzeugen ist die Transformation in vollem Gange“, sagt Daimler-Truck-Vorstand Andreas Gorbach, verantwortlich für Truck Technology. „Bei der Wasserstoffinfrastruktur erreichen wir heute einen wichtigen Meilenstein: Dank des sLH2-Standards wird das Tanken mit Wasserstoff so einfach wie mit Diesel – in etwa 10 bis 15 Minuten ist der Tank für über 1.000 km Reichweite voll. Wir rufen jetzt andere Lkw-Hersteller und Infrastrukturunternehmen dazu auf, unserem Ansatz zu folgen und diese Technologie gemeinsam zum Industriestandard zu machen!“

Jürgen Nowicki, Executive Vice President Linde plc und CEO von Linde Engineering, ergänzt: „sLH2 steigert die Effizienz von Wasserstoffbetankungsanlagen erheblich. Die erforderlichen Investitionen werden um den Faktor zwei bis drei reduziert und die Betriebskosten um das Fünf- bis Sechsfache gesenkt. Dies und weitere Vorteile machen sLH2 zu einer praktischen, CO2-neutralen Alternative zur Dieselbetankung im Schwerlastverkehr.“

daimlertruck.com

7 Kommentare

zu „Daimler Truck und Linde zeigen Tanklösung für Flüssigwasserstoff“
Frank W.
07.02.2024 um 18:48
Von Kritikern der Wasserstofftechnologie wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass gasförmiger Wasserstoff zu imensen Schwierigkeiten bei der Anlieferung an Tankstellen führen würde. Linde gibt in einem Video auf dem eigenen Youtube Kanal an, dass Anlieferfahrten durch Flüssigwasserstoff um bis zu 90% reduziert werden können. In Zeiten von Fachkräftemangel auch im Lieferverkehr, wird sich allein deswegen diese Technologie durchsetzen.https://www.youtube.com/watch?v=q_hc4cSUMpg
erFahrer
08.02.2024 um 08:10
Ja, prima - anstelle von 280 kg max dann also 2,5 t. richtig? Wie oft müsste dann der Diesel-Linde-LKW dann vorfahren, wenn die Abnahme gut läuft?
erFahrer
08.02.2024 um 08:33
Vielen Dank für den inhaltsreichen Artikel. Klasse Nun, ein dunkler Tag für all - die jetzige Eigentümer von H2 Trucks in der EU. Damit sind alle Ausbaupläne der Infrastruktur für ihre Fahrzeuge wohl Geschichte und ihre Fahrzeuge ohne Wettbewerbschance. - die Wirtschafts - und Verkehrspolitiker da sämtliche bisherigen Steuergelderförderungen sich verflüchtigen, schneller als H2 selbst. - alle Umrüster wie Fa.Paul jetzt können sie ihre Invest in all die Entwicklungen als Lehrgeld samt der dortigen und „Europas“ modernsten 350 Bar H2Tankstelle umbuchen (1 Jahr alt). Möge diesen Hindenburgen auf Rädern stets und weltweit immer eine unfallfreie Fahrt beschieden sein. Ps. Ist in Wörth genügend Solar und Wind samt „Wandler“ für diesen H2 Bedarf schon installiert? Im Artikel war hierzu keine Aussage. Oder wie lange möchte Mercedes dafür klimaüberhitzendes Erdgas als Primärenergiequelle nutzen.
Gregor
08.02.2024 um 11:16
"Laut dem Hersteller soll das Betanken eines 40-Tonners mit 80 Kilogramm flüssigem Wasserstoff „etwa 10–15 Minuten“ dauern. "Das sind schonmal 20 bis 30 min, die der Fahrer keine Pause hat. Ein eLKW lädt dann in 45min ca. weitere 500km nach und währenddessen hat der Lenkende seine Pflichtpause absolviert.Der H2 LKW kommt dann nach 25min +45min erst wieder los.
GA
08.02.2024 um 22:31
Das gilt aber leider nur, wenn der eLKW such sofort einen Ladeplatz findet, um seine Pause beginnen zu können.Bei hunderten LKW, die sich auf den Rastplätzen drängeln, wird es schwierig werden, genügend Leistung für den Betrieb vieler parallel betriebener Megawatt Ladesäulen bereit zu stellen. Und 45min zu warten bis der nächste dran ist, ist nicht attraktiv.Da ist es doch viel einfacher,mehrere sLH2 Tanksäulen hin zu stellen. Wenn es da mal eine Warteschlange gibt, kommt an jeder Säule alle 10-15min der nächste dran...
Gregor
09.02.2024 um 10:21
Du kannst die Kosten von Ladeplätzen gern gegenüber den Kosten von H2 Stationen mal suchen und gegenüber stellen. Mit einem H2 Ladeplatz kann man einige DC Stalls bauen.Problem 2 ist natürlich, das es derzeit zu viele LKWs auf den Straßen gibt und hier die Logistik so oder so wieder auf die Schiene kommen sollte. Doof nur, das die CDU/CSU das 20 Jahre lang genau verkehrt durchgedrückt hat. Sieht man ja an den Rastplätzen, kein Platz weil unnötig zu viel LKW. Mit unnötig viel meine ich: Rückbau von Parallel Bahnstrecken in DE. Das bringt uns ja heute massive Probleme im Bahnverkehr. :(
GA
22.02.2024 um 08:13
Ja, das stimmt: die Ladesäule an sich ist günstiger als die Tankstelle und das grundsätzliche Problem ist die Menge an LKW die (irgendwann mal) abgefertigt werden muss.Bei der Ladesäule kommen aber auch noch Infrastruktur Kosten hinzu: neue Hochspannungsleitungen zum Rastplatz und Tafostationen. Das kostet bei der benötigten Leistung auch einiges . Und auf ne freiwerdende Ladesäule warten ist schwierig: sobald er an die Ladesäule vorfährt, beginnt die Pausenzeit von vorne...Mit 1000km Reichweite müssen LH2 Tankstellen auch nur halb so oft angefahren werden.Ich denke es wird auf einen Mix von H2 und E rauslaufen....

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