Tesla-Werk in Grünheide: Schock, Schaden und Stillstand nach Anschlag auf Stromversorgung

Einen Tag nach der Attacke auf die Stromversorgung des Tesla-Werks in Grünheide zeigen sich die Auswirkungen in ihrem ganzen Ausmaß – und die Fertigung ruht länger als gedacht. Auch immer mehr Köpfe äußern sich öffentlich. Ein Überblick.

tesla gigafactory 4 brandenburg 2024 03 min
Bild: Tesla

Kurz zu den Geschehnissen vom Dienstag: Durch einen frühmorgendlichen Brandanschlag auf einen rund zehn Kilometer vom Tesla-Standort gelegenen Strommast fiel in der Gigafactory und in sechs umliegenden Gemeinden der Strom aus. Das Tesla-Werk wurde daraufhin evakuiert. Die Produktion steht seitdem still. Gegen Mittag bekannte sich die selbsternannte „Vulkangruppe“, ein linksextremistisches Netzwerk, zu der Tat. Die Polizei hat inzwischen die Echtheit des Bekennerschreibens bestätigt. Die weiteren Details lassen sich hier nachlesen. Während in den Gemeinden die Stromversorgung bereits nach wenigen Stunden wieder in Gang gesetzt werden konnte, ist dies für die 12.000-Mitarbeiter-Fabrik nicht der Fall. Und die Bänder werden länger still stehen als zunächst gedacht: Bis voraussichtlich Ende kommender Woche bleibe die Produktion in der Gigafactory unterbrochen, teilte das Unternehmen gestern mit.

Werksleiter André Thierig äußerte bereits zuvor, dass er nicht damit rechne, die Fertigung in dieser Woche wieder aufnehmen zu können. Tesla entstehe durch den Produktionsstopp ein wirtschaftlicher Schaden im hohen neunstelligen Bereich. Derzeit laufen in Grünheide rund 6.000 Autos pro Woche vom Band. Legt man nur den Grundpreis für ein Model Y von rund 45.000 Euro als Maßstab an, könnten Tesla durch den Anschlag 270 Millionen Euro Umsatz entgehen. Weitere Kosten durch die gestörte Lieferkette kommen hinzu. Vor der Fabrik sollen sich laut „Manager Magazin“ bereits Lastwagen stauen.

Hinzukommen etwaige Schäden durch den abrupten Stromausfall am Fabrikequipment. Anfällig sind beispielsweise die großen Gusspressen von Tesla, die – sollte flüssiges Material in ihnen erkaltet sein – nur schwer wieder davon zu befreien sind. Ob Tesla im Moment des Blackouts über Notstrom verfügte, um gewisse Produktionsprozesse kontrolliert zu stoppen, ist nicht bekannt.

Tesla-Werksleiter: „Wir lassen uns nicht unterkriegen!“

Der Anschlag auf die Stromversorgung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Werkserweiterung in Grünheide konkretisiert. Tesla will bekanntlich neben seinem 300 Hektar großen bestehenden Werksgelände auf zusätzlichen rund 170 Hektar einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten errichten. Die Pläne sind seit 2022 bekannt. Mitte Februar lehnten die Bürgerinnen und Bürger von Grünheide eine Erweiterung des Werksgeländes bei einer Abstimmung aber mehrheitlich ab. Dabei ging es um diese neuen Flächen, daneben strebt Tesla auch den Ausbau des Werks auf dem bestehenden Fabrikgelände an. Letzteres stand aber explizit nicht zur Abstimmung.

Drauf angesprochen sagte Werksleiter Thierig gegenüber dem Manager Magazin: „Ob das jetzt einen Einfluss hat auf den weiteren Ausbau der Fabrik, kann ich an der Stelle nicht sagen.“ In einem am gestrigen Abend veröffentlichten LinkedIn-Post sprach André Thierig von einem schlimmen Tag für die Gigafactory in Grünheide und für die Gemeinden, „die von dem Terroranschlag auf das Stromnetz betroffen waren“. Sobald die Reparatur im Netz der Edis abgeschlossen sei, „werden mit aller Kraft wieder anlaufen! Wir lassen uns nicht unterkriegen!“

Tesla-Chef Elon Musk reagierte polternd-trotzig mit dem Statement: „Das sind entweder die dümmsten Öko-Terroristen der Welt oder sie sind Marionetten derjenigen, die keine guten Umweltziele haben.“ Die Produktion von Elektrofahrzeugen zu stoppen, anstatt von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen, sei „extrem dumm“ – die letzten Worte seines Posts waren sogar auf Deutsch.

In einem gesonderten Tweet von Tesla Manufacturing hieß es: „Wir stehen fest an der Seite unserer Mitarbeitenden, der Menschen in Grünheide und Umgebung und all derer, die von diesem gegen Tesla gerichteten Brandanschlag auf das öffentliche Stromnetz betroffen sind.“ Die Sicherheit der über 12.000 Tesla-Mitarbeitenden habe für das Unternehmen oberste Priorität, und man sei froh, dass bei diesem Anschlag niemand verletzt wurde. „Neben uns sind viele weitere Menschen in der Region vom Stromausfall betroffen und wir verurteilen diesen rücksichtslosen Anschlag.“ Und: „Wir gehen davon aus, dass die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte die Verursacher zur Verantwortung ziehen.“ Man sei aufrichtig dankbar für die große Unterstützung aus allen Teilen Deutschlands und der Welt und verurteile Gewalt in jeglicher Form.

Auch die politische Führung des Bundes und des Landes reagieren betroffen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) äußerte sich bereits gestern mit den Worten, dass es sich „offenbar um einen schweren Anschlag auf unsere kritische Infrastruktur mit Konsequenzen für tausende Menschen sowie viele kleine und große Betriebe in unserem Land“ gehandelt hat. Anschläge auf die kritische Infrastruktur seien „eine Form von Terrorismus“.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) spricht in einem Tweet von einer „in keiner Weise zu tolerierenden Eskalation, unter der Menschen, Beschäftigte & Unternehmen der Region zu leiden haben“. Er will zudem die Sicherheit am Werk erhöhen. „Was möglich ist, wird sicherlich intensiviert werden“, hatte der Politiker zuvor bei einer Pressekonferenz am Tesla-Werk gesagt. „Wir haben uns angeschaut, wo kritische Infrastruktur ist“.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wählte ebenfalls deutliche Worte: „Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist.“ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck fordert eine rasche Aufklärung und Konsequenzen: „Gewalt und Sabotage dürfen kein Mittel der Auseinandersetzung sein“, so der Grünen-Politiker.

handelsblatt.com, manager-magazin.de, automobilwoche.de

11 Kommentare

zu „Tesla-Werk in Grünheide: Schock, Schaden und Stillstand nach Anschlag auf Stromversorgung“
Wilhelm
06.03.2024 um 15:23
Keine Notstromversorgung, um essentielle Prozesse kontrolliert herunterzufahren wäre fahrlässig.
Thoralf
07.03.2024 um 12:25
Naja, natürlich gibt es für Sicherheitsrelevante Anlagen (Notbeleuchtung, Löschanlage, Entrauchungsanlagen, Feuerwehraufzüge etcpp) eine NEA - doch ob es auch eine für die Pressen gibt, da bin ich überfragt. Die Energie die die benötigen ist noch einmal eine ganz andere Hausnummer! So einfach wie die USV im Serverraum, so einfach geht das nicht.
Juergen
07.03.2024 um 13:41
die Großpressen werden mit Gas beheizt (gesehen am Tag der offenen Tür)
Birne
07.03.2024 um 06:12
Man kann es nur hoffen. ;)Wenn die Produktion paar Tage nach dem wiederherstellen der Stromversorgung wieder läuft, ist dem wohl so.Komisch das 6 Hochspannungskabel mit Steuerung / Übersetzung auf Freileitungsseile fast 10 Tage zur Reparatur benötigen. Wenn sowas koordiniert im Deutschland an mehreren Stellen passiert, und dann so lange repariert wird, zeigt das doch, das längere Blackouts kein Märchen sind/wärem.
Birne
06.03.2024 um 18:06
Hoffentlich sind die AluDruckGuss Maschinen nicht defekt. Diese pressen haben lange LieferzeitenAus meine Sicht sind solche Anschläge gegen die Energiewende und gegen zukunftsorientierte Technologien.
Michel Granger
07.03.2024 um 08:32
Absolut bei Ihnen! Die Menschheit schaufelt sich ihr eigenes Grab und merkt es nicht einmal. Einfach nur traurig.
Manfred Stummer
07.03.2024 um 08:02
"...zeigt das doch, das längere Blackouts kein Märchen sind/wärem"Möglicherweise handelt es sich bei den "Blackout-Ankündigern" um die gleiche Personengruppe welche für die Umsetzung sorgen.Wie sagte schon Karl Valentin: Früher war sogar die Zukunft besser!
JÜRGEN HENTZE
07.03.2024 um 10:46
Hallo,das ist ein Terroranschlag gegen den Industriestandort Deutschland. Da die produktive Wertschöpfung den Wohlstand in diesem Land ermöglicht, ein Anschlag gegen jeden Bürger. Es zeigt aber auch wie fragil die Energieversorgung ist, so sollte ein Unternehmen dieser Größenordnung über ein eigenes Kraftwerk verfügen.
Thoralf
07.03.2024 um 12:23
Nun, wenn wir jetzt jedes größere Unternehmen zwingen wollen ein eigenes Kraftwerk zu bauen....... dann werden sich bald gar keine mehr hier ansiedeln. Der Punkt ist doch; wie kann es sein, dass derartige Infrastruktur so verletzlich ohne "Plan B" (Bypass) in Deutschland ist? Da schickt der Russe ein paar Saboteure und die legen dann innerhalb von zwei-drei tagen die Energieversorgung von ganz Deutschland lahm weil alles ungeschützt offen herum steht oder wie verstehe ich das?
B
07.03.2024 um 22:23
Genauso wäre das. Wenn eine Woche es dauert so eine Leitung zu reparieren, und man stelle sich vor wieviel solche Übergabe Punkte in Deutschland frei rumstehen, dann können wenig Personen mit den entsprechenden Willen größere Schäden anrichten. Hier muss mehr Redundanz und Überwachung her.
Micha
07.03.2024 um 15:54
Gelenkte idioten in der linken und rechten Szene werden von der Gas- und Öllobby instrumentalisiert ohne es zu merken. Das ist Klimakleben 2.0. Es reicht offenbar nicht, dass diese die grüne Zukunft Deutschlands kaputtgeklebt haben. Die direkte Folge ist die schwarz rote Regierung in Berlin und nun wird ausgerechnet die Industrie angegriffen die unsere Autoverbräuche auf ein Drittel ihres heutigen Energieverbrauchs reduzieren würde. Herr, lass Hirn regnen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert