Volvo will Anteil an Polestar von 48 auf 18 Prozent abspecken – Geely übernimmt

Volvo Cars beabsichtigt, seinen Besitz an Polestar auf 18 Prozent zu reduzieren. Dazu wollen die Schweden Anteile im Wert von 9,5 Milliarden Kronen (circa 850 Millionen Euro) an ihre Aktionäre abgeben. Sprich: Allen voran an Geely. Der Abschluss der Transaktion ist für dieses Frühjahr geplant.

Bild: Polestar

Dass sich Volvo Cars aus seiner finanziellen Beteiligung an der gemeinsam mit Geely gehaltenen Elektroauto-Marke Polestar zurückziehen will, machten die Schweden bereits Anfang des Monats publik. Nun wird es konkret. Volvo Cars plant, 62,7 Prozent seiner Anteile an Polestar an seine Aktionäre abzugeben. Nach Abschluss der geplanten Transaktion werde sich die Beteiligung von Volvo Cars auf 18 Prozent der gesamten ausstehenden Polestar-Aktien belaufen, heißt es in einer begleitenden Mitteilung. Aktuell sind es 48 Prozent.

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Die Verteilung der Anteile an die eigenen Aktionäre wird laut Volvo durch einen Aktiensplit im Verhältnis 2:1 bewerkstelligt, gefolgt von einem automatischen Aktienrücknahmeprozess. Vereinfacht ausgedrückt können die Aktionäre wählen, ob sie direkte Eigentümer von Polestar werden oder ob sie ihre Rückkaufsaktien veräußern und somit Bargeld erhalten wollen. Der Stichtag für den geplanten Aktiensplit ist der 12. April. Zuvor müssen bis spätestens zum 5. April alle behördlichen Genehmigungen vorliegen.

Polestar wird „unabhängiges Mitglied der Geely-Gruppe“

Volvos größter Aktionär – Geely – unterstützt die Transaktion ausdrücklich. Die Geely Sweden Holdings AB hält 78,7 Prozent der Aktien und Stimmen an Volvo Cars und hat bereits zugesagt, auf der diesjährigen Hauptversammlung am 26. März für die Ausschüttung zu stimmen – und sich für die Eigentümer-Option zu entscheiden. Geely wird durch den Schritt faktisch zum neuer Großaktionär von Polestar – und bekräftigt vor diesem Hintergrund bereits vorsorglich, Polestar auch weiterhin operativ und finanziell unterstützen zu wollen.

„Polestar wird somit ein völlig unabhängiger Teil der Geely Gruppe“, präzisiert eine Sprecherin der Polestar Automotive Germany GmbH in einem uns per E-Mail vorliegenden Statement. Dies sei das erste Mal, dass die Geely Holding eine direkte Beteiligung an Polestar hält. „Polestar reiht sich nun neben Volvo, Lotus, Zeekr und all den anderen Geely-Marken gleichberechtigt als wirklich unabhängiges Mitglied der Geely-Gruppe ein“, fügt sie hinzu.

Enge betriebliche Bindung soll bestehen bleiben

Wichtig zu wissen ist, dass in der aktuellen Gesellschafterstruktur neben Volvo (mit seinen 48%) das Investmentunternehmen PSD Investment mit 39% an Polestar beteiligt ist. PSD ist eine persönliche Investmentfirma von Li Shufu, dem Vorstandsvorsitzenden von Geely. Entgegen der landläufigen Meinung, dass Geely bereits Eigner von Polestars ist, handelt es sich also um Anteile, die dem Vorstandschef gehören. Die Geely Holding Sweden selbst ist bisher nicht direkt an Polestar beteiligt.

Die enge betriebliche Bindung zwischen Volvo und Polestar soll unterdessen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion, Kundendienst und Vertrieb „zum Vorteil beider Unternehmen“ fortgesetzt werden, betont Volvo. Die Schweden wollen lediglich keine weiteren Mittel zur Verfügung stellen, sind finanziell aber noch über ein ausstehendes Wandeldarlehen in Höhe von 1 Milliarde US-Dollar mit Polestar verbunden. Das Unternehmen hatte jüngst zugestimmt, diesen Kredit bis 2028 zu verlängern.


Alle drei beteiligten Firmenchefs äußern sich ausführlich zu den geplanten neuen Besitzverhältnissen: „Während diese Transaktion es uns ermöglicht, neue Aktionäre zu begrüßen, bleibt unsere Beziehung zu Volvo Cars bestehen“, betont Polestar-CEO Thomas Ingenlath. „Unsere Kunden werden weiterhin von unserer bestehenden Zusammenarbeit profitieren, auch im Bereich des Vertriebs und des Kundendienstes, was für Sicherheit und Konsistenz sorgt. Die größere Unterstützung durch Geely kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt für Polestar, da wir unsere beiden Performance SUVs, Polestar 3 und Polestar 4, auf den Markt bringen – ein wichtiger Schritt in unserer Entwicklung.“

„Unser Fokus richtet sich auf die Entwicklung von Volvo Cars. Die vorgeschlagene Aufteilung (…) bietet unseren Aktionären eine direkte Beteiligung an der Polestar-Aktie“, äußert Jim Rowan, Präsident und CEO von Volvo Cars. „Da wir eine bedeutende operative Zusammenarbeit mit Polestar und eine finanzielle Beziehung haben, ist es logisch, dass wir unseren Einfluss durch eine kleinere Beteiligung von 18,0 Prozent an Polestar behalten. Dennoch wird Volvo Cars Polestar keine weiteren Finanzmittel zur Verfügung stellen.“

Daniel Donghui Li, CEO der Geely Holding Group, gibt an, die vorgeschlagene Verteilung der Polestar-Aktien an die Aktionäre von Volvo Cars ausdrücklich zu unterstützen. „Wir haben großes Vertrauen in Polestar und sehen dem Jahr 2024 mit großem Optimismus entgegen (…). Als langfristiger Eigentümer von Polestar verpflichten wir uns, den angekündigten Geschäftsplan und die finanziellen Ziele zu unterstützen, indem wir die notwendige Finanzierung für die Umsetzung der Strategie sicherstellen und unser globales Ökosystem aus Technologie, Lieferkette und Produktentwicklung nutzen. Gleichzeitig ermöglicht dies Volvo Cars, sich voll auf seine Transformation zu konzentrieren und in die Entwicklung von Volvo Cars zu investieren.“

Polestar hinter Erwartungen zurückgeblieben

Die finanzielle Ablösung von Polestar hatte Volvo Cars bereits Anfang des Monats im Rahmen der Bekanntgabe seiner Geschäftszahlen für 2023 skizziert. Mit den so freigemachten Finanzmitteln wolle man eigene Investitionen in Technik und Produktionsanlagen stemmen, hieß es vor drei Wochen. Und: Polestar trete „mit einem gestärkten Geschäftsplan in eine spannende Phase ein“ und sei für zukünftiges Wachstum gerüstet. Tatsächlich hat Polestar seine Ziele für 2023 bekanntlich verpasst und in der Folge die Führungsmannschaft umgebaut sowie 15 Prozent der Belegschaft entlassen.

Polestar war lange Zeit eine private Firma, die auf das Tuning von Volvo-Modellen spezialisiert war. Später hatte der Hersteller die Marke übernommen und Polestar als Label für seine sportlichsten Fahrzeuge genutzt. Mit dem Wechsel auf eine Strategie mit Nachhaltigkeitsfokus wurde Polestar als Performance-Label eingestampft und als Joint Venture mit der eigenen Mutter Geely neu aufgelegt – als E-Auto-Marke. In der Folge hatte sich Volvo Cars auch an weiteren Finanzierungsrunden von Polestar mit Millionenbeträgen beteiligt.

reuters.com, media.volvocars.com

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