Mercedes streicht Elektro-Ziel für 2030 drastisch zusammen
Als Mercedes-Benz Pkw Mitte Januar 2024 seine Absatzzahlen für das abgelaufene Jahr veröffentlicht hatte, war noch von elf Prozent E-Anteil am Gesamtvolumen die Rede – konkret waren es laut damaligen Angaben 222.600 E-Autos, die 2023 ausgeliefert wurden. Inzwischen wurde der E-Anteil also leicht nach oben korrigiert, es ist auch von 240.668 BEV die Rede. Während ein Wachstum von 73 Prozent eigentlich positiv klang, wurde das Ergebnis intern anders bewertet: Der Konzern ist damit bei den Elektroverkäufen um mindestens 168.000 Autos unter Plan, erfuhr das „Handelsblatt“ aus Konzernkreisen.
In der Folge hat Mercedes-CEO Ola Källenius nun sein eigenes Elektro-Ziel für 2030 gestrichen. Erst 2021 hatte der Schwede das Ziel ausgerufen, ab 2030 möglichst nur noch rein elektrische Neuwagen zu verkaufen – Mercedes wolle dort zur Elektromarke werden, Wo es „die Marktbedingungen zulassen“. In der Mitteilung zu den Finanzergebnissen klingt die neue Marschrichtung ganz anders: „Das Unternehmen geht davon aus, dass die xEV-Verkäufe in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bis zu 50 Prozent des Gesamtabsatzes erreichen werden.“ Sprich: Källenius hat das „Electric only“-Ziel beerdigt.
Als „xEV“ bezeichnen die Stuttgarter BEV und PHEV. Soll heißen: Statt nahezu 100 Prozent BEV-Anteil in 2030 geht der Autobauer jetzt davon aus, dass der Anteil von BEV und PHEV am Gesamtabsatz zum Ende des Jahrzehnts bei maximal der Hälfte liegen wird – ein expliziert BEV-Anteil wird gar nicht mehr genannt.
Mercedes plant bis in die 2030er Jahre mit dem Verbrenner
Stattdessen heißt es nun: „Das Unternehmen bereitet sich darauf vor, die unterschiedlichen Kundenwünsche erfüllen zu können, ob vollelektrischer Antrieb oder elektrifizierter Verbrennungsmotor – bei Bedarf bis in die 2030er-Jahre hinein.“ Das klingt ein wenig nach der Strategie des Konkurrenten BMW: Die Münchner nennen nach wie vor kein Zieljahr für das Verbrenner-Ende und wollen die Kundenwünsche mit unterschiedlichen Technologien bedienen. Während es bei BMW auch (begrenzte) Pläne für die Brennstoffzelle gibt, erwähnt Mercedes die FCEV jedoch nicht. Aber auch bei dem Verbrenner-Ende sind die Stuttgarter mit der Formulierung „bei Bedarf bis in die 2030er-Jahre hinein“ nun deutlich zurückhaltender. Ob das ebenfalls 2021 ausgerufene Ziel, ab 2025 nur noch rein elektrische Plattformen einzuführen, noch steht, ist nicht bekannt. Sollte das der Fall sein, würden Verbrenner-Mercedes in den 2030er Jahren auf sehr alten Plattformen basieren.
Kurz zu den Finanzzahlen, in denen die E-Autos nicht separat ausgewiesen werden: Der Umsatz von Mercedes-Benz stieg leicht auf 153,2 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis (Ebit) ging jedoch auf 19,7 Milliarden Euro um rund vier Prozent zurück. Bei den Pkw sank die Marge auf 12,6 Prozent (2022: 14,6 Prozent), während bei den Vans die Marge von elf auf 15,5 Prozent stieg. Neben den unter Plan laufenden E-Auto-Verkaufen hatten 2023 auch Lieferketten-Probleme den Autobauer belastet. Weil der Zulieferer Bosch Produktionsprobleme bei 48-Volt-Batterien für Mildhybride nicht in den Griff bekam, konnte Mercedes in Summe knapp 100.000 Exemplare des neuen GLC und der E-Klasse nicht wie geplant bauen. Parallel stiegen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung „ für zukünftige Plattformen und Technologien, insbesondere MB.OS“.
Das Elektro-Ziel von 20 Prozent will Mercedes nun – in abgeschwächter Form – statt 2023 im laufenden Jahr erreichen. „Es wird erwartet, dass der xEV-Anteil bei etwa 19 % – 21 % des Neuwagenabsatzes bleiben wird“, heißt es in der Mitteilung. Statt 20 Prozent BEV ziehen die Stuttgarter nun also wieder die Plug-in-Hybride mit hinzu.
Der xEV-Anteil soll für den Hersteller zu einer wichtigen Prognose-Kennziffer werden. „Dies löst die bisherige CO₂-Emissionskennzahl für die Neuwagenflotte in Europa ab und spiegelt die globalen Aktivitäten der Mercedes-Benz Group wider“, so Mercedes.
Auch wenn man in der Chefetage nun deutlich zurückhaltender ist, sieht man die Weichen für die elektrische Zukunft gestellt: „Den Auftakt macht im kommenden Jahr der komplett neue elektrische CLA. Die kommenden Modelle werden Maßstäbe bei der Verbesserung der Effizienz und der Ladezeit setzen. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Batteriekosten pro Kilowattstunde in den nächsten Jahren um mehr als 30 % gesenkt werden können, unter anderem aufgrund neuem Zell- und Moduldesign, verbesserter Fahrzeugintegration, weiterer Verbesserung der Zellchemien (NMC und LFP), Zell-Updates während des Lebenszyklus sowie durch kontinuierliche Verbesserungsmaßnahmen mit Lieferanten.“
CEO Källenius äußert sich in der Mitteilung nicht persönlich zu den neuen E- bzw. xEV-Zielen. Er wird lediglich wie folgt zitiert: „Wir haben unsere Transformation im Jahr 2023 konsequent fortgesetzt: Wir konnten elektrische und digitale Innovationen auf die Straße bringen, Elektrofahrzeuge skalieren und solide Finanzergebnisse erzielen. Das ist uns gelungen, da unser Team die Strategie in herausfordernden Zeiten erneut mit großem Einsatz umgesetzt hat.“
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