Ladeinfrastruktur: Alles DC oder was?

Wird in Deutschland künftig überhaupt noch AC-Ladeinfrastruktur gebaut oder laden wir in Zukunft nur noch mit Gleichstrom? Das haben wir Jan Strobel, den Leiter Mobilität des BDEW, gefragt. Und seine Antwort überrascht. Denn ganz so klar ist das Bild offenbar doch nicht. Und die Kunden wollen ohnehin weiter AC.

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Fakt ist, dass „vor allem HPC das Laden und die Elektromobilität in den letzten fünf Jahren massiv verändert hat“, erklärt der Abteilungsleiter Mobilität des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). AC-Lademöglichkeiten – oder „normales Laden“, wie Strobel es nennt – werde es aber weiterhin geben. „Wir werden Wettbewerb im Feld zwischen den verschiedenen Anbietern brauchen.“ Damit meint Strobel nicht nur die Betreiber, sondern eben auch die unterschiedlichen Anwendungsfälle für Wechsel- und Gleichstrom. Das Ziel müsse sein, dass „Kundinnen und Kunden das für sie passende Angebot finden. Das weiß heute nämlich keiner.“ AC vs. DC? Der Kampf der Systeme geht offenbar weiter …

Apropos Ziel: Die Vorgabe der Bundesregierung, bis 2030 eine Million Ladepunkte in Deutschland aufzubauen, sieht Strobel als völlig überholt an. „Das war schon das Ziel der Vorgängerregierung. […] Ich glaube, politisch konnte man dann schlecht hinter dieses Ziel zurückrudern“, so Strobel. Aber nicht nur die Regierung hat sich geändert, sondern eben auch die installierte Ladeleistung – und genau darauf käme es bei der Bewertung an. „Ladepunkt ist nicht gleich Ladepunkt“, meint der BDEW-Experte. Einen 11-kW-Ladepunkte mit einem 300-kW-Lader in einen Topf zu werfen, ergebe wenig Sinn.

Beim Thema HPC kommt das Gespräch mit electrive-Redakteurin Carla Westerheide natürlich auch am Deutschlandnetz nicht vorbei. Und das sieht Strobel bekanntermaßen kritisch: Der versprochene Ladeturbo komme schlichtweg zu spät. „Der Markt ist da doch ein bisschen schneller“, findet Strobel. Schließlich sei bislang nur ein Standort am Netz – und die Anbieter hätten stattdessen seit Beginn des Förderprogramms auf eigene Faust 450 Standorte in den Suchräumen des Deutschlandnetzes errichtet. 

Zurück zur Frage, ob wir in Zukunft nur noch mit Gleichstrom laden werden: Axel Sprenger, Gründer und Geschäftsführer von UScale bringt im Podcast die Perspektive der Elektroauto-Fahrenden ein. Seine Kundenumfragen haben ergeben, dass E-Mobilisten nicht auf AC verzichten wollen. Er berichtet von einer „eindeutigen Ablehnung“ der Idee, nur noch auf DC zu setzen. Befragte hätten es als „dämliche Idee“ und „totalen Quatsch“ bezeichnet. Zudem dürfe man den Komfort des AC-Ladens nicht außer Acht lassen: Schließlich könnten Nutzer längere Zeit an einer AC-Säule stehen und in der Zwischenzeit etwa einkaufen. Beim DC-Laden sei das anders. Der Betreiber möchte, dass die Menschen schnell wieder wegfahren. „Und da kommt es eben zu einem Konflikt“, so Sprenger. 

Diese Podcast-Folge ist aufgrund unseres Artikels „DC only: Warum sich die Gleichstrom-Infrastruktur durchsetzt“ vom 27. Dezember 2023 entstanden. Das Argument von Autor Christoph M. Schwarzer, dass wir in Zukunft alle nur noch schnell laden werden, hatte bei electrive-Lesern für Aufregung gesorgt. Auf einige Leser-Kommentare reagiert Strobel im Podcast. So beispielsweise, ob die Netzkapazitäten für so viel Gleichstrom ausreichen werden oder ob es nicht doch sinnvoll wäre, Parkhäuser mit AC-Ladesäulen auszustatten – am besten gleich V2G-fähig. 

Wir wünschen viel Spaß mit der vierten Episode von „eMobility Insights“, dem Podcast von electrive, der Ihnen die Hintergründe der Elektromobilität ins Ohr bringt. 

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6 Kommentare

zu „Ladeinfrastruktur: Alles DC oder was?“
Hanspeter Forner
23.02.2024 um 08:02
Mir fehlen in dem Artikel die Argumente, dass fast die Hälfte der Menschen in Deutschland in Mehrfamilienhäusern lebt. Diese bequeme Lademöglichkeit zuhause erfordert gar keine Wartezeit an einem Ladepunkt, da das Fahrzeug sowieso gerade rumsteht. Dort hat der Hausanschluss wenig Kapazität und das bisschen AC-Strom muss und kann mit Lastmanagement verteilt werden. Das Stromnetz wird eher in der Nacht belastet bzw. damit entlastet.Außerdem ist und bleibt AC-Laden sicherlich günstiger, als DC-Laden.
sig
23.02.2024 um 08:17
SchuKo am Bahnhof. Netzdienlich mit Zweitarifsignal. Schnarchladen überall. Ob da Dann der AC-DC wandler im auto ist oder extern...low power für alle die 20 stunden am Tag parken
Hansruedi Würsch
23.02.2024 um 08:40
Analogie zu nur noch DC: Stellen wir in Europa nur noch SUVs her, die beinhalten doch die Kleineren EVs, sind dafür teurer, EU ist nicht durchgängig ausgerüstet für XXL EVs & bildet eine Schere zu denen die keine XXL wollen oder sich nicht leisten können.Bei meinem Projekt "BIDI für Alle, V2X AC Onboard integriert" rüsten einige OEMs das EV für BIDI AC & DC aus. Auch die Vertreter wenn meine PV, DC ist, kann ich das EV ohne Umwandlungs Verluste laden. Experten wissen, dass die vom EV verlangte DC, eine variable DC Spannung bedingt, d.h. Von DC "anders" auf DC variable. DC Hoch/Tief-Steller mit variablen DC Impulsen, wandeln DC mit Verlusten. Botschafter V2X AC Onboard integriert für Alle & AC & DC info@smart-bi-charge.ch
Fritz Vogel
23.02.2024 um 19:18
Da stecken eigentlich 2 Fragen dahinter: 1.) Langsam (~11 kW) oder Schnell (bis 350kW) 2.) AC oder DCZu Frage 1: Schnell oder langsam: für mich ganz klar: BEIDES. Meine PV liefert bis gegen 11kW und wozu soll ich da mit 100kW laden wollen, wenn ich sowieso 10 Std. stehe. 100 PKW in einem Park &Ride der Bahn werden auch nicht jeder 8 Std. 100kW gleichzeitig benötigen sondern netzdienlich zwischen 4 und 10 kW. Selbst wenn es an der Ausfahrt des P&R 10 x 350 kW Lader gäbe, wäre das weit weniger komfortabel. Auf der Langstrecke dafür gerne mal 200+ kW. 2) zur Frage 2 nur DC? Ja vielleicht, aber da muss es sehr kostengünstige DC Wallboxen und Gleichrichter geben, damit ich auch zu Hause oder im Wohnhaus langsam und netzdienlich DC laden kann. Die sehe ich derzeit noch nicht.
Edgar Kempf
23.02.2024 um 21:53
Das Leben ist nicht Schwarz und Weiß, DC oder AC, sondern besteht bekanntlich aus verschiedenen Tönen. Es kommt halt immer drauf an, wieviel Zeit man hat. Hat man die, z.B. während der Arbeitszeit, ist es viel besser und vor allem netzschonend, einfach langsam AC zu laden. So langsam, dass sogar der Arbeitgeber was davon hat und dem Arbeitnehmer dafür den Strom für den Pendelweg kostenlos überlässt. Das ist etwas, was zum Beispiel die Firma Plugbar hervorragend umsetzt. Das genaue Gegenteil vom teuren Schnelladen ist kostenloses Langsamladen. Das ist einfach, risikolos, supergünstig und ohne Folgekosten außer für etwas Strom für die Firma. Schaut mal unter www.plugbar.de
Beat
25.02.2024 um 12:57
Das Problem ist, dass alle DC-Laden mit Schnellladen gleichsetzen. Aus meiner Sicht ist das falsch. Aber bisher gibt es nichts schlaues, um langsam DC zu laden. Meine PV macht DC, der Wechselrichter daraus AC, das geht ins Auto und wird dort als DC gespeichert. Könnte mein Auto V2X (kann es leider nicht), würde im Auto wiederum DC in AC umgewandelt, um zurück ins Netz gespeist zu werden. Wäre das alles DC und der Wechselrichter im Haus würde nur im Fall der Einspeisung umwandeln, könnten die Verluste reduziert werden.

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