Aachener E-Auto-Hersteller e.Go schlittert ein weiteres Mal in die Insolvenz

Der Aachener Elektroauto-Hersteller e.Go muss nach 2020 zum zweiten Mal in die Insolvenz. Als Grund nennt das Unternehmen das „ungünstige Marktumfeld“. Wie es für die rund 320 Mitarbeiter weitergeht, ist noch offen.

Bild: e.Go

In einer eigenen Mitteilung schreibt e.Go, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht Aachen gestellt zu haben. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Dr. Claus-Peter Kruth von der Kanzlei AndresPartner bestellt. e.Go bezeichnet ihn als „Sanierungsexperten“, ob das Unternehmen tatsächlich saniert wird, ist aber wohl noch nicht entschieden.

„Rechtsanwalt Dr. Claus-Peter Kruth wird sich in den nächsten Wochen vor Ort in Aachen einen Überblick über die wirtschaftliche Ausgangslage verschaffen und Gespräche mit allen wesentlichen Beteiligten aufnehmen. Auf dieser Grundlage wird er alle ihm zur Verfügung stehenden Sanierungsoptionen prüfen“, heißt es in der Mitteilung der Aachener. Die rund 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens seien am Freitag über die Situation und das weitere Vorgehen informiert worden.

e.Go gibt an, dass der Gang in die Insolvenz „vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen und Herausforderungen in der Elektrofahrzeugindustrie sowie der Volatilität der Kapitalmärkte“ unumgänglich wurde. Und weiter: Angesichts des ungünstigen Marktumfelds konnten die von der Gesellschaft gesicherten eigenkapitalbasierten Finanzierungsinstrumente nicht in dem erwarteten Umfang und der erwarteten Geschwindigkeit eingesetzt werden.

„Wir beabsichtigen, die laufenden Investorengespräche und Verhandlungen fortzusetzen, um Lösungen für das Fortbestehen des Unternehmens zu finden. Vor dem Hintergrund des hochinnovativen Produkts sowie Produktionskonzeptes bin ich optimistisch, dass uns dies gelingen könnte“, gibt der vorläufige Insolvenzverwalter Kruth zu Protokoll. Ob die Produktion weiterläuft, erwähnt er nicht.

Schwierigkeiten hat das Unternehmen schon länger. Laut der „Aachener Zeitung“ wurde bei e.Go Anfang März Kurzarbeit eingeführt. Und: Der US-Börsenkurs soll innerhalb eines halben Jahres nach Börsendebüt im Herbst in sich zusammengesackt sein. Außerdem meldet „Heise“, dass e.Go in einer Pflichtmeldung für die US-Börse zudem mitgeteilt habe, dass auch die Insolvenz der niederländischen Muttergesellschaft Next.e.GO N.V. sowie weiterer ihrer Töchter zu erwarten sei.

Eines der vielschichtigen Probleme: Es gibt Verzögerungen bei der EU-Modellzulassung des e.wave X – dem Nachfolger des Erstlingswerks e.Go Life. Der Vorverkauf inklusive Konfigurator-Freischaltung erfolgte bereits im Oktober 2022. Auf dem Markt ist das Modell jedoch noch immer nicht. Für den kleinen Stromer sollen angeblich bereits 11.000 Vorbestellungen eingegangen sein. Vom Vorgänger e.GO Life setzten die Aachener bisher erst 1.350 Fahrzeuge ab.

Vor dreieinhalb Jahren – im Juli 2020 – eröffnete das Amtsgericht Aachen schon einmal ein Insolvenzverfahren gegen e.Go. Damals handelte es sich um ein Verfahren in Eigenverwaltung – und vor allem in Folge der Coronakrise. Die Rettung erfolgte in Form von Investor ND Industrial B.V. Die Niederländer übernahmen das gesamte Geschäft der e.GO Mobile AG einschließlich aller Tochtergesellschaften und seinerzeit 400 Mitarbeitenden zum 1. September 2020. Seitdem firmiert das Unternehmen unter Next.e.GO Mobile SE.

RWTH-Professor und e.GO-Gründer Günther Schuh gab im Zuge des Eigentümerwechsels die operative Verantwortung ab und schied 2021 gänzlich aus dem Unternehmen aus. Auf seine Initiative hin war e.Go 2015 gegründet worden. Hauptanliegen war die Kommerzialisierung eines E-Kleinwagens, zusammen mit ZF entwickelten die Aachener anfangs aber auch an einem autonomen „People Mover“.

Der seit 2020 als Besitzer in Erscheinung getretene Investor ND Industrial gilt als internationales Private-Equity-Unternehmen und gehört zu der Holding- und Investmentgesellschaft ND Group. Das Unternehmen hält unter anderem Beteiligungen in den Bereichen Infrastrukturelle Dienstleistungen, Energie, Logistik, Real Estate und Finanzdienstleistungen.

Mit der B-ON GmbH („Streetscooter“) war im Herbst bereits der Besitzer eines anderen „Babys“ von Günther Schuh insolvent gegangen. Doch in diesem Fall übernahm der Aachener Professor die Rechte an dem elektrischen Post-Lieferwagen Anfang dieses Jahres wieder. Anlässlich der Insolzenz-Nachricht bei e.Go hat Schuh aber offenkundig eher kritische Töne parat. Er zweifele an einer Rettung, meldet die „Aachener Zeitung“.

e-go-mobile.com, wdr.de, heise.de

8 Kommentare

zu „Aachener E-Auto-Hersteller e.Go schlittert ein weiteres Mal in die Insolvenz“
Paul Saxa
12.03.2024 um 09:38
Aus einem mir nicht erklärbaren Grund habe ich noch nie einen eGo live gesehen. Ich bekam auch niemals irgendeinen Input, wo es Gelegenheit gäbe, einen zu sehen. Für mich existierte das Produkt schlicht nur im Internet... Vielleicht mag das auch in Grund für das Problem sein.
Frank Lagemann
12.03.2024 um 15:59
In Aachen sieht man einige auf der Straße. Ich fahre selbst seit über 4 Jahren einen eGo live und bin ganz zufrieden mit dem Kurzstreckenauto.
Dirk
03.06.2024 um 07:58
ich wohne im Kreis Heinsberg und habe bis jetzt einen E-Go bei uns auf der Straße gesehen. Ehrlich gesagt, den würde ich mir auch dann nicht kaufen, wenn er 10.000 € kosten würde. Viel zu klein, keine Ausstattung und viel zu teuer
Hach R
16.03.2024 um 13:47
Mir sieht dieser Börsengang etwas unausgegoren aus.Warum NASADQ wenn im Prinzip keinerlei Beziehung der Firma zu den USA bestehen und es weitgehend unklar ist ob ein Auto der Marke dort je zugelassen wird oder kann?Mit dem IPO war dann auch im Prinzip Funkstille - keinerlei Informationen, die den Analysten oder Anlegern die Aktie attraktiv machen könnte. Habe ich so noch nie gesehen.Wenn man die Dokumente im Investorenbereich der Homepage anschaut, scheint es als ob der Aktienpool fast ausschließlich aus den Private Equity Transfers besteht. Größere Neuemissionen kann ich nicht sehen. Wie man damit wesentliche Investitionen bekommen wollte, ist mir schleierhaft.
Jörg Schwan
17.03.2024 um 08:18
Ein innovatives Produkt sollte von einem innovativen Management betreut werden. Es ist mir bis heute ein Rätsel wie man ein so cooles Produkt in Grund und Boden wirtschaften kann. Das Marketing war ausschließlich darauf ausgerichtet den Börsengang in den USA zu begleiten und die Kohle einzusacken. Ein Wille den e.go als Produkt im Absatzmarkt Deutschland bekannt zu machen war nicht erkennbar.Für mich ist das ein Finanzbetrug an den Investoren.
Seydewitz
18.03.2024 um 14:01
Wir fahren einen e.GO seit ca. 2 Jahren. Ich finde das Produkt und die Idee toll aber die marktgerechte Umsetzung gescheidert. Schade das hier keine Profils die Vermarktung gemacht haben.
Andi
22.03.2024 um 15:55
EGo hat das Auto technisch nicht vollendet. Wenn 2 Jahre keine SW-Updates kommen, und es gibt einige bugs, dann sagt das alles. Service und Kommunikation zum Bestandskunden ist für mich Schulnote 6. Besitze ebenfalls ein Fahrzeug.
Gerdi
25.04.2024 um 11:34
Ich fahre einen Ego Life und bin insgesamt zufrieden. Es gibt kleinere Mängel, die beseitigt wurden. Die Kommunikation mit den Kunden war schon immer miserabel. Von der Insolvenz hab ich in der Werkstatt erfahren. Wo bekomme ich nun Ersatzteile her? Geht's weiter?

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