Schwedische Behörde lehnt Easee-Maßnahmen als unzureichend ab

Nach dem Verkaufsverbot für einige Easee-Wallboxen in Schweden sollte der norwegische Hersteller einen Aktionsplan vorlegen, um die Risiken an den bereits installierten Geräten zu beseitigen. Diese Maßnahmen reichen der schwedischen Behörde nicht aus. Easee hat schon damit gerechnet – und setzt auf eine Gerichtsverhandlung im April. (Update am Artikelende)

Bild: Easee

Kurzer Rückblick: Die Elsälerhetverket, eine schwedische Behörde für elektrische Sicherheit, hatte im Februar 2023 sechs unterschiedliche Wallboxen getestet – und dabei bei der Easee Home einige Mängel entdeckt. Da auch das Produkt „Charge“  die gleiche Technik nutzt, ist auch diese Wallbox betroffen. Es gibt mehrere Vorwürfe, die sich auf die Sicherheit des Produkts auswirken. Easee hat dem zwar widersprochen und seine Sicht auf die Normtests dargelegt. Dem ist die Behörde aber nicht gefolgt und hatte Mitte März 2023 ein Verkaufsverbot für die beiden Produkte in Schweden verhängt.

Die Elsälerhetverket hat Easee laut einer offiziellen Mitteilung von Dezember 2023 bis Ende März 2024 Zeit gegeben, um einen Aktionsplan mit Maßnahmen umzusetzen, die Risiken an den bereits installierten Geräten beseitigen. Die norwegische Zeitung „Stavanger Aftenblad“ berichtet nun, dass die Behörde Easee am Mittwoch mitgeteilt hat, dass der vorgeschlagene Aktionsplan als nicht ausreichend angesehen wird.

Die Reaktion von Easee kam prompt: „Die Antwort ist natürlich nicht das, was wir uns erhofft hatten, aber wir waren darauf vorbereitet und sind nicht überrascht. Der Fall wird ebenfalls im April vor Gericht verhandelt, und wir sind bereit, auf die Bedenken der dortigen schwedischen Sicherheitsbehörde einzugehen“, schrieb Easee-Pressekontakt Martin Langeland am Donnerstagabend in einer SMS an „Stavanger Aftenblad“.

Sprich: Die Behörde ist weiterhin der Ansicht, dass die beiden Wallboxen auch nach der Aktion die Sicherheitsanforderungen nicht erfüllen. Welche Maßnahmen Easee genau umsetzen wollte, ist zwar nicht bekannt. Angesichts der 2023 bekannt gewordenen Konstruktion der Wallboxen, die auf einen separaten FI-Schutzschalter auf einer DIN-Schiene verzichtet und stattdessen einen „in die Gesamtkonstruktion des Ladegeräts integrierten“ FI nutzt, überrascht es kaum, dass die Behörde auch 2024 nicht überzeugt ist. Das Unternehmen besteht darauf, dass diese Lösung alle Funktionalitäten eines FI-Schalters erfüllt und aufgrund der automatischen Checks sogar sicherer sei.

Der Ausgang des besagten Gerichtsverfahrens ist offen, für das Unternehmen aber von großer Bedeutung. Denn wohl auch aufgrund der Negativ-Schlagzeilen ist Easee in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, was nicht nur den Rückzug von Gründer  Jonas Helmikstøl aus der Geschäftsführung, sondern auch die Entlassung von mehr als der Hälfte der Belegschaft zur Folge hatte.

Update 23.04.2024: Elsälerhetverket, die schwedische Behörde für elektrische Sicherheit, hat entschieden, dass an bereits installierten Wallboxen der Modelle Easee Home und Easee Charge keine Maßnahmen durchgeführt werden müssen. Allerdings muss Easee weiterhin Daten an die Behörde melden.

Noch im Februar hatte die Behörde die angekündigten Easee-Maßnahmen als unzureichend abgelehnt (siehe oben). Mit der aktuellen Entscheidung hat die Elsälerhetverket ihre Meinung aber nicht grundsätzlich geändert: Die Entscheidung basiere auf der Tatsache, dass „das Risiko schwerwiegender Fehler so gering ist, dass es nicht verhältnismäßig ist, praktische Maßnahmen an bereits installierten Ladeboxen zu fordern“. Stattdessen muss Easee eine Prognose der erwarteten Fehler erstellen, woraufhin die tatsächlichen Fehlerergebnisse an die schwedische Elektrosicherheitsbehörde gemeldet werden müssen.

Die Behörde hält aber weiter fest, die Produkte „nach wie vor eine Reihe technischer Mängel“ aufweisen, „wie z. B. die Ausschaltentfernung und die Unfähigkeit, hohe Ströme zu unterbrechen, was auch dazu führt, dass den Produkten ein standardmäßig eingebauter Erdschlussschutzschalter fehlt“.

Das Verkaufsverbot in Schweden für die beiden Easee-Wallboxen, das seit dem 14. März 2023 besteht, gilt weiterhin. Sowohl in der Dokumentation als auch in der technischen Konstruktion lagen Mängel vor, die nicht den aktuellen Anforderungen entsprachen. „Beispielsweise erfüllte die Erdschluss-Schutzschalterlösung von Easee nicht die Anforderungen an einen Erdschluss-Schutzschalter, was noch immer nicht der Fall ist“, sagt Per Samuelsson, Abteilungsleiter bei der schwedischen Behörde für elektrische Sicherheit.

Easee selbst hat offenbar eine andere Sicht auf die aktuelle Entscheidung. In einem LinkedIn-Post spricht Firmengründer Jonas Helmikstøl von einem „großartigen Tag“. „Über ein Jahr lang haben wir Tag und Nacht gearbeitet, um zu beweisen und zu dokumentieren, dass unsere Ladegeräte sicher sind. Und um das Unternehmen am Leben zu erhalten. Vor einigen Wochen hat das ESTI (Schweizer Behörde) unsere Dokumentation für Home and Charge genehmigt. Jetzt hat ESV gesagt, dass keine Nachbesserungen an den bestehenden Ladegeräten auf dem schwedischen Markt erforderlich sind“, so Helmikstøl. Das die Behörde nach wie vor Mängel sieht und nur aufgrund der Verhältnismäßigkeit von einem Rückruf absieht, erwähnt Helmikstøl ebenso nicht wie das weiter bestehende Verkaufsverbot. „Vor allem aber werden dadurch unser Name und unser Ruf gereinigt. Ich kann das Gefühl nicht beschreiben, wenn man seinen Namen reinwaschen kann. Aber ich kann nur sagen, dass es sich befreiend anfühlt“, so der Gründer weiter.

So oder so: Easee hat drei Wochen Zeit, um gegen die Entscheidung Berufung einzulegen, und zwei Monate, um seine Prognose einzureichen. Anschließend haben sie laut der Mitteilung weitere zehn Monate Zeit, bevor sie über das Ergebnis Bericht erstatten müssen.

aftenbladet.no (Paywall) via abcnyheter.no (auf Norwegisch), elsakerhetsverket.se, linkedin.com (Update, auf Schwedisch)

12 Kommentare

zu „Schwedische Behörde lehnt Easee-Maßnahmen als unzureichend ab“
Friedl
17.02.2024 um 09:56
Artikel im Forum von Teknikveckan: https://bubblan.teknikveckan.se/t/easee-laddbox-riskerar-forsaljningsforbud/17876/124Siehe im Speziellen die Antwort der Behörde als Attachment "Läs hela beslutet från Elsäkerhetsverket som PDF." des verlinkten Posts.
Teminatrix die Erste
17.02.2024 um 12:08
Schon komisch wie lange man so eine Entscheidung hinauszögern kann. Eventuell wäre es besser gewesen, damals einen kompletten Rückruf anzuordnen. Hier werden nur die Verbraucher verlieren, besonders in den Ländern wo die Box auch nach März 2023 weiter vertrieben wurde. Die Schweden sind da etwas sehr zögerlich ran gegangen, zumal Easee ja bereits im Frühjahr 2022 dort aufgefallen war und sich gegenüber der Behörde äußern sollte und das Verkaufsverbot erst ein Jahr später verhängt wurde. Übrigens wurden die Verpflichtungen zur Nachbesserung für Easee bereits im März auferlegt und im Dezember 2023 nur noch einmal darauf hingewiesen wie lange die Frist ist.
Woeufu
18.02.2024 um 07:28
Die Behörde stört das der FI nicht als separates Bauelement ausgeführt ist. Der Hersteller sagt er hat ihn integriert. Der Artikel lässt offen ob die Wallbox nun die FI Funktionalität erfüllt oder nicht. Wenn nein muss sie rückgerufen werden, wenn ja handelt es sich um fortschrittsverhindernden Amtsschimmel.
Terminatrix die Erste
18.02.2024 um 18:17
Persönliche Meinung ihrerseits. Fakt ist das die vom Hersteller abgegebene CE Erklärung nicht den Spezifikationen des Produktes entsprochen hat. Demzufolge von der Behörde die richtige Entscheidung. Besonders das aggressive Marketing von Easee gegenüber der Entscheidung der Behörde ist schon sehr suspekt. Nicht erfüllte Normen mit Fortschritt zu begründen ist lächerlich, andere Marktteilnehmer haben ja dieses Problem nicht, sehr komisch.
Peter
19.02.2024 um 10:53
Persönliche Meinung Ihrerseits..Warum behauptet nur die Schwedische Behörde dass die CE Erklärung nicht den Spezifikationen des Produktes entspricht.. sehr komisch. Sehr komisch ist eher, dass der Mitgesellschafter von der Konkurrenz im Gremium sitzt.
Terminatrix
21.02.2024 um 19:02
Easee Propaganda nachdem man aufgeflogen war. Erstens sitzt der Erni nicht in dieser Behörde und das Gremium wo der sitzt hat die Normen weit vor dem Inverkehrbringen dieser Box erstellt und die gelten nun mal für alle 2. hat Easee selbst zugegeben das diese Erklärung so nicht zutrifft. Easee hat ja wohl selber die Normen für die CE Erklärung raus gesucht, danach dann irgendwelche Joker wie, wir waren ein Startup und wussten es nicht besser, zu ziehen, mehr als lächerlich. Verlierer sind die Kunden, da ich glaube das Gericht wird der Behörde folgen.
C Rebell
20.02.2024 um 19:24
Es ist schon interessant was sich da bei Easee abspielt und was den Kunden und Partnern erzählt wird. Viele Jahre haben vor allem die Easeetonians in Deutschland auf weiterentwickelte Boxen gewartet. Easee Home und Easee Charge dürfen nicht mehr verkauft werden und schwups ist die "neue" Easee Lite da. Wirklich Neu? Nee, es ist die gleiche Hardware, die nach und nach umgelabelt wurde und nach wie vor wird, mit neuer Software für reduzierten Ausstattungsumfang und in der Bedienungsanleitung wird darauf hingewiesen, dass ein FI vorgeschaltet werden muß. Bei gleicher Hardware - ein Schelm wer böses dabei denkt. Doch es geht noch weiter, die Gründer und Investoren scheinen das Unternehmen aufzuhübschen um es dann meistbietend versilbern zu können. Nach der bereits drastischen Reduzierung des Deutschen Team im Jahre 2023 von 51 auf 14 Easeetonians wurde heute die nächste Entlassungswelle über Deutschland ausgeschüttet, es sind insgesamt 6 verbliebene Easeetonians die Easee fortführen sollen. Doch nicht, wie man vermuten könnte, der Vertrieb bleibt erhalten, es sind nur die Abteilungen Operations und Finance die erhalten bleiben. Auch die gerade erst neu eingesetzte Geschäftsführerin Mara Streblow darf ihren Hut nehmen - so zumindest die Absicht. Man wird sehen wie sich das mit dem deutschen Arbeitsrecht vereinbaren lässt. Das was Easee einmal ausmachte - zumindest in Deutschalnd - Menschlichkeit, Innovationskraft,Teamgeist und Stärke von innen heraus, wird komplett über Bord geworfen. Übrig bleibt eine Wallbox, die den Normen nicht entspricht, die in der Technologie mittlerweile nicht mehr führend ist und zum Billigprodukt degradiert. Schade, dabei war die Vision wirklich überzeugend, aber so ist es leider wenn Machtinteressen und Finanzinteressen übernehmen - aus mit People first - intern und extern. Und ja - ich habe Insiderwissen ;-)
Terminatrix die Erste
22.02.2024 um 09:29
danke für die offenen Worte. Dieses war ja schon absehbar als die ersten Mitteilungen im Netz erschienen. Wenn man es so offen bei Facebook in den Gruppen angesprochen hat, wurde man von in den Gruppen plazierten Marketingmitarbeitern und einigen Easse Fanboys beschimpft. Aber schon extrem wie lange das Spiel in Norwegen überhaupt so möglich ist, in DE hätte schon lange jemand den Stecker gezogen. Schade um das Produkt und es wird noch sehr viele Tränen geben, bei den Kunden und bei den Installateuren.
HMS_Revenge@A_dish_best_served_cold
27.03.2024 um 16:35
Ergänzung: muss mal bei Gelegenheit mit meinen Freunden aus der Juristerei reden, wie sich das eigentlich so verhält, wenn ein Unternehmen seinen Mitarbeitern Anteile verkauft, obwohl die Schweden zum Zeitpunkt der Ausgabe bzw. als dafür geworben worden ist intern schon an die Tür geklopft haben... In Summe ist da einiges zusammengekommen an verlorenem Geld bei den vielen Zeichnern unter uns. Man hat ja an die offensichtlichen Lügen über "Ehrlichkeit, Liebe, Offenheit" oder "Shaping the future of business culture" usw. geglaubt.
HMS_Revenge@A_dish_best_served_cold.de
27.03.2024 um 16:22
Die Ausführungen von C Rebell sind korrekt und entsprechen den Tatsachen zu 100%, ich hätte es nicht besser schreiben können.
Daniel
02.03.2024 um 11:59
Auf der Homepage des Vertreibers in der Schweiz sind die "Home" und "Charge" kürzlich verschwunden. Man findet nur noch die "Lite". Wie sieht es in Deutschland und vielleicht in weiteren Ländern aus?
Benjamin
31.08.2024 um 17:41
Gibt es einen aktuellen Stand zu dem Thema? Danke!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert