Quo vadis Elektromobilität 2024 – der Paneltalk
In der Diskussion – die Zusammenfassung der einzelnen Vorträge können Sie hier im Konferenzbericht nachlesen – kam zunächst Johannes Pallasch, Sprecher des Leitungsteams der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur, zu Wort, der mit dem neuen Haushalt nach der Überarbeitung des Wirtschaftsplans für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) einen turbulenten Start ins neue Jahr hatte. Bereits im Dezember war durchgesickert, dass die Mittel für die Tank- und Ladeinfrastruktur auf 1,92 Milliarden Euro gekürzt wird, tatsächlich dürfte es am Ende sogar nur auf 1,85 Milliarden Euro hinauslaufen. Geplant war das anders.
Pallasch holte umgehend zu einer Spitze gegen den BDEW aus – der im politischen Berlin gefordert hatte, Ladeinfrastruktur gar nicht mehr zu fördern. „Es ist aus unserer Sicht brandgefährlich zu sagen, dass wir keine Förderung für Ladeinfastruktur mehr benötigen. Es gibt Stellen, an denen wir noch einen Bedarf haben“, so Pallasch. „Die 1,85 Milliarden Euro sind größtenteils für das Lkw-Ladenetz vorgesehen, denn da haben wir Bedarf. Da müssen wir schnell sein und vorausschauend bauen – da es derzeit noch wenige Fahrzeuge gibt und es anders als beim Pkw bis zu einem profitablen Geschäftsmodell noch dauern wird.“
Jürgen Stein, Chief Innovation & New Business Officer bei der EnBW, – obwohl nicht direkt angesprochen – konterte mit dem Argument, schnell sein zu müssen, um beim Ausbau der Infrastruktur vor dem Hochlauf bei den Herstellern zu bleiben. „Wir haben die Verantwortung, schnell zu sein“, sagt Stein. Und bei der Geschwindigkeit bremsen Förderprogramme mit ihren jeweils eigenen Vorgaben, die Problematik der Netzanschlüsse und die Bürokratie. Aber: Beim Thema E-Lkw-Laden können in dem noch jungen Markt laut Stein „niederschwellige Förderungen sicher helfen, die Entwicklung anzustoßen“. Ob auch die EnBW bald Lkw-Ladesäulen baut, ist noch nicht entschieden. Das Unternehmen beteiligt sich zwar an Pilotprojekten, um Erfahrungen zu sammeln. „ Wir haben aber noch keine abschließende Meinung, welche Rolle wir auf diesem Markt spielen werden“, so der EnBW-Manager.
Zurück zum E-Auto: Alexander Timmer, Partner von Berylls Strategy Advisors, riet dazu, bei der Bewertung der aktuellen Lage unterschiedliche Blickwinkel einzunehmen. Aus Kundensicht sei der Zeitpunkt für einen Wechsel zum E-Auto gut. „Mit den aktuellen Rabatten und Aktionen schließt sich auch die Lücke bei der Anschaffung zu den Verbrennern, was den Umstieg einfacher macht“, so Timmer. „Wenn die aktuellen Rabatte früher oder später in der Wertschöpfungskette an die Zulieferer weitergegeben werden, ist die Sicht natürlich eine andere.“
Ob die derzeit meist bis Ende März befristeten Preisaktionen bis ins zweite Quartal oder gar darüber hinaus verlängert werden, will Timmer nicht bewerten. Klar sei aber, dass das „nicht nachhaltig“ sei. Einigen asiatischen Herstellern attestiert der Unternehmensberater aber mehr Spielraum bei der Preisgestaltung als vielen deutschen Autobauern: „Sie sind oft sehr hoch in der Lieferkette integriert, etwa bei Halbleitern oder Batterien. Wenn sie diese nicht einkaufen müssen, sondern selbst herstellen, haben sie eine andere Kostenstruktur.“
Die Kosten sind auch ein enorm wichtiger Faktor für preiswerte Elektroautos. Citroen geht in diesem Jahr mit dem e-C3 für 23.200 Euro an den Start, VW arbeitet seit langem auf ein E-Auto für 25.000 Euro hin (welches Ende 2025 vorgestellt werden soll) und Tesla will mit dem kommenden Kompakt-Modell auf einer neuen Plattform nichts weniger als den Markt revolutionieren. Aber werden diese Autos auch aus dem Hochlohnland Deutschland kommen?
„Ein Tesla Model 2 wird quasi zu den halben Materialkosten gefertigt werden als ein Model 3 heute. Aus der Marke VW kommen Volumenmodelle, auch von französischen Herstellern mit europäischer Produktion. Asiatische Marken werden importieren oder Werke in Europa bauen, zum Teil haben sie die schon. Da wird es kein richtig oder falsch geben“, sagt Timmer. „Die Hauptsache ist, der Preis und die TCO für die Kunden stimmen. Meine Meinung: Ab 25.000 Euro wird es interessant.“
Christian Hochfeld, Direktor beim Thinktank Agora Verkehrswende, merkte auch mit Blick auf die Berylls-Zahlen an, dass die Kapazitäten bei der Produktion da seien. „Wenn aber die Nachfrage in diesem Jahr nicht anspringt, haben wir schon mittelfristig ein Problem“, so Hochfeld und verwies auch auf die Kosten für die Autofahrer – aber mit anderem Blickwinkel als Timmer: „Die Politik hat die Rolle, die Marktbedingungen so zu setzen, dass der Verbrenner den Preis zahlt, den er auch verursacht. Wichtig: Es geht nicht darum, Dinge künstlich teuer zu machen – sondern nur darum, die tatsächlichen Kosten zu berechnen.“
Bei zwei Themen sind sich aber alle Vertreter im Panel einig: Eine kürzlich von Elon Musk in einem Tweet geforderte Abschottung vor der chinesischen Autoindustrie sei nicht zielführend. Man müsse sich dem Wettbewerb stellen, so der Tenor. Und die Zukunft ist ohne Zweifel Batterie-elektrisch, zumindest im Pkw.
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